Tag 645
03.07.2013

Das Schiff erwacht, eigentlich hat es nicht so richtig geschlafen. Immer wieder sind Leute über uns geklettert oder es haben uns die Fliegen aus der Wüste attackiert. Wir sind zerschlagen, die Knochen tun weh. Es ist 6 Uhr und noch 5 Stunden Fahrtzeit. Wir holen uns Kaffe und Cola und etwas Brot. Große Geschäfte verkneifen wir uns. Die Schiffstoiletten, etwas drei für Männer und drei für Frauen, sowie die Waschräume sind nicht unbedingt zu empfehlen.
Hier irgendwo überqueren wir auf dem See den Wendekreis des Krebses und haben die Tropen verlassen. Ein sudanischer Kanadier sucht uns und bittet uns mitzukommen, wegen des Visums. Wo sind unsere Pässe. Wir zeigen die Zweitpässe, wo ist das Schiffsticket. Endlich findet jemand unsere abgegebenen Pässe mit dem ägyptischen Visum. Nun geht der Kampf los, vom Schiff zu kommen. Dies ist eine Schlacht jeder gegen jeden, so etwas haben wir noch nicht erlebt, es ist ein unbeschreibliches Gedränge, Geschubse. Über Gepäckstücke wird hinweg geklettert, es ist der helle Wahnsinn und draußen am Kai wartet tatsächlich Kamal. Es ist brütend heiß in Assuan. Kamal ist ein großer Kerl, der ab und an den Eindruck erweckt, stoned oder besoffen zu sein. Er schleust uns in Rekordgeschwindigkeit durch den Zoll, sogar das Taschenmesser, das sich bereits ein ägyptischer Sicherheitsfritze unter den Nagel gerissen hatte, bekomme ich wieder und dann ist Sendepause. Wir stehen verlassen gemeinsam mit einer Chinesin in einer großen Halle, Kamal ist weg. Beim Zoll sitzen Holländer, die mit 8 Autos unterwegs nach Sudan sind. Sie dürfen für viel Geld die Asphaltstraße am Nasser-See entlang fahren und sind auch Kunden von Kamal. Für die muss er noch etwas besorgen, von uns bekommen sie Tipps. Die Chinesin wartet auf die Rückgabe ihres Passes, der irgendwo in der unübersichtlichen Bürokratie verschwunden ist. Sie lebt in Lausanne und übersetzt Chinesisch ins Französische und ins Englische und war 4 Wochen in Deutschland, um Deutsch zu lernen. Hat nicht geklappt, in vier Wochen.
Der Pass kommt, Kamal kommt, er verfrachtet die Chinesin mit Pass und uns in seinen uralten Peugeot 504 und fährt uns zum Philae Hotel an der Corniche von Assuan. Sicher bekommt er dort eine Kommission, wenn er Gäste abliefert. 70 US Dollar soll das Doppelzimmer kosten, wir handeln auf 60 runter, weil wir aus dem Sudan kommen. Wir haben bei 42° und einer fast durchwachten Nacht nur noch den Wunsch zu duschen und zu schlafen. Um ein anderes Hotel zu suchen sind wir zu schwach.
Im Hotel gibt es WiFi und wir erfahren, dass in Ägypten genau zu unserer Ankunft das Militär den Präsidenten Mursi abgesetzt hat. Die Rede des Militärchefs Sissi wir im Fernsehen übertragen. Toll! Wir sitzen hier im Sack und in Kairo schlagen sich die Leute tot.
Auf der Suche nach dem Duty Free Shop zeigt uns ein Ägypter eine „Bretterbudenkneipe“ im ersten Stock eines Dreckshauses, wo es Bier vom Fass gibt. Wir haben diese Kneipe nie wieder gefunden und da man für jeden Rat in Ägypten bezahlen muss, haben wir auch nicht danach gefragt. Entsprechende Fragen führten dazu, dass wir in einen Souvenirladen geschleppt werden sollten.
Wir bestellen hier im Hotel ein Abendessen, es gibt kein Bier, und gehen früh ins klimatisierte Bett, von dem aus wir das ZDF sehen und die Nachrichten. Vom Putsch in Ägypten erfahren wir jetzt auch auf Deutsch.

