Wir sind in Mali, Burkina, Ghana

Ma         li
Bu          rkina Faso
Gha        na
To           go

Be           nin

 


Tag 49

15.11.11 Dienstag
 

Beim Frühstück verabschieden wir uns von den Mädchen, deren Stimmung zueinander in der Nacht noch weiter gelitten zu haben scheint.
Nach dem Tanken und nach dem Plündern eines weiteren Geldautomaten, suchen wir die Piste nach Dialafara, einer Minenstadt. Hier wird Gold abgebaut.
Die Piste ist einigermaßen gut ausgebaut, es fahren einige LKWs aber hauptsächlich kleine Motorräder, mit mindestens zwei Leuten besetzt. Diese 125er haben den früher gebräuchlichen Esel ersetzt. Die Fahrer geistern mit den Moppeds über die übelsten Pisten, wie Stephan Peterhansel in seinen besten Zeiten. Neben der Piste ist dichter Bewuchs und 3m hohes Gras, das abgebrannt wird.
Wir kommen an eine Falaise, einen Steilabriss einer Gebirgskette, die fantastisch anzusehen ist und finden einen Stellplatz, wo wir über Nacht ungestört bleiben. Um uns brennt diese Gebirgskette und wir haben ein bisschen Angst, dass den Brandstiftern die Feuer außer Kontrolle geraten. Die haben das aber wohl im Griff; denn sie wohnen in Rundhütten mit Strohdach und ein Übergreifen des Feuers hätte für sie die schlimmsten Folgen.



Sigrid plündert unsere Vorräte und zaubert aus einer Salami aus Dijon, Kartoffeln und Erbsentütensuppe Nahrung.
Bier ist bedauerlicherweise alle und den belgischen Cognac aus dem Senegal haben wir mit den Mädchen ausgetrunken. Es ist ein karges Abendmahl.
Stellplatz Falaise de Tambaoura   N 13,44981°  W 011,05115°

 


Tag 50

16.11.11 Mittwoch

Ich will Kaffee kochen und mein ganzer Stolz, der Benzinkocher verweigert die Mitarbeit. Keine Flamme, kein Zischen, nichts. Bei mir macht sich mittlere Panik breit, wenn das Ding jetzt schon verreckt, werden wir wohl demnächst Nescaffee lutschen müssen.
Der Reservespirituskocher tut`s. Ich muss einen halben Liter Ethanol einfüllen, was die Reservevorräte an Brennstoff doch arg schmälert.
Wir fahren an einigen Minenstädten vorbei, die eingezäunt sind und bewacht werden und dann endet die Piste. Sie führt als Moppedpfad weiter durch das hohe Gras und das harte Gebüsch, gerade so breit, dass der Toyo durchpasst aber anständig an den Ästen und Zweigen schrammt. Wir halten einen von den unsäglichen Moppedfahrern an, dessen Urgroßmutter auf dem Soziussitz sitzt. Auf meine Frage, wohin ich denn fahren muss, um in die Nähe von Bamako zu kommen, weist er auf den schmalsten Pfad und murmelt Mahinda, Urgroßmütterchen grinst und freut sich, als das Mopped mit einem Satz nach vorne weiterfährt.
Wir vertrauen der einheimischen Bevölkerung und fahren auf dem Trampelpfad in den Busch. Der Weg wird nicht breiter nur schlechter befahrbar. Ab und an zweigen Pfade ab, die noch schmaler sind und den Moppeds erlauben, ganz unwegsame Strecken zu umgehen. Nach einer Stunde durchs Gebüsch und auf einer Piste, die dem Toyo und mir alles abverlangt, haben wir 15 km geschafft und überlegen umzukehren. Wo aber sollen wir hier im Urwald wenden? Wir fahren weiter. Die Piste führt einen Steilhang mit riesigen Steinplatten hinauf, der nur im Untersetzergetriebe zu bewältigen ist. Kurz darauf sitzen wir wieder im Busch. Die Fahrer und Beifahrer der wenigen Moppeds, die entgegenkommen, grüßen fröhlich. In den Runddörfern, die wir teilweise durchfahren und wo die Piste auch nicht breiter als im Busch ist, werden wir wohl Gesprächsthema für Jahre bleiben. Die Piste ist außerdem vom Regen ausgewaschen, so dass sich tiefe Rinnen gebildet haben. Muss ich mit einer Seite in der Rille fahren und mit der anderen auf dem Hang, haben wir Angst, dass der Toyo kippt. Sigrid muss mich einige Male einweisen, einige Male müssen wir die Piste vorher zu Fuß erkunden. War das nicht genau das, was wir erleben wollten? Es geht an die Nerven, wir benötigen für die 150km acht Stunden.


