Tag 124

29.01.2012 Sonntag

Wir werden richtig viel Geld los, für unser Junglecamp, etwa 20000 Naira (100€) müssen wir bei den Amis bezahlen.
Es geht wieder nach Süden und in Ikom kaufen wir noch einmal ein. Dann geht es auf einer Superasphaltstraße zur Grenze nach Kamerun.
Grenzen werden bei uns zur Routine, weshalb die Skurrilitäten nicht mehr lustig sind. Wir wissen, dass wir erst zur Polizei, dann zum Zoll, dann wieder zur Polizei müssen und nehmen alles locker. Die Nigerianer stempeln alles ab, selbst das Carnet ohne Schwierigkeiten, und ich meckere noch ein wenig, dass unser Visum demnächst abläuft und wir Nigeria verlassen müssen. Das freut den gemeinen nigerianischen Grenzbeamten. Auf der anderen Seite des Schlagbaumes, auf der Kamerunseite, freue ich mich genauso, dass wir Nigeria verlassen haben und endlich in Kamerun sind, mit dem wir Deutschen ja freundschaftlich verbunden sind, das freut den gemeinen kamerunischen Grenzbeamten. Und endlich, endlich könne ich auch wieder Französisch sprechen. Denkste! Kamerun ist bilingual und dort, wo wir die Grenze passieren, wird englisch gesprochen. Beim Zoll frage ich wieder, ob es hier jemanden gäbe, der Geld wechselt. Sofort wird ein mickriges Männlein herbeizitiert. Der Geldwechsler. Er tauscht unsere Nairas zu einem schlechten Kurs in CFA (Centralafrikanische Francs, die denselben Umrechnungskurs wie der andere CFA haben und an den Euro gekoppelt sind) In zwei Stunden haben wir alle Grenzformalitäten erledigt und sitzen in der ersten Kneipe in Ekok und trinken Bier.
Die Piste, die uns nun erwartet, ist gruselig. Die Löcher sind so groß, dass sie wie Canons wirken. Der getrocknete Schlamm an den Seiten ist so hoch wie der Toyo. Man hatte uns gewarnt, dass die Piste bei Regen unpassierbar sei. Und wieder staunen wir, dass die Kameruner die Piste nicht nur locker mit drei Leuten auf einem Mopped, sondern auch mit normalen vollbeladenen schrottreifen PKWs bewältigen. Allrad ist hier nicht nötig, doch Bodenfreiheit, was die niedrigen Kisten nicht haben. Sie schaffen es doch und fahren schneller als wir.


Ab Mamfe bauen die Chinesen eine neue Straße. Sie roden den Urwald auf einer Breite von etwa 200m und schaffen ganze Berge zur Seite. Immer da, wo Straßen gebaut werden, wird an den Trassen Baumaterial gewonnen, so dass wir einen Stellplatz finden in einer Art Steinbruch, den vor uns bereits ein holländisches Paar ins Internet gestellt hat. Zwischen Eyunojoch und Ayukabe N5. 72617 E09.10661.
Ab 20:00 Uhr gewittert es heftig. Wir haben Gott sei Dank gegessen und uns geduscht, so dass wir in den Toyo krabbeln. Unser Standplatz wird zum Schlammplatz. Der Schlamm ist zäh und bleibt überall kleben. Nur gut, dass wir die schwierigsten Pistenabschnitte in den Schlammcanons schon überwunden haben.

Nach dem Tropengewitter regnet es weiter und wir stellen fest, dass unser Dachzelt dicht ist.

 

Tag 125

30.01.2012 Montag

Bereits um 8:45 Uhr fahren wir los und fahren teilweise über die Trasse der neuen Straße. Hier wird keine Rücksicht genommen auf Dörfer, die der Straße im Wege liegen. Teilweise stehen Häuser an 20m tiefen Abgründen, weil dort ein Berg für die Straße abgetragen wurde. Die Piste führt an diesen Steilabrissen vorbei und man muss aufpassen, dass man nicht in den Abgrund rutscht. In der Regenzeit möchte ich diese Strecke nicht fahren.


Wir kommen nach Bamenda, einer großen Stadt mit Asphaltstraßen, Banken, und einem Supermarkt. Hier gibt es eine Pressbyterianische Mission, die im Internet gekennzeichnet ist, als Campmöglichkeit. Wir sind auf 1600m Höhe und entsprechen hügelig ist die Gegend. Das Areal der Mission ist riesengroß. Wir fahren rein und gondeln auf dem Gelände herum. Keiner stört sich an uns. Irgendwann finde ich jemanden, der kompetent erscheint, uns zu einem Verantwortlichen zu bringen. Tut er auch. Wir sitzen in einem hallenartigen Gebäude, in dem der Reverend sein Büro hat. Wir können uns auf dem Gelände hinstellen, wo wir wollen, so sagt er, doch überall liegen Stunden auf der Wiese und das Gelände ist völlig uneben. Wir finden einen Platz vor einem Gebäude. Um dorthin zu gelangen müssen wir über verschiedene Wiesen und um Bäume und Studenten rangieren. Wir werden zwar beneugiert, aber zufriedengelassen und freundlich begrüßt. 1500 CFA pro Person und Tag und 1500 für das Auto will der Reverend haben. Wir handeln ihn auf 3000 CFA pro Tag runter. In der Mission ist eine Schweizer Gruppe weißer Menschen zu Studienzwecken, die an uns vorbeigehen und uns irgendwie nicht wahrnehmen, obwohl wir freundlich grüßen.
Auch hier wird uns ein Gästezimmer aufgeschlossen, in dem wir duschen können und eine Toilette haben. Alles funktioniert, Wasser fließt, Elektrik ist vorhanden.
Um 20:00 Uhr kommt ein Tropengewitter. Das ist etwa so, als wenn oben ein Staudamm bricht. Wir flüchten unter ein Vordach.
Auch in der Nacht regnet es weiter, doch wir können schlafen bis zum Frohlocken und Hallelujen am frühen Morgen.

 

Tag 126

31.01.2012 Dienstag
 

Wir bleiben noch einen Tag bei den Presbyterianern. Sigrid wäscht unter den Augen einer unglaublich lästigen Mädchengruppe, die von einer etwas älteren angeführt wird. Sie schmeißen sich auf den Boden, so dass man keinen Schritt gehen kann, ohne auf ein Kind zu treten. Sie stehen im Wege und machen Possen und als wir losfahren wollen in die Stadt versuchen sie sich ans Auto zu hängen. Wir fahren in die Stadt, nachdem wir wieder rumliegende Studenten der christlichen Universität Kameruns und Bäume umfahren haben.
In Bamenda gibt es Parkuhren!!! Und Politessen, die aufpassen und dort, wo es keine Parkuhren gibt rennt einer hinterher und kassiert 100 CFA die Stunde parken.
Wir holen Geld aus dem ATM. Wie in ganz Afrika sitzen auch hier zwei mit Gewehren bewaffnete Männer vor der Bank und passen auf. Da mein aufblasbares Kopfkissen den Geist aufgegeben hat (in Afrika geht alles kaputt) kaufe ich nach zähem Handeln ein Kopfkissen. Nach so viel Aktivität ist es Zeit für ein Bier und ein Imbiss. Ich bekomme einen Fisch vom Straßengrill und Sigrid ein Spaghetti-Omelette. Wieder erfreuen wir uns an dem Straßenleben.
Zurück bei den Presbyterianern sind die Mädchen verschwunden und das Gewitter kommt bereits um 19:00 Uhr, dessen Ende wir, wie gehabt, unter einem Vordach erwarten.

 

 


Tag 127

01.02.2012 Mittwoch



Es ist dichter Nebel, als wir aufstehen und es ist kalt.
Wir verlassen Bamenda und sind erstaunt, wie groß die Stadt ist, als wir durch die Außenbezirke fahren.
Wir sind jetzt auf der so hoch gelobten Ring Road, die durch Kameruns Berge führt und einen touristischen Höhepunkt darstellen soll. Die Piste ist schlecht, aber fahrbar. Die Leute in den Dörfern sind sehr zurückhaltend, kein „welcome“ oder „bon jour“, kein Kindergeschrei, ziemlich finstere Minen. Die Piste führt an einem Fluss entlang, an dem die Leute Sand abbauen. Sie staken mit großen Einbäumen auf den Fluss, tauchen mit einem Eimer auf den Grund und schütten den am Grunde eingesammelten Sand ins Boot. Was für eine mühselige Sache. Sie werden böse, wenn sie merken, dass sie fotografiert werden.


Wir kommen an einen Wasserfall, man sollte es nicht glauben, um den Wasserfall richtig bewundern zu können, wurde sogar eine Aussichtsplattform gebaut. An der lungern zwei sehr düster blickende Schnösel. Kein Hallo, nix. Sie stehen uns aber auf den Hacken und lassen sich grimmig fotografieren. (Wasserfall Mentchum N6.30900 E10.07084)


Wir kommen nach Wum und finden eine Bierkneipe und machen erst einmal Rast. Es macht uns einen Affenspaß bei einem „kühlen“ deutschen Isenbeck-Bier am Straßenrand zu sitzen und afrikanisches Leben zu beneugieren. Neben der Bretterbudenkneipe ist eine Moppedwerkstatt. Um dorthin zu kommen müssen die Biker auf einen hohen Erdhügel fahren. Der Anstieg ist steil und sandig. Wir staunen, dass keiner der Moppedfahrer stürzt und alle völlig selbstverständlich hoch und runter fahren. Wir könnten das nicht.