 

Tag 646
04.07.2013

Im Hotelpreis ist ein ausgesprochen üppiges Frühstück enthalten. Nur um Kaffee muss man betteln.
Das ZDF funktioniert nicht mehr. Vielleicht haben die jetzt herrschenden Militärs diesen Sender als zu islamistisch eingestuft; denn die Sender der Muslimbrüder sind auch abgeschaltet.
Wir sind mal wieder auf der Suche nach einer neuen SIM-Karte und werden bei Mobinil fündig. Allerdings müssen wir 30 Minuten warten, der Andrang ist zu groß, wir finden auch einen funktionierenden Geldautomaten. Mit dem Geld, welches wir beim vom Kamal empfohlenen Schwarzmarkttauscher getauscht haben, wären wir nicht weit gekommen.
Im Hotel liegt eine Nachricht von Kamal. Der andere Kamal hat das Carnet nicht gefunden. Mit unserer neuen SIM Karte rufen wir in Wadi Halfa an. Der Wadikamal sagt, alles sei in Ordnung, er hat das Carnet und das Auto soll Freitag verladen werden.
In einer ägyptischen Garküche essen wir zu Mittag, nachdem ich den Preis ausgehandelt habe. Zuviel, wie immer in Ägypten. Den Duty Free Shop finden wir auch, auf der Suche nach der nichtauffindbaren Bretterbudenkneipe. Dort versorgen wir uns mit Bier und Wein, so dass wir wenigstens im Hotelzimmer saufen können.
Wir finden auch ein anderes Restaurant direkt am Nil, wo es Bier gibt und die Kellnerin unverstohlen mit mir flirtet, was mich bauchpinselt.
Im KFC essen wir und gehen ins Hotel, um unseren neuerstandenen ägyptischen Wein der Marke Obelisk „nicht Obelix“ zu kosten. Lecker!

 

Tag 647
05.07.2013 Freitag Feiertag in Ägypten

Das Auto soll am Montag ankommen, so die Nachricht von Kamal.
Eine kleine Fähre bringt uns zur Insel Elefantine. Es ist brütend heiß. Wir irren durch das Nubierdorf und folgen den Schildern zu einem nubischen Museum. Es sieht aus, wie ein normales bemaltes Haus und nichts rührt sich drinnen. Wir finden nicht die Ausgrabungsstätten und kehren zurück zu dem Nubischen Museum, wo nun eine junge Frau uns durch die nette, etwas naive Ausstellung über das Leben der Nubier hetzt. Heiß!
Wir machen uns wieder auf die Suche nach dem Museum und der Ausgrabungsstätte und werden fündig. Das Museum ist geschlossen. Ein schlafender fetter Führer erwacht, kassiert und hetzt uns auch durch die Ausgrabungen des Tempels. Er bindet uns noch einen Blumenstrauß in der Erwartung eines üppigen Bakschischs. Wir enttäuschen ihn und er verschwindet sauer unter seinem Schlafbaum. Überhitzt stolpern wir zurück zur Fähre, wo einen strahlende Engländerin offensichtlich ein Krösken mit dem Fährbuben hat. Seit einem Jahr lebt sie jetzt hier. Sie habe auch Afrika umrundet und sei eine der Touristinnen gewesen, die vor beinahe 2 Jahren in Timbuktu überfallen worden seien. Aber nun sei sie hier hängengeblieben, mit schmachtendem Blick auf den jungen rastagelockten Fährbuben.
Mittlerweile wurde die Polizeistation in Assuan, dicht bei unserem Hotel, mit Panzerwagen und Stacheldraht, Sandsäcken und Maschinengewehren gesichert. Wir merken nichts von irgendwelchen Unruhen.
Wir essen bei der flirtenden Kellnerin.

 

Tag 648
06.07.2013

In der Gluthitze marschieren wir zum nubischen Museum, das recht interessant ist. Hier in der Nähe soll es den unvollendeten Obelisken geben. Wir irren umher und finden endlich den Weg über den Friedhof der Fatimiden. Hier werden seit 1000 Jahren Leute begraben. Die Gräber werden nicht wie auf christlichen Friedhöfen gepflegt, so dass wir dauernd über Grabsteine stolpern.
Der Steinbruch, in dem der unvollendete Obelisk liegt, sei bereits geschlossen, so das zur Sicherung des umzäunten Geländes eingesetzte Militär. An der Kasse lassen sie uns trotzdem rein unter Begleitung von zwei bewaffneten Soldaten, die nach Hause wollen und jetzt für uns eine Blitzführung veranstalten, um an einer Stelle, die für die anderen Soldaten nicht einsehbar ist, die Hand aufzuhalten. Die Bettelei ist lästig, wie schön ist Sudan dagegen.
Der Steinbruch, in dem nicht nur der Unvollendete rumliegt, der der größte Obelisk hätte werden sollen, ist beindruckend. Wir flitzen hindurch, der Schweiß läuft uns in die Augen, und finden den Ausgang nicht. Die Blödmänner von Soldaten hatten uns den falschen Weg gewiesen.
In einer echten Bretterbudenkneipe fern ab von den gepflegten Anlagen für Touristen, mitten im unbeschreiblichen Dreck, der in den Straßen Ägyptens liegt, trinken wir ein Birell, alkoholfreies Bier. Hinsichtlich Dreck und Müll auf der Straße wird Ägypten nur von Mauretanien getoppt.
Die Sicherungsanlagen am Polizeipräsidium sind mittlerweile verstärkt worden, der Verkehr wird im Zickzack über die Straße davor geleitet.
Bei der flirtenden Kellnerin essen wir und bekommen teures Bier. Den Verdauungsschnaps nehmen wir in unserem klimatisierten Zimmer, von dessen Balkon wir eine kleine Demo von 20 Leuten beobachten. Für oder gegen den gestürzten Präsidenten Mursi, erschließt sich uns nicht.