Wir erreichen einen wunderschönen breiten afrikanischen Fluss mit Inseln und Stromschnellen, dem Bakoye, an dem Mahinda, eine ziemlich große Stadt liegt. Die haben hier auch einen Bahnhof für die Dakar-Bamako-Bahn. Wir halten völlig erschöpft an der ersten Bude mit Kühlschrank und CocaColaSchild an und trinken eine Coke, völlig überteuert, weil der Typ natürlich mitgekriegt hat, dass wir nicht mehr verhandlungsfähig sind. Der Toyo sieht aus, als wenn er Afrika schon hinter sich hätte. Meinen Windabweiser am Fenster hat ein Dornenbaum auf dem Gewissen, an dem ich so dicht vorbeifahren musste. Und dann sitzt an der Bude ein Schnösel, grinst und fragt, ob denn die Piste passierbar ist.
Kleine Exkursion zu den rumsitzenden Schnöseln.
Eigentlich sitzen Schnösel nicht rum, sondern die ganze Bevölkerung einschließlich Schnösel liegen irgendwo rum.
Der Polizist am Kontrollpunkt liegt auf einer verrottenden Matratze neben seinem Schreibtisch, das Mädchen, das Brot verkauft, liegt inmitten der Brote auf dem Verkaufstisch und schläft tief, so dass sie vom Plastiktaschenverkäufer am Nachbarstand mit lauten Rufen geweckt werden muss, um mich zu bedienen. Dabei erhebt er sich aber nicht von seiner Liegematte.
Vor jedem Dorf ist unter einem Schattenbaum ein Gestell in etwa 1,20m Höhe aufgebaut, welches die Größe von zwei Kingsizebetten hat. Dort liegt man alleine oder zu mehreren und betrachtet die weißen Blödmänner, die alle paar Jahre vorbeikommen.
Ist kein Schattenbaum vorhanden, wird über das Gestell ein Schattendach gezimmert, so niedrig, dass man wirklich nur darunter liegen kann. Sitzen geht nicht.
Etwas außerhalb von Mahinda finden wir ein Schild, das auf ein Campement, Restaurant, Hotel und Disco hinweist. Wir finden einen Hof, umgeben von Zimmern mit Klimaanlage. Im Hof stehen vier neue Landcruiser mit Rechtslenkern und es liegen ein Dutzend Schnösel rum.
Dem Patron erkläre ich, dass wir kein Zimmer wollen, sondern hier im Auto übernachten wollen. Wir einigen uns auf 3000CFA, etwa 5€. Dafür bekommen wir auch eine Außendusche. Ein etwa 1,60m hoch gemauertes Geviert mit einer Türöffnung ohne Tür und einem Loch in der Mitte des gefliesten Fußbodens, dass an eine französische Toilette erinnert.
Wir dürfen mit dem Toyo aber nicht auf dem Haupthof stehen, sondern müssen nach nebenan, hinter ein Mäuerchen, auf einen Hof, auf dem gebaut wird. In den halbfertigen Häusern wohnen bereits etliche Familien. Um zur Duschtoilette zu kommen, betreten wir den Haupthof durch eine Maueröffnung, um die sich praktischer-weise die Schnösel gelagert haben, so dass wir jedes Mal durch diese Versammlung der Liegenden schreiten müssen.
Der Toyo wird beäugt und es dauert nicht lange, da liegen schon einige Schnösel neben uns, um zu betrachten, was die Weißen den da so anstellen. Ich lade einige ein, das Interieur des Autos von außen zu begucken, in der Hoffnung, dass sie sich verpissen.
Nur zwei Teenager bleiben liegen, die ich etwas dringender auffordern muss, zu verschwinden. Die ständige Beobachtung geht uns auf die Nerven. Dann repariere ich den Benzinkocher. Nur gut, dass ich zwei Ersatzgeneratoren mitgenommen habe. Wenn ich allerdings alle 6 Wochen einen neuen Generator brauche, wird es bald nur noch kalten Kaffee geben. Abends rufe ich Meike an, erreiche aber leider nur der Anrufbeantworter. Ich bin sicher, sie wird in das Paket mit den Karten, das sie nach Lome schickt, auch noch Ersatzgeneratoren für den Coleman Benzinkocher packen.
Eigentlich wollten wir in der Stadt etwas essen gehen. Das Campement liegt jedoch so weit außerhalb, dass wir es vorziehen, selbst zu kochen, denn auch der Koch unseres Etablissements bot uns nur Bouillon an.
Immerhin nutzten wir unseren Ausflug in Richtung City, dazu, das im Busch zu tun, was uns auf unserem halbeinsehbaren Duschklo peinlich ist.
Und dann entdecken wir die Disco!
Ein weiterer Hof mit lauschigen offenen Rundhütten und einer Theke, wo es Bier gibt. Wir dürfen unser Bier nur in einer rotbeleuchteten Hütte trinken.