Am Kratersee von Wum erwarten uns Zebus, Kinder und der Sohn des Fons (Chefs), prächtig gekleidet. Wir dürfen nicht fotografieren ohne Erlaubnis vom Palast, denn sonst würden die kleinen Fische zerstört, im See. Afrika! Wir fahren nicht zum Palast des Fons, um die Erlaubnis zu erlangen.
In Wum gibt es eine katholische Mission auf einem Berg mit großer Kirche. N6.40036 E10.07084


Derartige christliche Missionen weisen nie Overlander ab. Wir quälen uns die ausgewaschene Piste zu den Katholiken hoch und treffen einen Priester im T-Shirt, der uns selbstverständlich anbietet, auf dem Gelände zu campieren. Es wird englisch gesprochen. Die Gästeabteilung der Mission wird für uns aufgeschlossen, in der gibt es ein Klo, aber kein Wasser. Zur Spülung muss das Wasser aus einem 200l Fass geschöpft werden.
Wir erzählen, dass wir noch einmal in die Stadt müssen, um etwas zu essen zu kaufen, wir wollen aber eigentlich noch ein wenig am Straßenrand sitzen, Bier trinken und das Leben betrachten. Während wir dort entspannt sitzen, kommt einer vorbei, der hat an einem Stock etliche tote Ratten und Mäuse angebunden. Erst nehmen wir an, der will Bushmeat verkaufen, doch er verkauft Rattengift. Wir bewundern die bunten Kleider der Peulfrauen. Ein Volk mit europäischen Gesichtern. Die Peul sind die Viehzüchter, die die Zebuherden hüten. Und immer wieder bewundernswert sind die Moppedtaxis. Die billigste Art sich in der Stadt zu bewegen. Mit Fahrer transportieren die Moppeds bis zu vier Menschen.
Zurück in der katholischen Mission kommt „Father“. Er flippt bald aus, als er das Auto sieht, muss alles betatschen und lässt sich alles erklären. Ein ganz netter Kerl, der bis zum „Krieg“ im Kongo missioniert hat.
Wir kochen und duschen am Toyo; denn nach wie vor gibt es kein Wasser. Wir schlafen bis zum Kirchglockeln um 7:00 Uhr.

 


Tag 128

02.02.2012 Donnerstag

Nach der Messe, wir frühstücken gerade, kommt „Father“ im Messgewand und muss erst einmal wieder gegen die Reifen des Toyos trete, was bei der engen Soutane schwierig ist. Ich lasse ihn einsteigen und er klettert, die Soutane geschürtzt, in den Recarositz und ist begeistert. Er lässt sich sämtlich Instrumente erklären und kommt aus dem Staunen nicht raus, dass der Toyo sogar Solarzellen auf dem Dach hat.
Wir packen ein, verabschieden uns, nun hat „Father“ ein buntes Hawaiihemd angezogen, und wir verschwinden.
Wir fahren weiter auf der Ring Road. Die Piste wird zunehmend schlechter, steinig und staubig. Wir klettern mit 15 km/h die Berge hoch von denen wir kaum etwas sehen, weil es zu diesig ist. Die Brücken sind am Rande manchmal derart ausgebrochen, dass Sigrid mich einweisen muss, damit ich 2cm Platz rechts, 2cm Platz links, den Toyo über den Abriss bekomme.


Die Piste wird immer steiler unter einer Schicht von mehlfeinem Staub liegen dicke Steine. Der Staub dringt in jede Ritze und zerstört einen Schalter. Jetzt leuchtet ständig die Warnanzeige, eine Tür sei geöffnet. Das macht mich wahnsinnig. Ehe ich aber anfange zu basteln und keine Ahnung habe, wo der defekte Schalter steckt, werde ich mich wohl daran gewöhnen müssen, dass ständig eine Warnleuchte brennt.
Wir sind auf der Piste gerade mal 100km voran gekommen und wir brauchen einen Schlafplatz und finden einen Weg, der von der steilen Piste abgeht und zu zwei Scheunen führt. Es gibt dort keinen Menschen. Wir schleichen um die recht gut erhaltenen Gebäude herum, die voller Maisstroh liegen und beschließen einfach hier zu bleiben. Es gibt sogar ein Rohr, aus dem etwas Wasser rinnt. Wir haben einen idealen Schlafplatz gefunden. N06.58802 E010.65135

 

Tag 129

03.02.2012 Freitag

Unser Gehöft wird um 6:35 Uhr besucht von Mann, Kind und Hund. Sie wecken uns auf, ich erkläre aus dem Fenster hinaus, dass wir keinen Menschen gefunden hätten, den wir um Erlaubnis hätten bitten können, hier zu übernachten. Der Mann findet das in Ordnung und geht hinterm Haus Holz hacken. Selbst der kleine Junge kommt nicht neugieren, nur der Hund schaut mal vorbei. Wir können in aller Ruhe aufstehen und frühstücken. Dann kommt einer in roter Jacke, klettert in einen Baum und wird wohl vom Holzhacker daran gehindert, uns zu belästigen. Mann mit Holz, Kind, Hund und Rotjacke verschwinden. Wir auch und quälen uns auf der Piste weiter nach oben. Die Landschaft ist großartig – im Dunst verschwunden. Wir überqueren im Dunst und in Staub den 2200m hohen Pass.
Und dann zweigt plötzlich eine nagelneue Asphaltstraße zum Nyos See ab. Wir biegen ab und werden von einem wildgestikulierenden Händler gestoppt, der uns bedeutet, wir sollen uns bei dem Uniformierten auf der anderen Straßenseite melden. Der Uniformierte kommt zum Auto und erzählt uns, dass er gemeinsam mit seinem Gewehr mitfahren will. Wir haben keinen Platz, es geht nicht, außerdem wollen wir doch bloß den See sehen. Einfach so den See sehen, das geht auch nicht. Wir sollen mal vorfahren zum See und er, der Gewehrträger, komme hinterher.
Die Straße zum See ist so steil, dass ich bis in den ersten Gang runterschalten muss. Am Ende der Straße stehen zahlreiche, gute Barracken und ein Gästehaus. Der Nyos-See hat traurige Berühmtheit erlangt, als 1986 ein Gasausbruch geschah, das Gas die Täler überflutete und 2000 Menschen das Leben kostete. Ganze Dörfer wie Nyos oder Cha oder Subum waren komplett ausgelöscht worden. Die Gefahr ist aber nicht vorbei. Schon 2001 hatte sich am Grund des Lake Nyos wieder die doppelte Menge an Kohlendioxid gesammelt, die 1986 ausgebrochen war.
Eine kontrollierte Entgasung soll dem See seit 2001 die Gefährlichkeit nehmen. Doch von den nötigen fünf Rohren, durch die das Kohlendioxid innerhalb von ein paar Jahren kontrolliert entweichen sollte, sind nur drei sprudelnde Fontainen in Betrieb. Es gibt aber ein Szenario, das noch bedrohlicher ist als der neuerliche Ausbruch einer Gaswolke. Ein natürlicher Damm aus Vulkanstein im Norden des Sees ist vom Einsturz bedroht.
Der Fluch eines Stammesführers für die Katastrophe verantwortlich. 1983, auf seinem Totenbett, habe dieser angeordnet, sein bestes Rind dem Geist des Sees zu opfern. Doch seine Familie sei diesem Wunsch nicht nachgekommen - und der Stammesführer habe aus Verärgerung Unheil über die Umgebung gebracht.

Bevor wir den See ansehen dürfen, müssen wir registriert werden, mit Passnummer und allem drum und dran. Uns wird klargemacht, dass ein Obolus erwartet wird, wenn man uns den See zeigt. Der See ist ein Kratersee mit hohen Felswänden. An einer Stelle sieht man, wo er zur Regenzeit überfließt und einen etwa 100m hohen senkrechten Wasserfall ausbildet. Bricht dieser natürliche Damm, könnten die Wassermassen des hochgelegenen Lake Nyos ein Gebiet bis zur 60 Kilometer entfernten nigerianischen Grenze überfluten und Tausende Menschen töten. An dieser Stelle ist auch das Gas runter geflossen. Seitdem Gasausbruch ist das Wasser braun.


Die Japaner und die Holländer (!) haben Warnstationen angebracht und erforschen hier eifrig den Vulkanismus. Uns ist das alles Irgendwie unheimlich, wir atmen nur flach.
Mal wieder habe ich nur großes Geld und drücke den drei Uniformierten 5000CFA in die Hand, viel zu viel. Daraufhin laden sie uns zum Essen ein, in ihrer Baracke am Rande des Sees. Einer hatte gerade Hühnchen mit Reis gekocht, was wir jetzt bekommen. Auf die Frage, was sie denn machen, wenn die Warnsirenen einen neuen Gasanbruch vermelden, erzählen sie, dass sie ganz schnell die Berge hinaufklettern werden, um dem schweren Kohlendioxyd zu entkommen.
Wir fahren den steilen Berg wieder hinab und kommen nach Mbot. Direkt an der Piste steht der Fon-Palast. Als wir aussteigen, um das Gebäude, das mit afrikanischem Graffiti bemalt ist, zu fotografieren, kommt sofort ein Wärter, der uns bedeutet, wir benötigen die Erlaubnis des Fons. Also marschieren wir zum Fon. Ein großer gewichtiger Mann in traditioneller Kleidung, der uns huldvoll die Fotoerlaubnis erteilt. Wir sollen seinem Wächter dann etwas Geld geben. Ich hab es geahnt! Außer ein paar Münzen habe ich nur noch große Scheine im Portemonnaie. Er bekommt die Münzen und ist natürlich nicht zufrieden. Auch ein alter Mann kommt an und will Knete. Ich erzähle ihm, wir seien gleich alt, und wegen unseres Alters habe er kein Geld und ich auch nicht, das sei somit der Altersarmut. Die Logik leuchtet ihm nicht ein.

 


 

Wir fahren in Ndu die bessere Piste und verlassen damit irrtümlich die Ringroad. Die Piste wird immer besser, ist breit und geschottert, bis zu einer Zollkontrolle. Die Zöllner machen uns klar, dass es hier direkt nach Nigeria geht, da kommen wir gerade her. Sie schicken uns auf eine Piste nach Foumban. Da wollten wir eigentlich sowieso hin. Die Piste ist schlecht, nur so breit wie der Toyo. Und trotzdem stoppt uns da ein Polizist, der seinen Kumpels, die ihm über die Schulter gucken, zeigen will, welch einen Autoritätsperson ein Polizist ist. Er kontrolliert den Führerschein, international, die Zulassung, international, beide Papiere haben viele leere Blätter, ich will ihm zeigen, wo er denn die Angaben über das Auto findet. Arrogant wiegelt er ab, er könne lesen. Er kontrolliert das Carnet des Passages (hat er wahrscheinlich noch nie vorher gesehen) Ich sage ihm, dass die Gelbfiberimpfung zwingend vorgeschrieben sei, die müsse er noch kontrollieren, gute Idee. Er bekommt die Impfpässe und blättert sie mit wichtiger Miene durch. Die Schnöselkumpel sind beeindruckt. Am längsten verweilt er bei der Tollwutimpfung. Ich gucke wichtig, er guckt wichtiger und stellt fest, alles sei perfekt. Nun will ich ihm noch den Versicherungsschein andrehen. Da merkt er, dass er verarscht wird, ist aber nicht sauer, lacht und lässt uns fahren, um die nächsten Stunden mit den Schnöselkumpels auf ein Fahrzeug zu warten, dass vielleicht hier vorbeikommt.
Wir erreichen die Hauptpiste bei Magba und fahren nach Norden. Diese Piste ist die einzige Verbindung in den Norden Kameruns. Die sollte ja nicht ganz so mies sein.
Dank den Holländern, die wir nicht kennen, die aber Waypoints in ganz Afrika aufgezeichnet haben finden wir einen idealen Schlafplatz. Dort werden wir nicht gefunden und haben die ganze Nacht Ruhe (elender Metronomvogel!!)
N6.01897 E11.32220


Tag 130

04.02.2012 Samstag

Zurück auf die Piste nach Norden. Ca. 30 km vor Bankim beginnt das Elend. Die Piste wird zum Horror. Tiefe Auswaschungen, in denen der Toyo bis zu Hälfte versinkt und Staub. Die Kameruner bewältigen alles flott mit ihren Corollas und hinterlassen Staubwolken, die ein Weiterfahren erst einmal verhindert. Der Staub ist so dicht, dass man, nachdem die Corolla vorbeigeknallt ist, noch 20cm weit sehen kann. Wir „tragen“ den Toyo über die Piste; denn er soll ja noch ein wenig länger halten, wir wollen ihn hier nicht kaputtfahren. Wir erreichen Banyo nach 122 km und acht Stunden Fahrt.