 

Tag 649
07.07.2013

Der nette ältere Mitbesitzer des Hotels berät uns, bei unserer Fahrt zur Insel Philae, auf der der Tempel steht. Wir handeln den Taxipreis aus, der uns der ältere Herr als Höchstpreis genannt hat. Etwa 5 Euro, was mir sehr hoch vorkommt. Wir kommen an der Tankstelle vorbei, die offensichtlich Benzin hat. In Zweierreihen stauen sich die Autos wenigstens einen Kilometer lang davor. Sie wurden hier schon am Vorabend abgestellt, die Fahrer kommen später wieder zu ihren Autos. Nur gut, dass wir in Sudan den Toyo noch einmal vollgetankt haben. Vor der Anlegestelle zur Insel Philae herrscht der übliche Touristennepp. Wir werden, kaum haben wir das Taxi verlassen, von Lästlingen angesprungen, die uns den üblichen Touristenmist verkaufen wollen. Hier in Ägypten sind sie außergewöhnlich widerlich und kaum abzuschütteln. Ignorieren, nur keinen Blickkontakt, so schreiten wir durch die Kakerlakenmenge mit ihren antiken Münzen, Hemden, Armreifen und weiß der Dotter was noch. Aber wir brauchen ein Boot, das uns zur Insel bringt. 150 Pfund, ungefähr der dreifache Preis, den der Reiseführer angibt, bezahlen wir, damit wir den Kilometer zur Insel geschippert werden und der nautische Verbrecher eine Stunde auf uns wartet.
Der Tempel stand auf einer anderen Insel zwischen dem alten, von den Engländern 1902 erbauten Damm und dem neuen von Nasser. Der neue Hochdamm setzte ihn vollständig unter Wasser, so dass er abgebaut und auf einer höheren Insel gleich nebenan wieder aufgebaut wurde. Den Rest, bitten wir bei Wikipedia nachzulesen. Selbsternannte Führer bespringen uns, als wir das Boot verlassen. Nur gut, dass hinter uns noch mehrere Touristen kommen, denen sie sich bald widmen, weil wir unsere „Du bist Luft“-Taktik anwenden. Im Inneren des Tempels allerdings harren die Tempelwärter, die uns, obwohl wir nicht wollen und es doch tun, zu einigen sehenswerten Stellen im Tempel führen und dafür natürlich ein Bakschisch erwarten.
Nach einer Stunde sind wir durchgeschwitzt, der nautische Verbrecher erwartet uns und bringt uns zum Landesteg zurück, dort bekommt er den vereinbarten Preis. Es gibt dort ein kleines Restaurant, indem sich vor allem Ägypter erfrischen. Zu unserem Erstaunen können wir hier eine Cola trinken, ohne belästigt zu werden. Die „Taxi Taxi“ Rufe überhören wir geflissentlich und machen uns schwitzend auf den Weg. Sigrid will nicht den steilen Weg am Seeufer zum alten Damm laufen, so dass wir zur Kontrollstelle gehen, wo wir uns ein Privattaxi (normaler Mensch mit Auto) zum selben Preis, den wir auf dem Hinweg bezahlt haben, zurück zum Hotel bringt. Heute Abend gehen wir nicht zur flirtenden Kellnerin, sondern essen in der Garküche, um dann in eine Kneipe nebenan zu gehen, auch direkt am Nil, wo die Kellnerin ein Kellner ist, nicht flirtet, aber das Bier billiger ist.