Wir gehen schlafen und die Liegeschnöselszene wechselt in unseren Hof neben unseren Toyo, in dem wir liegen, macht Feuerchen und palavert und palavert und palavert. Morgens um 6 Uhr, als der Himmel graut, sind die ersten wieder wach und unterhalten sich lauthals über die Begrenzungsmauern hinweg.

Schlechter als hier haben wir eigentlich noch nicht gestanden.
Camp Mahina   N 13,76080°  W 010,83064°

Tag 51

17.11.11 Donnerstag

Bereits am frühen Morgen sind die Schnösel wach und unterhalten sich lauthals.
Wir kochen unseren Kaffee, die Schnösel kommen und gucken zu, bis ich sie zum petit dejeuner einlade, da verschwinden sie. Der Patron kommt und kassiert seine 3000 CFA. Er erklärt uns freundlich, dass wir über eine Brücke in Mahinda den Fluss passieren können, und bietet uns einen Führer an, der uns bis Bamako bringt. Wir lehnen dankend ab und machen uns auf die Suche nach der Brücke.
Klar: da war doch die Eisenbahn, die muss doch auch über den Fluss. Am Bahnhof geht es links ab, und dort ist die Eisenbahnbrücke, über die das einspurige Gleis der Schmalspurbahn führt. Auf der Brücke ist reger Fußgänger- und Karrenverkehr. Ein Durchfahrtverbotsschild steht am Anfang der Brücke. Während wir den Toyo in Richtung Brücke ausrichten und noch überlegen, was wir denn nun tun (wer fährt schon über eine Eisenbahnbrücke ?), kommt ein Schnösel und erklärt, er will Brückenzoll haben und zwar 2000 CFA. Ich frage, ob er der Patron der Brücke sei, woraufhin er seine Daunenjacke (wirklich!) zur Seite schiebt und uns einen Sticker zeigt, auf der eine Eisenbahn abgebildet ist. Ich drücke ihm einen 10000er Schein in die Hand, er bedankt sich und steckt das Geld ein. Lauthals fordere ich ihn auf, sofort meinen Schein wieder rauszurücken, woraufhin er einen Schnöselkumpel ruft und dem den 10000er gibt zum Wechseln. Der Schnöselkumpel verschwindet mit dem Schein und ich beschließe jetzt doch aus dem Auto zu krabbeln, um mit auf das Schnösellager in der Schnöselhütte zu kommen. Schnöselkumpel kommt wieder und hat jetzt zwei 5000er. Einen davon bekomme ich und noch so etwa 500 in Münzen. Mehr gebe es jetzt wirklich nicht für mich wird mir bedeutet. Ich schnappe mir, ehe die sich versehen, die beiden 5000er und gehe wechseln. An der zweiten Bretterbude, wo Handys verkauft werden (!), ist es möglich die Scheine zu wechseln. Dämlicherweise gebe ich dem vermeintlichen Brückenpatron dann doch noch 2000 CFA und wir fahren über die etwa 500m lange Brücke. Die linken Räder zwischen den Schienen, die rechten daneben. Alles völlig normal
.


Die Piste in Richtung Bamako ist so lange gut befahrbar, bis die Bergbaustädte hinter uns liegen. Dann geht’s wieder nur mit 20 km/h voran. Wir sind heilfroh, als wir eine nagelneue Asphaltstraße erreichten. N 13,05328°  W 009,97637°
Es ist jedoch bereits 16:00 Uhr, als wir Kita erreichen, am Ortseingang stehen Ölfässer auf der Straße, die einen Kontrollpunkt der Gendarmerie markieren. Es kommt jedoch ein Typ, der behauptet, er sei der Bürgermeister und er wolle ein Bic (Feuerzeug), sonst ließe er uns nicht durch. Er bekommt keins und rollt trotzdem brav die Tonnen zur Seite. In Kita wollten wir eigentlich in einem Relais übernachten, dass keiner, den ich danach frage, kennt.
Aber es soll ein Hotel geben. Wir kurven durch die Stadt, fragen einige seriös aussehende Herren, die uns jeder in eine andere Richtung weisen. An der Tankstelle schickt uns der Tankwart in die richtige Richtung, meint allerdings, das Hotel sei ausgebucht. Trotz richtiger Richtung finden wir es nicht. Wir verlassen schnell die ziemlich große Stadt.
Wenn in Mali Straßen gebaut werden, wird häufig der Straßenuntergrund direkt an der neuen Straße abgebaggert. Diese flachen großen Steinbrüche sind ideale Stellplätze, weil keine bestellten Felder und meist keine Dörfer in der Nähe sind.
Wir finden eine solche Stelle, verlassen wieder ziemlich abenteuerlich den Straßendamm (es ist erstaunlich, was man mit dem Toyo fahren kann) und haben eine geruhsame Nacht.