Auch in Banyo gibt es nur Erdstraßen, der Staub ist entsprechend. Alles ist mit einer roten Schicht bedeckt, die an den Händen klebt und alles verdreckt.
Freundlicherweise gibt es in Banyo eine katholische Mission, die wir anfahren.
N6.74427 E11.79772
Auf dem Gelände der Mission gibt es eine Schule und einen Fußballplatz. „Tausende“ von Kindern springen rum, wir sind die Attraktion. Wir suchen den „Père“. An seinem Office hängt eine Glocke, wir glockeln. Nichts rührt sich. Als wir in den Versammlungsraum gehen wollen, wo der Chor übt, öffnet sich die Tür. Père ist ein sehr junger Priester, der offensichtlich gepennt hat. Er bietet uns ein Gästezimmer an und versteht erst gar nicht, dass wir im Auto schlafen wollen. Es gibt für uns eine Dusche und ein WC.
Weil auf dem Fußballplatz noch gebolzt wird, stellen wir uns an den Zaun direkt an die Straße. Ein fataler Fehler, den wir eigentlich hätten vermeiden müssen. Erst einmal kommen die Kinder hinter das Auto und lassen uns keinen Platz zum wirtschaften. Nachdem ich sie nach einiger Zeit verscheucht habe, versammeln sie sich hinter dem Zaun. Es werden sogar Steine angeschleppt, auf die sie sich stellt, um besser über den Zaun blicken zu können, um uns zu beobachten. Wir erwarten hoffnungsfroh den Sonnenuntergang, damit das Publikum verschwindet. Trotz der Zuschauer verbringen wir eine relativ ruhige Nacht.


Tag 130

05.02.2012 Sonntag (heute hat RLM Geburtstag, meinen allerherzlichsten Glückwunsch. Sie teilt mit, dass ein Mitarbeiter der Firma Bilfinger in Nigeria entführt worden sei)

Trotz Sonntag glockelt es erst um 8:00 Uhr. Klar der Père will ausschlafen. Dann allerdings füllt sich der Platz mit den schönsten, blankgeputzten Autos Banyos und den rausgeputztesten Frauen, die zur Messe kommen. Sie stelzen in Highheels über die Steine ohne sich die Haxen zu brechen. Die Herren haben den feinsten Zwirn an, tragen protzige Uhren und schwere Ketten und sind ganz „Würde“. Die Messe dauert zwei Stunden. In dieser Zeit wird von vielen ab und an die Kirche verlassen, um einen Plausch auf dem Gelände zu halten und die seltsamen weißen Vögel zu betrachten, die dort hinter ihrem Auto sitzen und frühstücken.


Wir fahren in die Stadt zum Einkaufen. Eine staubige Stadt ohne Asphaltstraßen. Die Eingangstreppe zum Markt ist beim letzten Regen abhanden gekommen, weshalb der Eintritt zur Kletterpartie wird. Es stört keinen.
Der Metzger bietet frische Rinderleber mit wenigen Fliegen an. Wir erstehen ein Stück und können ihn gerade noch davon abhalten, es zu zerhacken. Die Leber kommt in den Kühlschrank und wir machen uns auf die Suche nach einem kühlen Bier und werden fündig. Neben der Kneipe brät einer meine geliebten Spießchen auf dem üblich verdreckten verrosteten Holzkohlengrill. Ich kann nicht anders und kaufe 6 Stück lauwarme. Er wickelt sie in Zeitungspapier ein. Sie schmecken nicht, bestehen aus unkaubaren Sehnen, die ich in Gänze verschlinge und mit Bier runterspüle. Ein weiterer fataler Fehler. Weil wir hier in einer überwiegend muslimischen Gegend sind, kaufen wir vorsichtshalber in der Kneipe 6 Flaschen Bier zum Leber-Abendessen.
Danach fahren wir ein Stück auf der Piste, weiter in Richtung Ngaundere, um zu testen, ob sie fahrbarer wird. Tut sie nicht. Unser Entschluss umzukehren steht fest. Die Zeit, die wir bis zum Nationalpark am Tschadsee benötigten, würde die Zeitvorgabe unseres Visums sprengen.
Zurück bei der katholischen Mission herrscht himmlischer Friede und Ruhe. Wir stellen uns mit dem Toyo auf den Bolzplatz, waschen Wäsche und verbringen einen ruhigen Resttag. Die Leber nach Berliner Art abends schmeckt köstlich, mit vielen Zwiebeln, leider ohne Äpfel.

 


Tag 132

06.02.2012 Montag

Während wir frühstücken, beginnen Kinder vor dem Versammlungsraum zu singen. Immer mehr Kinder in Schuluniformen versammeln sich dort. Die ganz Kleinen in blau-gelben, die größeren in blauen Uniformen.
Vor dem Gebäude ist eine Art Bühnenplatz eingerichtet, vor dem ein Tisch steht, hinter dem wichtig aussehenden Menschen sitzen. Davor stehen, singen, tanzen Kinder. Ein Ansager kündigt jeweils die nächste Gruppe an, natürlich über Lautsprecher. Alles muss hier möglichst laut sein.
Ich stelle mich hinter die kleinsten Zuschauer, die von ihrem Lehrer animiert werden, mitzusingen und -zu tanzen. Kurz darauf kommt ein kleines Mädchen zu mir und bittet mich, ich solle vorne am Tisch mit Platz nehmen.


Nun sitze ich vorne bei den Wichtigen und bekomme ein Programm in die Hand gedrückt.
Bei Tanz- und Singvorträgen werden den besten Mädchen Geldscheine oder -münzen von den Zuschauern auf die Stirn gepappt, die später in einem Korb gesammelt werden.
Die Vorstellung dauert zwei Stunden und war ein Fest der Jugend zur Förderung der Einheit Kameruns. Kaum ist der letzte gemeinsame Gesang aller Gruppen verklungen, springen die Wichtigen in ihre Autos und verschwinden. Mir wird das Mikrofon vor die Nase gehalten und ich erkläre, wie glücklich wir sind, in Kamerun zu sein.


Wir packen unter den Augen von hundert Kindern ein, müssen tausend kleine Hände drücken, alle schreien „bon voyage“ und wir suchen „Père“. Der hat den ganzen Trubel verpennt und wir wecken ihn mal wieder. Er will keine Bezahlung haben, was wir gerne annehmen und wir verschwinden zurück auf die Horrorpiste, die wir ja nun schon kennen.
Am ersten Polizeiposten werden wir freundlich auf Deutsch begrüßt und werden gefragt, wo wir denn übernachten wollen. Als ich erzähle, dass wir im Busch schlafen, sind die Jungens sehr überrascht und warnen uns vor den Gefahren und fragen nach unseren Waffen. Wir haben keine. Wir sollten auf jeden Fall bei der Polizei vorher ankündigen, wo wir im Busch stecken, damit sie zu Hilfe eilen können, falls Gefahr droht. Diese Fürsorge ist geradezu rührend.
Am Abzweig zu unserem Schlafplatz, den wir schon auf der Hinfahrt nach Banyo benutzt hatten, herrscht reger Betrieb, so dass wir hier nicht unbemerkt verschwinden können. Wir fahren eine Piste zum Stausee, dort wo der Mungo gestaut ist. Hinter der Staumauer führt eine Piste den Fluss entlang, auf dem Fischer in Einbäumen ihre Netze auswerfen. Wir beschließen direkt an dieser offensichtlich wenig befahrenen Piste zu nächtigen.
N6.03445 E11.29434
Sigrid bereitet einen schmackhaften Avocado-Salat.
Und dann erwischt es mich zu zweiten Mal.
Ich muss des Nachts raus, hinter den Busch im Busch. Ich hocke am Flussufer, welches hoffentlich zu steil ist, als dass Krokodile rauskrabbeln könnten. Mir geht es schlecht. Endlich kann ich ein wenig schlafen und mich plagen Alpträume, dass mich ein Krokodil beim Scheißen frisst.


Tag 133

07.02.2012 Dienstag

Der Morgen graut, ich trinke ein wenig Kaffe, schlucke die große Dosis Stulmisan. Ohne Erfolg.
Die papierenen Überreste meiner nächtlichen Defäkation versuche ich zu verbrennen und entfache einen Buschbrand. Ich hüpfe wie Rumpelstilzchen in den Flammen umher, um sie auszutreten.
Wir fahren in Richtung Foumban. Mir geht es immer schlechter. Ich versuche in Foumban aus einem Geldautomaten Geld zu ziehen. Es funktioniert nicht beim ersten Automaten, ich torkele zum zweiten, auch nichts. Ich versuche es mit der Visacard der Postbank und siehe es klappt. Wir befürchten, dass jemand das Konto der Barclaycard leergeräumt hat, haben aber keine Telefonverbindung, so dass wir nicht Meike anrufen können, damit sie sich darum kümmert.
Ich fahre zunehmend fiebrig bis Bafoussam. Ohne zu handeln, das kann ich gar nicht mehr, mieten wir ein Zimmer im Hotel Linda (10.000CFA).
N5.49901 E10.3954.
Um 15:00 Uhr packe ich mich auf das knochenharte Bett und liege dort, wie eine Patte. Irgendwann bekomme ich Schüttelfrost und ziehe die Skiunterwäsche an. Sigrid isst im dortigen Restaurant. Sie kann den Typen nicht klarmachen, dass sie nur eine Portion haben will und bekommt einen riesigen Berg Reis mit Hühnchen.
Das Hotel ist, völlig unüblich, still in der Nacht.