 

Tag 650
08.07.2013

Kamal sitzt bereits in seinem 504, als wir aus dem Hotel kommen und wartet auf uns. Wieder erscheint er uns bekifft. Er braust los, um an einem anderen Hotel anzuhalten, dort lädt er nach einer kurzen Wartezeit einen Engländer ein. Weiter geht es und der nächste Fahrgast steigt zu, ein Ägypter und in einer staubigen Gasse mit Mietshäusern steigt der Chef des Zolls ein. Wir sind auf die Notsitze in dem klapprigen Peugeot verbannt worden, der Zollchef darf vorne sitzen. Wenn es denn der schnellen Abfertigung dient, sind wir´s zufrieden. Am Hafen, vor dem Zollgebäude steht der Landcruiser 80 des Engländers. Er will über den See in den Sudan und dann nach Uganda. Dort erwartet ihn der Käufer seines Landcruisers aus Süd Sudan, von dem er schon den halben Kaufpreis bekommen hat. Allerdings ist die Klimaanlage in der Kiste kaputt. Kamal hat einen Klimaanlagenexperten bestellt, der Engländer hat den Autoschlüssel im Hotel vergessen. Wir fahren mit Kamal zur Anlegestelle des Frachtbootes. Und da steht er, der Toyo, quer auf dem Boot. Seine Freude uns wieder zu sehen hält sich in Grenzen. Nur mit Allradantrieb bekommen wir ihn über die Reling. Wir wollen gar nicht wissen, wie der sudanische Kamal den Toyo auf das Bott geschunden hat. Irgendetwas kracht und setzt auf, die Kupplung stinkt, doch wir haben unseren Toyo nach 6 Tagen Wartezeit wieder. Das Carnet hat Sudankamal gefunden, es liegt auf dem Beifahrersitz und ist abgestempelt. Eine erste Durchsicht durchs Auto, es fehlt nichts. Später merken wir, dass die große Maglite Taschenlampe den Weg über den Nassersee nicht geschafft hat. Kamal will 50 Pfund haben, Bakschisch für die Seeleute, ich habe nur großes Geld und gebe den Frachtleuten einen Hunderter. Kamal macht mich nieder, ich hätte hier weder mit jemandem zu sprechen, noch irgendwelche Gelder zu verteilen, dafür ist er da.
Wir fahren zum Zoll zurück, der mitgenommene Zollchef wünscht uns alles Gute und verschwindet, sein Adlatus beginnt zu administrieren, Kamal ist weg, dafür kommt die Frau des vergesslichen Engländers mit dem Schlüssel fürs Auto. Es ergibt sich irgendein Problem, Kamal kommt wieder und verdreht die bekifften Augen. In irgendeinem Begleitpapier für den Toyo steht Sigrids Name. Der Zolladlatus will das Auto nicht freigeben. Ich renne hinter Kamal her zur Polizei. Der Polizeichef kratzt sich ganz ungeniert am Sack. Er stellt seine Masturbationsbemühungen auch nicht ein, als er mit uns spricht. Der Sudankamal soll das Papier per Fax schicken, mit meinem Namen. Kamal telefoniert mit meinem Handy mit dem Sudankamal, einmal und noch einmal und noch einmal. Mein Arabisch reicht nicht aus, um der Konversation zu folgen. Zurück beim Zolladlatus bedeutet mit Kamal um Allahs Willen die Klappe zu halten, es würde uns geholfen. Und richtig, der Zolladlatus hat ein Einsehen und stempelt das Carnet und Kamal ist mal wieder weg. Wir warten und beobachten die Mühen des Engländers und des Klimaexperten zur Wiedererweckung der Klimaanlage. Ein Uniformierter schleimt sich an. Er hilft mir, so seine Aussage und ich helfe ihm. Das letzte Mal, dass ich genau diesen Satz gehört habe, war im Senegal auf der Ile Gore. Kenne ich, bedeutet, dass ich bezahlen soll. Wir wissen nicht, warum er dauernd um uns schleicht aber er ruft Kamal, den Verschwundenen an und teilt uns mit, dass Kamal bei der Verkehrspolizei unsere ägyptischen Nummernschilder besorgt und eine Versicherung für uns abschließt. Kamal kommt auch irgendwann wieder und ich klebe die hinteren Nummernschilder mit Klettband über die originalen. Der Uniformierte will behilflich sein und steht dauernd im Wege. Endlich kapiere ich, dass der Typ den Toyo zu kontrollieren hat. Kamal sagt mir, gib ihm ein Bakschisch, schlau geworden ob des Anschisses frage ich ihn, wie viel. 25 Pfund antwortet Kamal. Ich nestel 25 Pfund aus der Tasche und gebe sie dem schleimigen Uniformierten, der ist beleidigt und guckt bitterböse. Ich grinse und bedeute, dass ich nicht mehr habe. Die Nummernschilder sind dran, nach drei Stunden sind wir offiziell mit dem Auto in Ägypten. Kamal beginnt zu rechnen. Ohne Auslagen will er 50 US Dollar haben. Ich gebe ihm 60 und bezahle seine Auslagen in Dollar mit einem sehr guten Wechselkurs. Er hat seine Arbeit gut gemacht.
Wir fahren zum Hotel und dürfen den Toyo direkt vor der Hoteltüre parken. Zur Belohnung gönnen wir uns ein Bier nebenan, nicht bei der flirtenden Kellnerin.
Abends gehen wir in die Marktstraße und werden prompt von einem Schnösel angesprungen, der uns irgendeinen Plunder verkaufen will. Er rennt neben mir, ich sehe ihn nicht und gehe immer dichter an den auf dem Boden liegenden Waren der Händler vorbei, in die der Schnösel beinahe stolpert. Ein anderer taucht auf und noch einer. Einer verstellt mir den Weg und fuchtelt mit irgendeinem Hemd vor mir rum. Instinktiv greife ich zur umgeschnallten Bauchtasche und ergreife eine Hand, die den Reißverschluss aufzieht. Der, dem die Hand gehört, dreht sich um und flüchtet, ich mit meinem geretteten Portemonnaie hinterher, mehr eine symbolische Geste. Ein Händler, der die Szene mitbekommen hat, entschuldigt sich für seine Landsleute. Wie schön war es im Sudan!
Wir essen nebenan und treffen die Engländer wieder, die ihr Auto vorausschicken wollen und ihm später nach Wadi Halfa folgen wollen. Kluge Entscheidung. Besser unter Dieben in Assuan warten als im öden Nest Wadi Halfa.

 

Tag 651
09.07.2013

Die Rechnung für unser Hotel beträgt 2572 Pfund. Es war ein recht gutes Hotel, in dem wir die Woche verbracht haben.
An einem Nilkanal entlang fahren wir nach Norden. Der Kanal dient der Bewässerung, der Müllentsorgung, als Badeanstalt, der Müllentsorgung, als Wasserbüffelbadeplatz und der Müllentsorgung. Eigentlich ist die Fahrt am Kanal entlang sehr romantisch. Die Bumpers auf der Straße nerven, die Polizeikontrollen auch, obwohl sie uns nur nach dem Weg fragen. In Idfu soll der besterhaltene Tempel stehen, dort wollen wir hin. Der Reiseführer empfiehlt ein Hostel, welches von einem österreichisch-ägyptischen Paar geführt wird, das trotz Intensivsuche von uns nicht gefunden wird. Wir verabschieden uns im Busch und fahren von Idfu in Richtung Rotes Meer und finden einen Platz in einer Schlucht, durch die ein heißer Föhnwind weht. Wir bleiben hier völlig ungestört und genießen eine Nacht in der Wüste.
N 25.02341 E 033.02405

 

Tag 652
10.07.2013

Der Horustempel steht auf der anderen Nilseite, was nicht so ganz klar aus unserem Reiseführer hervorgeht. Der größte Teil der Stadt Idfu liegt auch auf der Westseite des Nils. Wir suchen den Tempel und entdecken ihn mitten in der Stadt. Er ist wirklich sehenswert, leider sind die meisten der Gesichter der Figuren unkenntlich gemacht. Ausnahmsweise waren das nicht die Muslime, die diese Untat vollbracht haben, sondern christliche Bilderstürmer, die vor den Muslims das Wort Gottes vollzogen. Die Souvenirverkäufer nerven. Aufgrund des Putsches und des Sommerlochs kommen weniger Touristen, so dass sich die Meute den paar Verbliebenen mit besonderer Aufmerksamkeit widmen. Auch die offiziellen Wärter wittern einen Sechser im Lotto, wenn sie einen Erwischen. Es nervt.
Neben den Unbillen des Putsches, dessen tägliche Todesopfer wir durch das Internet erfahren, beginnt heute eine weitere Plage. Ramadan! Alle Restaurants und Kaffees sind geschlossen, die Autofahrer drehen spätesten ab Mittag am Rad, haben sie doch bei 38° Hitze seit Sonnenaufgang nichts gegessen, getrunken und nicht geraucht. Das Autofahren wird noch aufregender.
Luxor ist fast ausgestorben, als wir nachmittags ankommen, kaum Verkehr, kaum Menschen auf der Straße. Ramadan! Das Rezeiky Camp ist eine christliche Oase, umschlossen mit einer Mauer ist es ein großer Hotelkomplex, etwas runtergekommen, auf dessen Hof wir auch campen könnten. Wir entschließen uns ein Zimmer zu nehmen.
N 25.71135 E 032.64840
Barak, ein Christ, inspiziert mehrere Zimmer, bis er sich entschließt uns diese im ersten Stock zu geben. Es ist so weit in Ordnung und kostet, nach ein bisschen handeln nur die Hälfte von dem in Assuan. Und es gibt Bier hier. Als Barak hört, dass wir Deutsche sind, lässt er sofort den Biervorrat im Kühlschrank aufstocken. Er tut gut daran.
Ein Handwerker kommt und fragt nach unseren Namen. Er heißt Hans-Günther, was natürlich ein Scherz ist. Er stellt Schleiflacktüren mit Micky Maus Intarsien her. Hans-Günther bringt mir bei „Muramadan“, was soviel heißt wie Scheißramadan.
Luxor hat eine eindrucksvolle Corniche am Nil. Kneipen geschlossen, nix los, außer ein paar Schnösel, die im Nil schwimmen, es aber nicht versäumen uns anzuquatschen. Die Kreuzfahrtschiffe liegen tot am Kai.
Wir haben im Hotel Abendessen bestellt und bekommen ein schmackhaftes Rindfleischgemansche.