Tag 134

08.02.2012 Mittwoch

Mir geht es etwas besser. Das Frühstücksomelett rühre ich nicht an. Ich ändere die Medikamentation und steige von Stulmisan um auf Imodium.
Wir fahren durch eine wunderschöne Gebirgsgegend auf guter Asphaltstraße am Mount Cameroon entlang, der versteckt sich in den Wolken, nach Limbe ans Meer und finden, den unbekannten Holländern sei Dank, das Miramare Hotel, wo Camping möglich ist. N4.01153 E9.20013


Ein tschechisches Backpackerpärchen kommt auch gerade an.
Das Hotel liegt direkt am Meer mit Blick auf die Bucht und die kleinen Inseln darin und mit unverbaubarem Blick auf die Bohrinsel, 300m vor der Küste. Die funktioniert nicht, steht dort mitten im Meer als Bauruine. Es gibt einen Swimmingpool und für uns wird ein Zimmer mit Dusche und Toilette aufgeschlossen. 5000 CFA!


Mir geht es wieder einigermaßen, ich trinke Bier und esse Fisch im Restaurant, Sigrid isst Hühnchen. Die Rechnung haut uns um. Die wollen 11500CFA haben.
Die Nacht ist gemischt. Es regnet. Ein angeketteter Hund ist ruhig, dafür fahren Autos auf den Parkplatz, aus denen Kanister ausgeladen werden, andere Autos kommen, in die die Kanister eingeladen werden. Wir vermuten einen Schwarzmarkt mit nigerianischem Sprit; denn schließlich kommt in Limbe die Fähre aus Calabar (Nigeria) an.
Ich erreiche Meike per Telefon und bitte sie, den Barclaykontostand abzurufen. Nach einer Stunde rufe ich wieder an. Rene und Meike haben erst die Zugangsdaten zur Barclaybank nicht gefunden, dann die falschen eingegeben. Darüber kriege ich Pickel, zusätzlich zum Durchfall.
Ich simse den beiden noch einmal die Zugangsdaten.
In der Zwischenzeit hat Rene das Problem in die Hand genommen, bei den Barclayfritzen angerufen, sich ausgegeben als Otto Muhs und erfahren, dass die meine Karte gesperrt haben, weil es ihnen seltsam vorkam, dass aus so vielen verschiedenen Ländern so viele verschiedene Währungen aus dem Automaten gezogen werden. Rene veranlasst, dass die Karte wieder freigeschaltet wird.
Später bekomme ich von Carmen den Brief als *.tif, den Barclay an mich zu Hause geschrieben hat, in dem mitgeteilt wird, dass sie die Karte ab sofort sperren. Über so viel Fürsorge kann man sich doch nur freuen.

 


Tag 135

09.02.2012 Donnerstag

Wir putzen das Auto und versuchen den roten Staub einigermaßen rauszubekommen. Er klebt überall, knirscht in den Scharnieren und den Zähnen.


Mit geputztem Auto fahren wir in die Stadt zum Einkaufen. Die Stadt besteht hauptsächlich aus Kneipen, die gut gefüllt sind. Wir finden den Fischmarkt, aber keinen Obst- und Gemüsemarkt, nur Kneipen. Bei einem Kramladen kaufen wir überteuerte Möhren und setzen uns erst einmal auf ein Bier in eine Kneipe. Meine hohe Dosis Imodium hat mir den Darm zugemauert.
Neben uns setzen sich zwei Zuhältertypen. Es ist schon erstaunlich, was die Typen hier treiben, um sich von andern zu unterscheiden. Die goldene Armbanduhr ist so groß wie Omas Standuhr, die Edelstahlkette gehört eigentlich an einen Zebubullen. Mit cooler Gestik dirigieren sie die Fans, die sich ehrfürchtig nähern.
Gegenüber der Kneipe bruzzelt jemand Schweinefleisch. Die richtige Beilage für unsere Möhren. Wir kaufen 6 Stücke fettes Schweinefleisch, bereits vorgekocht, dass Sigrid abends in die Möhrensuppe schmeißt. Ich esse mit Genuss, das letzte Mal für lange Zeit. Wie kann man nur so blöde sein, auf einen nicht auskurierten Durchfall so`n Zeug zu essen.
In der Nacht trifft ein türkischer Motorradfahrer ein, Vesil, aus Istanbul.
Die Kanisterschlepperei wird auch diese Nacht fortgesetzt.

 

 

Tag 136

10.02.2012 Freitag

Allen, die mir zum Geburtstag gratuliert haben, und das sind viele, meinen herzlichen Dank. Ich habe mich riesig gefreut und gleichzeitig geärgert, weil so viele auf mein Wohl trinken wollen und ich mal wieder wegen der Störungen in meinem Verdauungssystem zu platt bin, um mit zu trinken. Meine bis hierher mitgenommene Flasche Talisker bleibt verschlossen. Ich leide!

Sigrid weicht Wäsche ein, wir fahren, nachdem ich eine gehörigen Dosis Imodium eingenommen habe, in die Stadt in ein Internetcafé. Kaum sind wir dort gießt es in Strömen. Die Moppedtaxis sind gerüstet. Sie spannen einen über den Rücksitz verlängerten Regenschirm auf und brummen weiter.


Das Internetcafé ist eine düstere Bude im ersten Stock eines verkommenen Hauses. Die Computer sind neu, bei meinem Stuhl ist die Lehne abgebrochen. Die Verbindung ist so schlecht, dass wir es nach zwei Stunden nicht geschafft haben, den Kontostand abzurufen.
Nebenan sitzen zwei Schnösel an den Computern, die zwischendurch mal einschlafen. Wir geben nach zwei Stunden auf.
Zurück am Hotel erzählt uns Vesil, dass es hier einen affenschnellen Wirelesslan gibt, der ungesichert und kostenlos zu benutzen ist. Man muss nur ins Restaurant gehen. (Wie blöd müssen wir eigentlich sein) Ich trinke überteuertes Malzbier, von wegen der Nährstoffe und des Wohlbefindens.
Es hat aufgehört zu regnen, Sigrid hängt die Wäsche auf.
Fritz und Gitta, ein Paar, 15 Minuten älter als wir, haben den Mount Cameroon bestiegen, den wir immer noch nicht gesehen haben. Sie sind aus dem Allgäu und freuen sich auf die Kälte zu Hause, weil sie Skifahren wollen. Was sind manche Leute gut drauf! Später hinterlassen sie mir ihre Reserven an schluckbaren Elektrolyten zur Stabilisierung meiner Gesundheit.
Zum Abendessen nasche ich ein wenig Brühe. Beim Duschen erschrecke ich mich über mein „Choleragesicht“, das mir aus dem Spiegel entgegenblickt.
Eduard aus Barcelona trifft auf einer BMW 1200GS ein und baut ein riesiges Zelt auf. Gemeinsam mit Vesil wollen sie am nächsten Tag den Berg besteigen. Einen Tag hoch, den nächsten wieder runter (wir haben ihn immer noch nicht gesehen)
In der Nacht jault der angekettete Hund ohne Unterlass. Mir reicht’s. Ich mache ihn von der Kette los und das Vieh saust ab wie eine Rakete. Am nächsten Morgen haben sie ihn eingefangen und wieder angekettet.
Es war im wahrsten Sinne des Wortes, ein Scheißgeburtstag.

Ihr wundert Euch, dass Sigrid so wenig auftaucht. Ganz einfach: sie ist robuster als ich, pflegt mich, hilft, flippt nicht aus und ist der beruhigende Pol. Ohne sie ginge die ganze Tour in die Hose. Besonderen Dank an Hasen.

Tag 137

11.02.2012 Samstag

Nachdem Aufstehen versuche ich ein wenig Brot zu essen.
Gitta und Fritz verabschieden sich, sie fliegen nach Hause.
Wir gehen ins Restaurant, wegen des Internets.
Das Tor zum Hotel wird geöffnet und gegen Entgelt wird für die Jugendlichen und Kinder der Swimmingpool geöffnet. „Tausende“ strömen herein, sie lassen uns zufrieden, betatschen auch nur wenig den Toyo.


Gegen 17:00 Uhr bin ich so weit, in das etwas höher gelegene aber billigere Restaurant zu gehen und dort ein Malzbier zu trinken. In der wirklich guten und sauberen Konditorei kaufen wir Brot. Zum Abendessen gibt es Spaghetti mit ein wenig Ei. Ich kriege drei Löffel runter.
Wir setzen uns ein wenig ans Meer. Schon kommt die Kellnerin. Sigrids Bier und mein Malzbier kosten 2500CFA. Die spinnen hier!
Dafür lasse ich auch den jaulenden Hund wieder von der Leine, nachdem Sigrid den nächtlichen Telefonierer direkt neben dem Toyo verscheucht hat, der uns vom Schlafen abhielt.
Eduard kommt mit dem Motorrad zurück und fällt um. Ich springe aus dem Bett, um ihm zu helfen, weil ich denke er ist total erschöpft. Nein, er hat die Wanderung auf den Berg (den wir immer noch nicht gesehen haben), abgebrochen wegen Knieproblemen. Wir wuchten die GS wieder auf, wobei ich mich anstelle, als hätte ich noch nie ein Motorrad in der Hand gehabt. Naja, in meinem Zustand bin ich sowieso keine große Hilfe.

Eduardos Knie schmerzen. Er hat den Aufstieg nicht geschafft, jetzt humpelt er durch die Gegend. Vesil ist wohl hochgekraxelt, wir erwarten ihn morgen zurück.

 

Tag 138

12.02.2012 Sonntag

Wir fahren nach Limbe und setzen uns in ein gut besuchtes Restaurant am Strand mit Blick auf die Bohrinsel.
Am Strand sind zwei Pferdevermieter unterwegs. Auf die Gäule setzen sich die Damen der Gesellschaft, werden ein wenig am Zügel geführt (die Pferde, mit den Damen obendrauf) und fotografiert. Wir werden auch fotografiert, während wir einen Fisch essen -Sigrid isst mit- und ich meine Malzbier trinke. Auch hier haut uns die Rechnung um.
An der Küste entlang fahren wir in Richtung Nigeria, in der Hoffnung einen Blick auf den Berg werfen zu können, der immerhin von 4000 m Höhe hier direkt aus dem Meer aufsteigt.
Aber erst einmal bezahlen wir die Straßenbenutzungsgebühr von 500 CFA. Autofahren auf Teerstraßen ist hier richtig teuer.


Wir finden tolle Hotels am schwarzen Sandstrand, ein Schiffswrack und am Ende der Straße den Ort Idenao, wo die Straße aufhört und ein seltsames verfallenes Fabrikgebäude steht, dessen Sinn sich uns nicht erschließt. Überall werden wir völlig ignoriert, kein Geschrei „Weiße“ oder Ähnliches, fast unheimlich.


Wir fahren zurück und der Straßengebührkassierer kassiert wieder. Ich versuche zu diskutieren und ihn davon zu überzeugen, dass man nur einmal pro Tag bezahlen müsse, doch er schneidet mir das Wort ab und meint, auch wenn ich fünfmal am Tag diese Straße führe, habe ich fünfmal zu bezahlen.
Zurück am Hotel finden wir Eduard, der Webdesigner ist, natürlich im Restaurant, im Internet, wo er seine Homepage pflegt.
http://www.ridetoroots.com
Wir gehen zusammen Essen, in das etwas weniger teure Restaurant, wo ich mein Malzbier trinke und wir einen herrlichen Blick auf die Bohrinsel haben.
Als wir vom Essen zurückkommen, steht Vesil ziemlich verzweifelt vor seinem Zelt, an dem zwei Stangen gebrochen sind. Irgendein Idiot ist wohl auf das Zelt gefallen und hat die Stangen zerbrochen. Das Zelt ist eine Ruine. Eduardo und ich versuchen mit viel Tape die Stangen soweit zu flicken, dass das Zelt benutzbar wird, während der von der Bergsteigerei völlig erschöpfte Vesil etwas isst. Später legt er sich in seine Zeltruine.
Den Hund lasse ich von der Kette. Er wartet schon vor seinem Edelstahlschrank mit ausgerissenen Türen, in den er sich sonst kettenrasselnd reinlegt.


Tag 139

13.02.2012 Montag

Es reicht uns in Limbe. Den Berg haben wir nicht zu Gesicht bekommen, wir fahren nach Buea, das 100km entfernt ist und 1000m höher liegt.
Die Straße führt zu einem afrikanischen Höhentouristenort, mit allem Trubel, den man aus den Alpendörfern gewohnt ist, eben nur afrikanisch. Das heißt: lauter, dreckiger, vergammelter und chaotischer. Irgendwie kommt die Erinnerung an Cortina auf, als ich den Toyo im ersten Gang durch den anarchistischen Verkehr steuere. Hier soll es mal wieder eine presbyterianische Mission geben, für uns ein beliebter Anlaufpunkt. Wir finden sie. N04.16167 E009.2329


Die Mission liegt am Berg an steilen Hängen. Die Wege bestehen aus kindskopfgroßen Lavabrocken über die der Toyo mühsam holpert. Wir werden zum Guest House geführt, das verschlossen ist. Also einen weiteren Weg hoch (japs, keuch) zum Verwalter. Der erklärt, dass er 2000 CFA pro Person haben will, dafür dürfen wir die Küche benutzen.
Zurück am Guest House sind eine Vielzahl anderer Gäste eingetroffen, die diskret die Camper vor der Haustür beäugen. Wir äugen zurück, weil sie sich alle mal wieder besonders hübsch gemacht haben. Immer wieder sehenswert, die Damen in Stöckelschuhen, die über die Lavabrocken stöckeln.
Wir stellen den Toyo an den Abgrund, der durch eine Mauer gesichert ist. Als ich das Dach aufklappe, kann ich über die Mauer sehen und unter uns eine „Mietkaserne“, vor der sich das Leben tummelt, denn dort ist der Brunnen.


Es ist früh und wir gehen zu Fuß ins Dorf, ich trinke mein Malzbier Sigrid ein Bier.
Zurück am Auto kochen wir in der Küche (nach dem Motto: spare deine Ressourcen) und wir finden im angrenzenden Aufenthaltsraum eine Anzahl von deutschen Büchern. Eines davon ist aus der Bibliothek eines deutschen Seemannsheimes in Brasilien. Die Biografie von Franz Beckenbauer. Ich klaue sie.
Die Duschen und Toiletten werden von allen Gästen benutzt. Sie sind nur schwer abschließbar, was spät in der Nacht zu einer gespenstigen Begegnung führt, als ich mich- doch immer noch vom Dünnschiss geplagt- dort aufhalte und eine verstörte Dame unbedingt mit auf mein Klo will. Sie erschreckt sich so sehr, als ich sie mit der leuchtenden Stirnlampe und heruntergelassener Hose auf dem Schont sitzend ansehe, dass ihr Gesichtsfarbe von Ebenholz zu Eschenholz wechselt.
Bis Mitternacht wacht der soziale Wohnungsbau unter uns. Dann hört der Krach schlagartig auf, bis um 4:00 Uhr, als der allahu akbar schreit (wir werden haben das Gefühl, dass wir ihn nie wieder los werden) Dann erwacht der soziale Wohnungsbau schlagartig mit Getöse bis 6:30Uhr, dann, als sei der Schalter umgelegt: Ruhe, dafür 15 Minuten später lautes Frohlocken in der Kirche.

 

Tag 140

14.02.2012 Dienstag

Wieder benutzen wir die Küche des Guest House, um Frühstück zu bereiten. Wir lassen uns Zeit und frühstücken gemütlich im Aufenthaltsraum. Die anderen Gäste verlassen in der Zwischenzeit das Haus und schließen uns ein!
Dem presbyterianischen Gotte sei Dank ist die abgeschlossene Tür eine Flügeltür, die sich nach Entriegelung aufdrücken lässt.
Zur Strafe klaue ich noch ein Buch. (Zwei von uns bereits gelesene, stelle ich ins Regal.)
Wir bezahlen erstaunlich wenig 2000CFA und machen uns auf den Weg nach Yaounde.
Wir haben beschlossen, Douala und das deutsche Seemannsheim dort nicht zu besuchen. Die Horrorgeschichten über Carnapping an den Ampeln und Überfällen auch am Tage in Douala haben uns vorsichtig werden lassen.
Endlich funktioniert die gekaufte Software „tracks4africa“ und navigiert uns sauber durch Douala und bis nach Yaounde. Die Straße ist als Autobahn eingezeichnet. Weit gefehlt, es ist eine gut ausgebaute Asphaltstraße mit viel Verkehr. An einer der üblichen Mautstationen versucht Sigrid eine alte Frau zu fotografieren, die Kokosnüsse mit einer riesigen Machete schält. Die bekommt das mit und flippt aus. Kommt ans Auto gerannt, schwingt die Machete. Sigrid sagt freundlich „nix passiert“, was die Alte papageienhaft wiederholt. Sie will die Kamera haben, wir drehen das Fenster zu und sie klopft solange mit ihrer Machtet dagegen, bis wir endlich durch die Mautstation fahren können. (Mautstation: einer steht auf der Straße und verkauft für 500 CFA Zettel und drumherum stehen 1000 Straßenverkäufer, die dich anfallen und ihre Waren, vom Babyschnuller bis zur Ananas, ihre Arme durchs Fenster strecken und dir im Auto ihre Waren vor die Nase halten. Es hilft nur Fenster zu und durch.
An den Straßenrändern werden Tierkadaver als „Bush Meat“ angeboten, ein gruseliger Anblick.

Uns begegnen etliche Lastwagen mit Tropenholzstämmen. Drei der gewaltigen Stämme passen auf einen LKW, an dessen Steuer Chinesen sitzen.
 



In Yaounde erinnert das Verkehrschaos an Nouakchott, wo es bisher am schlimmsten war. Hier wird um jeden Millimeter gerungen.


Wir finden eine Konditorei vom feinsten (nicht die einzige in der Stadt, wie wir später herausbekommen) Es gibt dort alle Torten und Kuchen dieser Welt. Die Leute stehen Schlange. Wir kaufen Brot und Kuchen, der köstlich schmeckt. Wir haben Sirupsüße erwartet und erhalten Kuchen nach europäischem Geschmack.
Das Navi führt uns (den unbekannten Holländern sei Dank) zur Presbyterien Mission.
Dort empfängt uns eine Holländerin, die uns zum Camping den Weg weist.
N3.87961 E11.52243
Neben einem wirklich schönen europäischen Klinkerhaus mit Wellblechdach gibt es eine große Wiese, auf der gecampt werden kann. Ein alter dürrer kettenrauchender Franzose, der mit seiner dicken schwarzen Frau in dem Haus wohnt, erklärt uns, dass wir für 4000CFA hier stehen können. Als wir die Formalitäten erledigen wollen, kommen Eduardo und Vesil auf ihren Motorrädern an. Plötzlich hat der Franzose den Preis auf 6500 erhöht. Ich protestiere und er zeigt mir eine offiziell abgestempelte Preisliste. Zumindest erlässt er uns 500 CFA, verlangt aber 10000 Deposit.
Zur Dusche und zur Toilette, muss man die Treppe im Haus heraufsteigen. Alles ist sauber, alles funktioniert, auch wenn das Waschbecken halb abgebrochen ist. Auf der Wiese steht noch ein Behelfsklo, ohne Wasser, das muss ab 20:00 Uhr benutzt werden, was ich leider auch tun muss; denn nach wie vor geht es mir nicht gut. Der Gestank dieses Behelfsklo ist meiner Genesung nicht förderlich.
Eduardo und Vesil richten sich ebenfalls ein. Vesils Kongovisum (Brazzaville), das er sich schon in Istanbul in den Pass hat stempeln lassen, läuft in drei Tagen ab. Mit Sigrids bestem Kugelschreiber fälscht er das Ausstellungsdatum und gewinnt (hoffentlich) einen Monat.
Vesil kann vor Muskelkater vom Bergsteigen kaum laufen und versucht eine Masseuse zu bestellen. Seine Zeltstangen hat er geschient und Hülsen über die Bruchstücke geschoben.
Die beiden humpelnden Bergsteiger suchen ein Restaurant zum Essen.
Wir haben Rumpsteak in einem Supermarkt gekauft, sie schmecken lecker, sind aber nichts für meine Gesundung.
Auf dem Gelände gibt es keinen Wasserhahn, so dass wir das Wasser aus dem Toyo benutzen, das eine seltsame gelbe Farbe angenommen hat. Wir müssen die Anlage unbedingt reinigen!
Es ist seltsam: Je näher wir dem Äquator auf die Pelle rücken, umso angenehmer, kühler werden die Temperaturen. In der Nacht müssen wir uns bis zur Nasenspitze zudecken, um nicht zu frieren.
Die Nachtruhe wird nur von zwei rivalisierenden Hunderudel gestört, aber das nachhaltig.