 

Tag 653
11.07.2013

Nach dem Frühstück beginnen wir mit dem kleineren, dem Luxor Tempel. Davor gibt es einen McDonalds, welcher geöffnet hat und uns mit Cola vor dem Verdursten bewahrt.
Nach Luxor kommt die größere Tempelanlage, Karnak. Sie ist überwältigend. Wir stehen staunend und schwitzen zwischen den 134 dicken Säulen und kämpfen uns schattensuchend durch die Hallen und Pylone bis zum erfrischungverheißenden Colatempel. Hier gibt es üblicherweise neben Toiletten einen Getränkekiosk Nicht aber im Muramadan. Alles dicht. Der Toilettenwärter schreckt aus seinem Ramadantagesschlaf, als er Urin riecht, riecht wie Geld, und kommt mit ausgestreckter Hand hinter uns her gelaufen.
Stur geradeaus blickend, nur keinen Augenkontakt mit den Souvenirgeiern erreichen wir erschöpft den Toyo auf dem Parkplatz und sind froh, als wir unsere koptische Oase und das kühle Bier erreichen. Barak hat uns eine Palette „Stella“-Dosenbier besorgt, die er uns verkauft, auf dass wir auf unserer weiteren Reise nicht verdursten.
Heute Abend gibt es Huhn und viele junge Leute, die hier irgendein Musikfestival veranstalten.
Die Krawallmoscheen, die drei Hunde und die jungen Leute geben ihr Bestes uns am Schlafen zu hindern.

 

Tag 654
12.07.2013

Auf der anderen Seite des Nils liegt das Tal der Könige. Dorthin fahren wir heute. Sigrids Rückenschmerzen sind in den letzten Tagen schlimmer geworden. Ihre Tramadal-Tabletten gibt es nur auf Rezept. Die verschiedenen Paracetamol-Mischpräparate bringen kaum Linderung.
An der Kasse kaufen wir Eintrittskarten für drei Gräber der Noblen, nicht wissend, dass wir noch gar nicht im Tal der Könige sind. Ich frage den Kassierer, welche Gräber er empfiehlt, er schreibt uns drei Nummern auf, um danach das Bakschisch einzufordern. Wir kommen zu einem kleinem Grab, in das uns der Führer hineinführt. Es ist prachtvoll ausgemalt, die Farben sind frisch, als sei gestern gemalt worden. Fotografieren ist verboten, aber wenn wir dem Wächter ein Bakschisch geben, hat er selbstverständlich nichts dagegen, wenn wir Fotos machen. Wir verzichten, der Wächter ist sauer, wir auch.
Wir fahren zum Tal der Könige, hier müssen wir noch einmal Eintritt für die Königsgräber bezahlen. Um an die Kasse zu gelangen müssen wir den Spießrutenlauf durch die Souvenirläden absolvieren. Mit einer Bimmelbahn geht es zum Eingang des Tals (Bakschisch). Tut Ench Amun haben wir uns gespart, der kostet extra und wir haben die Ausstellung in Deutschland gesehen. Es ist heiß und wir marschieren los. Sigrid leidet. Drei Gräber mit bakschischheischenden Wärtern. Sigrid ist froh, als wir zurück an der Bimmelbahn sind. (Bakschisch) Der Hatschepust-Tempel, der schönste im Tal fällt wegen der Schmerzen aus.
Heute Abend gibt es im Hotel die Reste von Gestern und Vorgestern, lecker.
Wir haben von den Norwegern Espen und Marlin, die wir vor über einem Jahr in Opi Kopi in Namibia trafen, eine Mail erhalten. Sie seien etwa 10 Tage vor uns in Port Said und hofften auf eine Fähre in die Türkei.
Die Nachrichten und die Reisewarnungen werden immer bedrohlicher. In Kairo gibt es Tote, auf dem Sinai werden Polizeistationen überfallen, in Luxor ist es ramadanmäßig ruhig. Wir beschließen, direkt zum Roten Meer zu fahren, nicht in die weiße Wüste, nicht zu den Pyramiden, und am Suezkanal entlang nach Port Said. Vielleicht treffen wir dort noch die Norweger, so dass wir gemeinsam sehen können, wie wir aus Ägypten rauskommen.