 

Tag 141

15.02.2012 Mittwoch

Visashopping steht auf dem Programm. Während die beiden Motorradfahrer schon früh abdüsen, um das Gabunvisum zu bekommen, lassen wir uns Zeit und sind froh, dass wir unser seltsames gelbes Toyowasser abkochen und durch den Kaffeefilter gießen.


Die Botschaft von Gabun ist ganz in der Nähe. N03.89430 E 011.51948
Als wir ankommen, kommen die Moppedfahrer raus. Problemlos füllen wir die Formulare aus. Die Gabuner brauchen nur ein Passfoto aber 80.000 CFA pro Person. Wir geben den „Erstpass“ ab, weil wir versuchen wollen, unser dreißig Tage Visum für Kamerun bei der Immigrationsbehörde verlängern zu lassen.
Dank der unbekannten Holländer finden wir das Immigrationsbüro sofort.
Hinter dem Eingang steht eine Uniformierte, die uns ziemlich unhöflich fragt, was wir wollen und unsere Pässe sehen will. Sie findet zwar das Visum für Kamerun, aber nicht den Einreisestempel in Sigrids Pass und wird knurrig. Ich auch. Nachdem ich ihr den Stempel gezeigt habe, erkläre ich, was wir wollen. Sie sagt, dass sei unmöglich und will uns rausschmeißen. Mir reicht’s und ich drängele zu einem Schalter, dort werde ich sofort zu einem anderen weitergeschickt, wo uns eine nette Uniformierte in Empfang nimmt. Die ist sehr freundlich, ich mache mal wieder auf Doof und erkläre ihr, wie gerne wir in diesem wunderschönen Land etwas länger als vier Wochen bleiben würden, aber man lässt uns nicht und sie möge doch so nett sein, unser Visum zu verlängern. (Es ist aber auch zu bescheuert, die ehem. Deutsche Kolonie schmeißt uns nach einem Monat raus.) Sie erklärt uns breit und weit auf Französisch irgendetwas, was ich nun wirklich nicht verstehe und fragt mitleidig, ob ich alles verstanden habe. Habe ich nicht. Also geht es von vorne los, diesmal auf Englisch. Schließlich ist Kamerun bilingual. Also: Für Touristen, die außer dumm in der Gegend rumzustehen und zu gucken und sonst nichts tun, gibt es Einmonatsvisa. Punkt. Eine Verlängerung ist nicht vorgesehen. Aber wir könnten ja ausreisen und mit neuem Visum für einen Monat wieder zurückkommen. Wenn wir allerdings am 02.03. wiederkämen, könnten wir für 8000CFA weitere 10 Tage Aufenthalt in Kamerun bekommen. Das ginge aber nur erst kurz nach Ablauf des Originalvisums. Wir bräuchten auch nicht beide zu kommen, einer reiche, der andere kann ja am Strand in Kribi sitzenbleiben. Tolle Wurst. 300km hin nach Kribi und 300km zurück nach Yaounde. Wir bedanken uns brav und suchen die Botschaft der demokratischen Republik Congo, ehem. Zaire oder Mobutuland oder jetzt kurz DRC.
DRC ist umgezogen, die Koordinaten, die wir haben, stimmen nicht mehr. Aber wir finden sie und stehen vor einem geschlossenen Tor mit Klingel. Brav klingeln wir und warten und klingeln und warten, bis es einem Passanten von der gegenüberliegenden Straßenseite zu bunt wird. Er kommt rüber und schubst das unverschlossene Tor auf. Drinnen erwartet uns eine genervte Dame, die uns als erstes fragt, ob wir Residents seien. Sind wir nicht. Für Nichtbewohner von Kamerun gibt es hier nichts. Auf meine Frage, wo denn vielleicht Deutsche ein Visum für DRC bekomme, zuckt sie mit den Schultern und wir können gehen.
Eine höchst unbefriedigende Ausbeute unseres Visashoppings.
Zurück am Platz, erzählt Vesil, dass sein Angolavisum fertig zum Abholen sei. Bei uns breitet sich Verwunderung aus. Er hat es vor vier Wochen in Accra beantragt und kann es nun in Ghana abholen. Vesil überlegt hinzufliegen, aber der Flug ist zu teuer und DHL mit Kurier kostet stolze 300 Dollar. Er hadert mit sich.
Eduardos neue Reifen sind in Douala beim Zoll angekommen. Der Empfänger ist der Vertreter der hiesigen Pirellivertretung, der gerade in Italien weilt. Eduardo ist verzweifelt. Ich rate ihm nach Douala zu fahren, um vor Ort mit etwas Schmiergeld vielleicht seine Reifen aus dem Zoll zu bekommen.
Ein Australier, Jeremie, hat ein Zimmer in dem Haus des Franzosen. Er ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und hat in Süd Afrika seine Reise begonnen. Er sieht aus, wie aus dem Ei gepellt, während sich doch bei uns die ersten Entmenschungserscheinungen zeigen.
Er verteilt Flyer von Nancy´s Guesthouse in Benguela, Angola. Nancy würde auch Einladungsschreiben versenden.
Wir beschließen, ihr ein Mail zu schicken und sie zu bitten, uns bei der Beschaffung des Angolavisums zu helfen.

 

Tag 142

16.02.2012 Donnerstag  (Weiberfastnacht: Nat, ich denke an Dich)

Ich versuche nach dem Aufstehen den Hahn zu schlachten! Das Vieh hat es verdient.
Es gießt. Wir müssen zum Frühstück unter ein Dach umziehen.
Die beiden Moppedfahrer versuchen ihre Visa, die sie am Freitag bekommen sollen, schon heute zu bekommen. Irgendwie kommen die mir vor, wie auf der Flucht. Sie wollen auf dem schnellsten Weg nach Süd Afrika und schauen nicht rechts noch links. Sie bekommen die Visa.
Wir beginnen uns um die Wasseranlage zu kümmern und reinigen den Vorfilter. Alles ist eng in dem Wasserkasten und ich muss mich verrenken. Nachdem der Vorfilter sauber ist, ist das Wasser wenigstens nicht mehr gelb. Wir gehen ein wenig spazieren. Yaounde reißt keinen Hering vom Teller. Eine große im Verkehr und den Auspuffgasen erstickende Stadt, dreckig, aber sauberer als viele andere, und mit funktionierender Müllabfuhr!!


Tag 143

17.02.2012 Freitag

Ich kriege den Hahn nicht zu fassen, der Hahnbesitzer ist schon verstört und versteht nicht, weshalb ich hinter dem Vieh her bin.

Vesil hat alles zusammen, packt sein repariertes Zelt, springt auf die Jamaha Tenere und ist weg. Er will langsam fahren, damit Eduardo ihn einholen kann. Der will nun doch nach Douala fahren zu seinen neuen Reifen, während wir den Aussichtspunkt mit Blick über Yaounde suchen und zwei Stunden im Verkehrsbrei festsitzen. Den Aussichtspunkt finden wir nicht. Aber ein Internetcafé mit WiFi.
Danach fahren wir nach Gabun, um unsere Visa abzuholen. Wir haben für 80.000CFA pro Person nun die Möglichkeit drei Monate in Gabun zu bleiben.


 

Abends kommt ein überglücklicher Eduardo zurück, mit neuen Reifen auf dem Gepäckträger. Wir freuen uns für ihn und laden ihn zum Essen ein. Schließlich ist er an einem Tag 600km in Afrika gefahren und hat noch 2 Stunden beim Zoll in Douala verbracht. Es gibt Reis mit Hackfleisch. Da wir zu wenig eingekauft hatten, fahre ich noch mit Edouardo auf seiner 1200 GS Adventure (Touratech getunt) zum Supermarkt, um Nachschub zu holen.
Auf dem Nachtklo ist kein Wasser. Ich beneide den nicht, der saubermachen muss; denn ich verbringe mehr Zeit dort, als im Bett.

 

Tag 144

18.02.2012 Samstag

Der Hahn wird überleben, wir fahren heute ab.
Eduardo sucht einen Reifendienst und wir beschließen, die Asphaltstraße bis Edea zurückzufahren und dann nach Kribi abzubiegen.


Die Straße ist die Hauptverbindung zwischen den beiden Zentren Douala und Yaounde und entsprechend befahren. Am Straßenrand werden an Angeln oder kleinen Galgen Bushmeat angeboten. Das Angebot reicht von Affenkadaver über kleine Antilope bis Baumratte.
Kamerun ist ein seltsames Land. Es hat die bis jetzt mit Abstand besten Asphaltstraßen und mit Abstand die schlechtesten Pisten
Wir kommen nach Kribi, einem richtigen Touristenort mit vielen weißen Menschen und guten Hotels. Den Stellplatz unserer holländischen Freunden finden wir nicht und fragen im Hotel Costa Blanca nach, bei einer weißen Frau. N3.02422  E009.95828 Die holt ihren schwarzen Mann. Wir hatten gesehen, dass das Hotel einen weiten grünen Hof hat, der sich ideal für uns eignen würde. Es ist wohl das erste Mal, dass jemand nach der Campingmöglichkeit fragt. Ja, es sei möglich und koste 10.000 CFA. Ich schlage 6000 vor und er akzepiert. Nun hoffe ich auf das schöne weite Grün direkt am Meer. Weit gefehlt. Dieser Garten gehört zu einem Privathaus und wir müssen uns auf dem miefigen Parkplatz in die Ecke drücken. Zum Duschen wird uns als erstes ein Zimmer aufgeschlossen mit Meeresblick, gut eingerichtet mit Warmwasserdusche. Der Aushang an der Tür zeigt, dass es 53,--€ kostet. Danach bekommen wir ein Zimmer aufgeschlossen, in dem offensichtlich der Nachtwächter haust, mit Dusche und Toilette.
Uns wird erzählt, dass es eng werden wird auf dem Parkplatz, da im Hotel ein Konzert stattfinde.
Wir trinken eine Cola (ich) und Sigrid ein kleines Bier und werden 2000CFA los. Das war das letzte Mal, das wir dort etwas verzehrt haben. Das Hotel hat einen eigenen Strand und Liegen, die wir gerne benutzen und der schwarze Hausherr ist rührend um uns besorgt.


Wir kochen irgendetwas Magenschonendes für mich. Nach wie vor fühle ich mich mies und gehe ins Bett, während auf dem winzigen Miefparkplatz die Autos rangieren. Ich liege schon, da kommt zu Sigrid jemand, der uns einlädt zu dem Concert. Sigrid versteht Bahnhof, er wünscht auf Englisch eine gute Nacht. Obwohl irgendein Trottel es nicht geschafft hat, die Alarmanlage seines Autos zu töten, ist es relativ ruhig und ich ärgere mich, dass wir das Concert eines Chores versäumt haben. (Mir ging es wirklich nicht gut)

 

Tag 145

19.02.2012 Sonntag

Der Sonntag ist erfahrungsgemäß der ruhigste Tag in Afrika.
Die Hotelgäste sind bis auf einige ältere weiße Herren mit jungen schwarzen Begleiterinnen verschwunden.
Die Wasseranlage muss gereinigt werden: Es hat mich doch sehr erschüttert, als das Kaffeewasser eine peinliche Urinfarbe aufwies und sich ein gelber flockiger Rand nach dem Aufkochen am Topfrand absetzte.
Ich baue die Kanister soweit auseinander, dass Sigrid mit ihren schlanken Händen, die Kanister reinigen kann. Einen neuen sauberen Schwamm hatten wir bereits bei einem Straßenverkäufer erstanden. Sie schöpft das Restwasser aus den Kanistern: es ist eine undurchsichtige gelbbraune Brühe. Mir wird noch übler als bisher. Wir reinigen die Filter. Der Aktivkohlefilter ist gelb. Wir schrubben ihn, bis sich die Kohle zu lösen beginnt. Neues Wasser rein und siehe-oh Wunder-die Anlage ist nach meiner Schrauberei auf Anhieb dicht und ich habe mich nicht verletzt. Auf einmal produziert die Pumpe einen richtigen fetten Wasserstrahl, na wenn das nichts ist. Leider kann ich die Schläuche nicht mit einer Reinigungslösung spülen, so etwas gibt es nicht in Centralafrika.
Sraßenverkäufer: Setze dich in eine Bar oder Bretterbudenkneipe an den Straßenrand und warte. Kopfladenverkäufer tragen alles vorbei, was du benötigst oder demnächst benötigen wirst. Schuhverkäufer sehen am drolligsten aus, weil sie nur einen Schuh auf dem Kopf balancieren. Tuchverkäufer sehen aus wie ägyptische Mumien. Sie packen sich die Tücher auf den Kopf, die dann gefaltet rechts und links bis auf die Schultern hängen. Mittagessenverkäuferinnen, sie tragen eine Schüssel auf dem Kopf mit mehreren kleinen Schüsseln, Tellern und Spülwasser auf dem Kopf. Der Beste allerdings, hatte nichts auf dem Kopf aber eine halbvolle Flasche mit klarer Flüssigkeit in der Hand und ein Schnapsglas, mit dem er gegen die Flasche klopft. Ein Schnapsverkäufer! Den Schnaps konnte ich nicht verkosten, nie habe ich meine Darmverstimmung mehr verflucht.
Wir genießen den Restsonntag in Liegestühlen am Meer.


Ich gehe schwimmen. Die Wassertemperatur muss etwas über 30 Grad betragen. Mein geklautes Buch „Paarungen“ von Schneider, ist Klasse. Wieso kannte ich den noch nicht?
Meine Genesung lässt auf sich warten, obwohl ich jetzt streng Diät esse und Sigrid beim Biertrinken zusehe. Kann man sich noch mehr kasteien? Direkt am Meer, die Fische und Shrimpse springen bereits gebraten aus dem Wasser und ich esse Kartoffel-Mohrrüben-Eintopf ohne Fleisch und trinke meinen Zitronentee.
Wir schlafen auf dem stickigen Parkplatz und müssen in eine Ecke pinkeln, weil ab 21:00 Uhr das Hotel abgeschlossen wird und die Toiletten damit unerreichbar.

Tag 146

20.02.2012 Montag (Rosenmontag: Nat, ich bin in Gedanken bei Dir)
(Lampes Geburtstag, ich rufe um 9:00 Uhr an. Der Kerl pennt mit Sicherheit noch, nur der Anrufbeantworter springt an. Herzlichen Glückwunsch)

Sigrid findet hinter dem Hotel eine Waschmaschine und sofort keimt der Gedanke auf, zu waschen.
Waschen sei kein Problem. Wir schleppen die Wäsche an, Sigrid stopft sie in die Maschine, eine schwarze Dame hilft ein wenig, wir nehmen unser eigenes Waschpulver und lassen die Maschine laufen. Die 2 Stunden nutzen wir und fahren in die Stadt. Ich halte meine Diät ein. Keinen leckeren gegrillten Fisch, kein Bier. Zwei Stunden später ist die Wäsche von den Hotelkräften aufgehängt. Wir fahren die 15km zu den Lobewasserfällen. Wasserfälle, die direkt ins Meer stürzen sollen. Die Wasserfälle sind nicht zu sehen, aber ein Parkplatz vor einem Restaurant. 20 „Führer“ stürzen auf das Auto zu. Der selbsternannte Parkplatzwächter will 1000CFA. Ich haue den Rückwärtsgang rein, fahre beinahe Sigrid über den Haufen, die gerade aussteigen will und will abhauen. Ich ärgere mich maßlos über diese Unverschämtheit. Plötzlich ist parken „gratuit“ und wir sollen zum Shrimpsessen kommen. In der Kneipe, mit herrlichem Blick aufs Meer, aber nicht auf die Wasserfälle, sitzen etliche Weiße vor gewaltigen Platten mit Shrimps. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen und wir trinken eine ekelhaft süße Limonade. Nach ihrem Shrimpsessen werden die Weißen in Einbäume verfrachtet und zu den Wasserfällen gepaddelt.
Die halbe Stunde paddeln soll 5000 CFA kosten. Wir beschließen, uns in den nächsten Tagen, das Vergnügen zu gönnen.
Dann schauen wir in der Auberge Tara Plage vorbei, die direkt am Meer liegt, wunderschön. Wir würden sofort umziehen, hinge nicht unsere Wäsche noch auf der Leine.

 

Tag 147

21.02.2012 Dienstag

Wir teilen unseren netten Wirtsleuten mit, dass wir heute abreisen. Sie präsentieren uns die Rechnung für die Wäsche. Jedes Kleidungsstück ist einzeln aufgeführt und mit einem Preis versehen. Obwohl wir unser eigenes Waschpulver benutzt haben und Sigrid die Wäsche selber von der Leine genommen hat, beläuft sich die Summe auf 14.000 CFA. (22,-€) Freundlicherweise wurde die Summe auf 10.000 CFA reduziert und, da mir der Wirt noch 2000CFA schuldet, soll ich jetzt 8000 zahlen. Mich haut´s um. Ich zahle und verschweige, dass ich die Parkplatzmiete von 6000CFA für den Tag vorher nicht bei ihm abgeliefert habe.
Wir fahren erst einmal in die Stadt. Die kleine Stadt besteht hauptsächlich aus Restaurants aller Klassen. Die billigen Kneipen sind gut besetzt. Schon zur Mittagszeit ziehen sich die Kammeruner die Biere in den Kopf, Männlein wie Weiblein.
Wir kaufen Brot in der „Boulangerie de Peuple“, einer guten und sauberen Bäckerei und Konditorei und sind mal wieder erstaunt, wie langsam sich junge Frauen bewegen können. Die Kassiererin ist vor Erschöpfung über ihrer Kasse zusammengebrochen und muss von ihren Kolleginnen wachgeschüttelt, damit sie unser Brot abkassieren kann (Baguette: 150CFA= 0,21€).
In der Kneipe nebenan sind wir die beiden einzigen Gäste, die Cola trinken. Wir finden mittags kaum einen Platz, alles strudelt sich die Biere hinein, die Mädels wiegen sich ein wenig laszivbesoffen nach der brüllenden Reggeamusik, die Straßenverkäufer versuchen ihr Zeug an Mann und Frau zu bringen, Weiße sind die bevorzugten Opfer.
Es beginnt zu regnen und es gießt. Die Kneipe wird noch voller.
Nach dem Regenguss ziehe ich feste Schuhe an und wir gehen über den Markt. Sigrid stapft tapfer in ihren Sandalen durch den Schlamm. Der Eingang zum Markt erfordert bergsteigerische Fähigkeiten. Man klettert über den Abflussgraben, über dicke Steine, rutscht davon ab, fängt sich balancierend, möglichst ohne auf das Krabbelkind zu treten, dass vor dem ersten Fischstand im Dreck sitzt, zappelt zum nächsten Stein, tappt in die Pfütze und ist auf dem Markt. Drinnen geht der Weg zwischen den Ständen ähnlich halsbrecherisch weiter, so dass man stehenbleiben muss, um die Auslagen zu betrachten. Ein Blick weg vom Boden, zieht sofortiges Stolpern nach sich.


Wir nisten uns in „Tara Plage“ ein. An einer weiten Bucht liegt diese kleine etwas runtergekommene Auberge. Dahinter 200m vom feinen Sandstrand entfernt ist eine große Wiese zum Camping, umrahmt von Kokospalmen. Ein Klo-afrikanisch sauber, so klein, dass nur Pygmäen darauf komfortabel ihr Notdurft verrichten können, und eine Dusche. Alles nicht abschließbar. Wir sind zufrieden und trinken eine Cola-ich und Sigrid ein Bier. Zwei Belgier sitzen am Nebentisch und wir spekulieren, dass die beiden Herren, die dort mit ihren jungen schwarzen Begleiterinnen Bier trinken, Sextouristen sein könnten; denn sie sehen wenigstens so alt aus wie wir. Weit gefehlt. Wir kommen ins Gespräch, die beiden sind 55 Jahre alt, sprechen deutsch, sind Prospektoren, die in aller Welt nach Öl gebohrt haben und in Yaounde wohnen. Sie lassen sich hier ein wenig entspannen.
Es beginnt wieder zu regnen und wir spannen unser Sonnensegel als Wetterschutz in den Keder an der hinteren Tür. Es klappt super, so können wir auch im Regen im Trocknen kochen.
Wir haben eine ruhige Nacht, das Meeresrauschen lullt uns ein, selbst morgens benehmen sich die Leute afrikanisch leise, d.h. ab 6:00 Uhr normale Lautstärke, ohne Radiogebrüll und schreiende Diskussionen.

 


Tag 148

22.02.2012 Mittwoch (Aschermittwoch-alles vorbei, ich denke an Nat)

Ein trüber Tag, wir machen nichts. Es regnet immer mal wieder. Wir fahren in die Stadt, kaufen Brot bei den langsamen Mädchen- die Kassiererin ist wach- Sigrid trinkt ein Bier, ich eine Cola. Wir staunen, wie die Leute sich vor dem Regen schützen. Am besten haben es die Straßenverkäufer, da sie ihre Waren auf dem Kopf tragen.