 

Tag 655
13.07.2013

Im Reiziky Camp schaltet der Besitzer den Wasserfilter ein, damit wir Trinkwasser bunkern können; denn wir wollen wann immer möglich, in der Wüste übernachten.
Die Asphaltstraße führt direkt ans Rote Meer. Ich bin traurig, dass wir auch die Stadt meines Lieblingspharao Echnaton nicht besichtigen können. Wir wollen um Kairo so weit wie möglich einen Bogen schlagen.
40 km vor Quseir verschwinden wir in der Wüste.
N26.16342 E 033.96581
Sigrids Schmerzen lassen nicht nach, aber wir verbringen hier eine ruhige Nacht.

 


Tag 655
13.07.2013

Im Reiziky Camp schaltet der Besitzer den Wasserfilter ein, damit wir Trinkwasser bunkern können; denn wir wollen wann immer möglich, in der Wüste übernachten.
Die Asphaltstraße führt direkt ans Rote Meer. Ich bin traurig, dass wir auch die Stadt meines Lieblingspharao Echnaton nicht besichtigen können. Wir wollen um Kairo so weit wie möglich einen Bogen schlagen.
Hurgasa ist ein riesengroßer Ort, mit Hotelanlagen, die an Las Vegas erinnern. Wir besuchen eine moderene Mall, die ramadanmäßig leer ist und trinken trotz Ramadan ein Bier. Wir wollen weiter und verschwinden
40 km vor Quseir wir in der Wüste.
N26.16342 E 033.96581
Sigrids Schmerzen lassen nicht nach, aber wir verbringen hier eine ruhige Nacht.

 

Tag 657
15.07.2013

Der Suezkanal. Wir sind in Suez und rufen die Norweger an. Die Fähre fährt nicht mehr. Angekündigt hatte das die Reederei bereits, dass die Linie nach Port Siad wegen der Unruhen eingestellt wird. Wir kündigen Espen und Marlin an, dass wir abends in ihrem Hotel sein werden. Die Koordinaten hatten sie uns geschickt. Hier in Suez ist die Militärpräsenz doch sehr aufregend. Straßen sind mit Stacheldraht und spanischen Reitern blockiert. Wir werden kontrolliert, höflich freundlich, keiner der Soldaten kann uns sagen, wo es nach Port Said geht. Das Navi spinnt und zeigt uns nur die Luftlinie. Der Verkehr hier ist gar nicht ramadanmäßig und wir wursteln uns aus der Stadt und finden die Straße immer am Kanal entlang nach Port Said und auch gleich eine Tankstelle, die uns Diesel verkauft. Ich fülle den Tank wieder mit 72 Liter auf.
Wir treffen in Nancys Stile Beach Hotel Malin und Espen und Gavin, einen Engländer, den es auf der Suche nach einer Fähre auch hierher verschlagen hat. Ulkigerweise war er mit Frank, dem uns unbekannten Tierarzt, dem wir den Fliegenwedel aus Äthiopien mitbringen, unterwegs, als dem in Ägypten das Auto mit Waffengewalt geklaut wurde.
Die drei haben ein Hotel ausfindig gemacht, in dessen Restaurant man auch im Ramadan ein Bier bekommt. Allerdings weigert sich der Kellner vor dem Sonnenuntergang eine Flasche Bier anzufassen, so dass wir uns hinter der Theke selber bedienen müssen, was uns nicht schwer fällt.
Wir sind ganz froh, gemeinsam mit den anderen eine Lösung für das Problem, Ägypten zu verlassen, zu suchen und diskutieren beim Abendessen verschiedene Möglichkeiten.
Espen hat bereits Kontakt mit einer norwegischen Firma, die unsere Autos auch im Container verschiffen würde.
Eslam ist der Fixer, den wir schon in Assuan für uns bestellt hatten. Auch die anderen haben ihn kontaktiert. Ich rufe ihn an und erkläre, dass wir in Port Said sind und dass ich mich melde, wenn wir ihn brauchen. Selbstverständlich hat auch er von der Einstellung der Fähre Wind bekommen und sieht nun sein Geschäft verlustig gehen, wenn keiner ihn braucht, um durch den Zoll und auf die Fähre zu kommen. Er bietet sofort an, eine Containerverschiffung zu organisieren. Ich vertröste ihn.
Wir beschließen bis morgen abzuwarten, was die Recherchen Espens bezüglich der Containerverschiffung ergeben, insbesondere, was der Spaß kosten würde.