Ein umgebauter Truck mit etwa 20 Touristen aus England kommt an. Vorwiegend Frauen fahren mit. Der Truck fährt London, Kapstadt, Kairo. Die Tour kann auch in Etappen aufgeteilt werden. Jetzt wird es etwas voller auf unserem Platz.
Abends kommt für mich der große Moment. Ich habe meine Immodiumkur beendet, mir geht es gut und ich esse einen gegrillten Fisch mit Reis und trinke ein Bier.
Alles bekommt mir!! Sollte die elende Darmmisere endlich auskuriert sein?


Tag 149

23.02.2012 Donnerstag

Wir wollen heute die Lobe-Wasserfälle besuchen, „die einzigen auf der Welt, die direkt ins Meer stürzen“ (Stimmt nicht, in Antalya gibt es auch welche)

Vom Tara-Plage fahren wir ca. 5 km an der Küste entlang und schon sind wir auf dem Parkplatz, wo uns die Schlepper erwarten. Ich biete ihnen 4000 CFA für die Pirogentour zu den Wasserfällen. Sie sagen zu schnell zu. Unser Schlepper klettert mit in die Pirogge und versperrt uns die Sicht nach vorne. Die Gegend ist wirklich traumhaft. Die Wasserfälle liegen in einer kleinen Bucht, davor eine wunderschöne Sandbank. Es sind mehrere Wasserläufe, die wie Stromschnellen ins Meer fließen. Sie sehen toll aus.


Wir fahren zurück und ich bin wild entschlossen bei der Bestellung zu unserem Shrimpsessen ein wenig von dem zu viel gezahlten für die Pirogge zurückzubekommen. Der Schlepper will für zwei Bier, 40 Shrimps und „plants“ (geröstete Bananen) 13000CFA. Ich biete ihm 10000CFA und sage ihm dies oder nichts. Zähneknirschend und „Papa“ (das bin ich) verfluchend willigt er ein.
Das Bier ist kühl, die Shrimps und die Bananen köstlich. Wir sind zufrieden, auch wenn es ein teurer Ausflug wurde.
Wir fahren noch in die Stadt zu unserer Boulangerie de Peuple und bewundern wieder die Bedienmädchen, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, sich möglichst langsam zu bewegen. Wir sind jedes Mal beeindruckt.
Abends gibt es bei uns nur Brot; denn wir haben ja die Shrimps gegessen.
Die Engländer sind auch noch da. Sie haben zwei Zimmer gemietet zum Duschen und für die Toiletten, eins für die Mädels, eines für die Jungen.

Tag 150

24.02.2012 Freitag

Ab 6:00 Uhr morgens, bis 9:00 Uhr karrt ein pechschwarzer Mann mit einer dezent quietschenden Schubkarre Sand vom Strand zu einem 200m entfernten Platz. Er karrt den Sand leise zwischen den Engländer-Zelten und uns durch, und planiert ihn. Dann holt er quietschend den nächsten Sand. Der Sinn bleibt dunkel.
Für mich steht heute an diesem traumhaften Strand Baden im Meer auf dem Programm. Sigrid liebt Swimmingpools und geht nicht in den haiverseuchten Atlantik. Tara Plage ist wirklich Klasse. Feinster Sand auch unter Wasser, Flachwasser, keine Seeigel und die Zahl der Haie tendiert gen Null. Wassertemperatur: geschätzte 30 Grad.
Wir würden gerne noch etwas an dem Traumstrand bleiben, der ein Insider Tipp ist; denn als wir uns zum Abschied von Taraplage ein Abendessen gönnen (Shrimps Karibien für mich, für Sigrid Fleischspieß), hören wir deutsche Laute. Anette mit ihrer neunjährigen bildhübschen nutellafarbenen Tochter Doris setzen sich an den Nebentisch. Anette arbeitet für die GTZ in Yaounde und kennt eine ehemalige Arbeitskollegin von Sigrid, die auch zur GTZ gegangen ist und in Bamako gearbeitet hat. Von ihr erfahren wir, dass wir zu Hause zurzeit keinen Bundespräsidenten haben. Unser Land könnte von den Gabunern lernen. Der Präsident Bongo war etwa 30 Jahre an der Macht, jetzt macht sein Sohn weiter. Das nenne ich Stabilität. Und bei uns macht der Wulf den Horst!

 

Tag 151

25.02.2012 Samstag

Wir lassen uns viel Zeit. Doris ist enttäuscht von dem Toyo, der nicht ihrem Playmobil-Wohnmobil entspricht.
Wir haben uns entschlossen, die kleine Piste über Lollodorf nach Ebolowa zu nehmen.
Das Wetter ist trocken, in der Nacht hatte es etwas geregnet.
Die Piste ist sehr gut präpariert aber eng. Zwei Autos müssen zirkeln, um aneinander vorbei zu kommen. Sie ist kurvig und führt durch dichten Regenwald. Wir wundern uns über die Menschen, die dort mitten im Wald wohnen.
Die Piste lässt Geschwindigkeiten bis 60 km/h zu und dann passiert es: In einer Linkskurve kommt ein Pickup angeknallt, ich stehe auf der Bremse, der Toyo steht und der Pickup knallt mir links gegen die Stoßstange. Voller Schrecken sehen wir, dass auf der Kiste ein Blaulicht montiert ist. Es steigen zwei Typen in Zivil aus, die mich sofort beschimpfen (ist in Deutschland nicht anders). Ich begrüße sie freundlich und gebe Händchen. N3. 16345 E10.53355
Der Hilux, den sie fahren, ist ziemlich gedetscht. Die Stoßstange ist bis zum linken Vorderreifen zurückgebogen, der Reifen ist Gott sei Dank intakt. Die Plastikschürze ist zersplittert, der Scheinwerfer hängt nur noch an den Kabeln, die Motorhaube hat auch noch eine Klatsche. Der linke Vorderwagen ist hin!
Die Wasserstoßstange des Toyos hat eine Eindellung, der Kotflügel eine Beule, dort wo der Kuhfänger ihn eingedrückt hat und der Plastikkühlergrill ist eingerissen. Alles nicht der Rede wert, Dieter dem Konstrukteur der Stoßstange sei Dank.


Wir müssen den Hilux irgendwie wieder so flott machen, dass er fahrbar wird. Und hier kommt meine Winde zum Einsatz. Mit der ziehen wir die Blechteile vom Reifen weg, in die Position, die sie mal hatten. Der Scheinwerfer wird von seinen Kabeln abgeschnitten, die Plastikschürze, nachdem ein paar Löcher hineingebohrt worden sind, mit meinem Stahlingraddraht festgebunden.
Ich erzähle, ich habe eine Versicherung, die für den Schaden aufkommen wird. Das wollen die Jungens aber gar nicht hören. Dies sei nämlich ein Auto der Gendarmerie und die würde das reparieren. Der Schaden beliefe sich auf 80.000 CFA und ich solle die Knete rausrücken und alles sei vergessen. Sigrid wühlt in unseren Geldvorräten, ich kann ihr noch zuflüstern, sie solle 60.000 raussuchen. Ich erkläre den beiden, das sei alles was wir dabei haben, wir müssten an einen Geldautomaten in Eblowa, um neues Geld zu ziehen. Sie erklären sich bereit, dass ich das restliche Geld schicken soll. Der eine sei Colonel der Gendarmerie und gibt mir eine Adresse in Bamenda. Dann hauen sie ab, mit 60.000 (knappe 100 €) in der Tasche. Wir machen uns auch schnell davon. In Lollodorf, eine ehemals Deutsches Dorf, nur die Brücke von den Deutschen erbaut erinnert noch daran, trinken wir ein Bier auf den Schrecken. Ich mag den Toyo gar nicht ansehen. Die Beulen sind gering, aber die grüne Farbe des Hilux, die an dem Toyo klebt macht alles viel dramatischer.
Während wir dort unser Bier schlabbern, setzt sich, wie selbstverständlich eine Dame zu uns, die uns die Geschichte von Lollodorf erzählt und uns die Adresse ihres Bruders in Libreville (Gabun) gibt, der uns dort helfen kann, falls nötig.
Wir fahren die enge Piste weiter bis Ebolowa. Dort meinen unsere unbekannten Holländer, könne man im Hotel La Ranch campen. Natürlich liefern sie auch die Koordinaten, so dass wir den großen Hotelkomplex problemlos finden. N02.91604 E011.14196
In der Ecke einer pompösen Eingangshalle verbirgt sich die Rezeption. Nach mehrmaligen „Bon jour“ erscheint ein Schnösel, der sagt, klar, Camping ist möglich, aber man muss das billigste Zimmer mieten für 12500CFA. Ich beginne zu jammern und er holt einen anderen, der sagt: 5000CFA. Ich stimme sofort zu, der Schnösel protestiert. Der andere versucht zu besänftigen und fragt uns, ob wir denn auch etwas konsumieren würden im Hotel. Klar, versprechen wir. Also 5000 und ein Zimmer würde uns aufgeschlossen, in dem wir Duschen könnten.
Wir stellen das Auto unterhalb einiger Gebäude auf dem Gelände ab, und gehen konsumieren. Jeder ein Bier. Wir sind offensichtlich die einzigen Gäste, der Schlüssel zur Bar muss gesucht werden.
Der Schnösel erscheint wieder und ich frage ihn, nach der Dusche. Muffelig führt er uns durchs Hauptgebäude in einen Stall-ähnlichen Gebäudetrakt. Nach hundert Metern in dem Gebäude hat er das Zimmer gefunden und schließt es auf. Dusche, Toilette sauber, riesiger Flachbildschirm über dem Doppelbett. Er versichert sich noch einmal, dass wir Dusche und Toilette nur und ausschließlich heute Abend und morgen früh benutzen.
Wir bezahlen unser Bier und fragen, ob wir denn auch etwas zu essen bekommen können. Leider hat die Küche geschlossen. So bleibt der versprochene Konsum auf zwei Bier beschränkt.
Zurück am Auto, es ist gerade dunkel geworden, beginnt ein Stahlwerk zu arbeiten. Über uns bricht die Hölle los, die Disko über uns am Hang, hat die Lautsprecher angeworfen. Der Lärm ist mörderisch, der Toyo erbebt in den Federn, unsere Lungen vibrieren.
Wir packen grob zusammen, klappen das Dach ein und fahren auf die andere Seite des Hotels zum ehemaligen Tennisplatz, wo der Lärm erträglich ist.