 

Tag 658
16.07.2013

Ramadan! Die Kinder zünden die ganze Nacht Feuerwerkskörper und machen Krach. Die islamischen Staaten gehen uns zunehmend auf den Keks.
Das Mittelmeer. Wir sehen es hier wieder. Nach 83660km Fahrt haben wir Afrika umrundet.
Der Tag vergeht in Port Said. Die Kosten für eine Containerverschiffung sind gewaltig. Dazu käme noch der Flug von Kairo aus zum Zielhafen, die Handling-Gebühren und die Steuern.
Beim Abendessen beschließen wir, über den Sinai nach Israel zu fahren und dort mit der Cargo-Fähre von Haifa aus nach Zypern oder Griechenland zu fahren.
Ich versuche abends das Hotelzimmer zu bezahlen. Die erste Nacht haben wir schon bezahlt, jetzt will ich die kommende bezahlen, weil wir früh morgens aufbrechen wollen. Der Kassierer will auf einmal drei Nächte bezahlt haben. Nach meinen Protesten, will er überhaupt kein Geld mehr. Das Geld für die eine Nacht muss ich ihm aufdrängen. Ich bin sauer, schließlich ist dies hier ein Hotel der gehobenen Klasse und dann quatscht mich auch noch ein Typ mit „Moustache“ an. Ich schnauze ihn an, er verstummt verschreckt.

 

Tag 659
17.07.2013

Sechs Uhr morgens. Die Autos sind gepackt, wir fahren zum Sinai. Espen fährt mit seinem Monsterpatrol vorweg, Gavin fährt als letzter. Vor der Hängebrücke über den Suezkanal gibt es Militärkontrollen. Im Kanal fahren die Containerschiffe durch die Wüste. Die Landschaft auf der Ostseite des Kanals ist arider, wir fahren in die Wüste.
Es gibt viele Kontrollen, die alle problemlos verlaufen, uns wird versichert, dass der Weg bis Sharm el Sheik sicher sei. Wir erzählen nicht, dass wir nach Israel wollen. Die Abkürzung durch den inneren Sinai über das Katharinenkloster haben wir uns abgeschminkt. Diese Straße erscheint uns derzeit zu gefährlich.
Kurz vor Tor Sinai werden unsere Pässe nicht zurückgegeben. Wir warten. Nach 30 Minuten gehe ich zu den Soldaten, die mit unseren Pässen spielen und frage, ob es Probleme gibt. Sie verstehen nur Bahnhof. Wir sollen auf den General warten. Irgendwann kommt ein junger Offizier, der einen Pickup voller Bewaffneter befehligt. Wir sollen hinterher fahren. Das kennen wir doch aus Angola. Auch hier fahren wir 60 km hinterher, bis zum nächsten Kontrollpunkt, wo wir kommentarlos von einem anderen Offizier die Pässe wiederbekommen. Auf die Fragen, was dieses Theater jetzt sollte, gibt es keine Antwort. Wir haben viel Zeit verloren. Sigrids Rückenschmerzen halten an, so dass wir in Sharm el Sheik eine Apotheke suchen wollen. Die Stadt ist groß und modern, auf Tourismus eingerichtet, auch auf Osteuropäische, wie die vielen kyrillischen Schilder zeigen.
In der Apotheke bekomme ich eine ganze Packung Tramaldan. Der Apotheker meint, ich wisse wohl, dass das eine Droge sei und er die eigentlich nur auf Rezept abgeben darf. Dafür könne ich aber Viagra ohne Rezept bekommen, soviel, wie ich benötige. Ich glaube ich sehe ziemlich alt aus.
Die anderen drängeln und wollen weiter.
Wir fahren bis Dahab. Uns lockt ein deutsches Gasthaus dort, das leder geschlossen hat. Nebenan gibt es ein „es geht so“-Hotel, Sea Horse, wo das Zimmer billige 20 Pfund kostet. Frühstück gibt es für 20 Pfund. Auch diese Stadt ist auf Tourismus eingerichtet. Wir essen in einem Restaurant am Strand, wo man seine eigenen alkoholischen Getränke mitbringen darf. Die kaufen wir vorher in einem Bottle store.

 


 

 


 


 

 


 


 

 

 

 


 

 


 


.