N13.00349  W009.37479

 

Tag 52

18.11.11 Freitag

Da wir schon um 21:00 Uhr im Bett waren, stehe ich auf, als der Morgen graut und koche Kaffe auf dem Spirituskocher, der wirklich sparsam mit seinem halben Liter Brennstoff umgeht.
Auf der Asphaltstraße geht es flott bis Kati. Dort ist wieder Straßenbenutzungsgebühr fällig. Das Mädchen in der Kassiererkabine ackert an einem Computer, nachdem sie mein Geld in Empfang genommen hat. Irgendeine Registrierkasse rasselt, irgendein Buschtaxi hinter uns hupt. Das Kassiermädchen resigniert, drückt mir mein Geld wieder in die Hand und sagt, es täte ihr leid, aber die Maschine funktioniert nicht, so dass sie nicht kassieren kann und wir umsonst fahren müssen.

In Bamako wird der Verkehr chaotisch und das Atmen wegen der Auspuffgase beschwerlich.
Dank unserer Navigationssoftware finden wir das „Sleeping Camel“ ziemlich schnell. Es grenzt direkt an die deutsche Botschaft.
Rue 25. Porte 80 ,Badalabougou Est, Bamako..
+ 22378175365
+ 22376763484
E-mail: bookings@thesleepingcamel.com

N 12.625839, W 7.98792

Das Campement liegt direkt hinter der Kennedy-Brücke links und ist voll. Ein zum Bus ausgebauter LKW blockiert fast die Einfahrt. Die englischen Insassen des LKW-Busses fahren mit dem Auto innerhalb 9 Monate durch Afrika. Ein mitfahrender englichsprachiger Franzose mit deutscher Mutter, in etwa unserem Alter ist genervt von den jungen Fahrgästen, die das Gefährt bevölkern. Die LKW-Busler haben überall Zelte aufgebaut, so dass wir uns mit dem Toyo eng an eine Mauer drücken müssen.
Wir trinken erst einmal jeder ein (oder mehrere) großes Castell-Bier, bevor wir uns ein Taxi rufen und zur Botschaft von Burkina Faso fahren wollen, um das Visum zu besorgen. Das Taxi ist ein uralter 200er Mercedes, bei dem sich hinten die Scheiben nicht öffnen lassen. Sigrid schwitzt wie ein Schwott.
Der Taxifahrer hat keine Ahnung, wo die Botschaft ist und fragt sich durch. Er findet Libyen und bald darauf auch Burkina.
In der Botschaft versucht eine nette Dame mit im Munde umher wandernden Zahnstocher mir etwas zu erklären. Ich starre fasziniert auf den Zahnstocher und verstehe nichts.
Sie wirkt sichtlich entnervt, nimmt den Zahnstocher aus dem Mund und beginnt wieder mit der Erklärung. Ich verstehe immer noch nichts. Jetzt schreibt sie es auf. Wenn der alte dumme Weiße nicht hören kann, so hofft sie, kann er wenigstens lesen. Und siehe, ich lese und verstehe, dass es heute keine Visa mehr gibt und wir sollen am Montag wiederkommen.
Wir packen unsere Papier wieder ein und suchen uns ein Taxi, das uns zurück in die Altstadt bringen soll. Ich biete 1000CFA und der sagt seltsamerweise sofort zu. Die Fahrt ist kurz, der andere Taxifahrer, mit dem wir gefahren sind, hatte Riesenumwege gefahren. Jetzt weiß ich, dass 1000CFA entschieden zu viel waren.


Mittlerweile sehe ich ziemlich verwegen aus. Seit 8 Wochen keinen Haarschnitt und seit 6 Tagen nicht mehr rasiert. Ein Coifeur wird dringend gesucht.
Sonst findest Du an jeder Ecke einen, nicht so in Bamako. Wir suchen in den engsten Gassen und kommen zu herrlich afrikanischen Straßenmärkten, wo man selbst als Fußgänger kein Durchkommen findet. Das Leben und der Handel findet am Erdboden statt, so dass man die meiste Zeit hochgereckte Hintern der Damen sieht, die bückend die Waren begutachten. Meistens reitet ein Baby auf deren Rücken, das trotz des ständigen Kopf hoch und Kopf unter nicht das Kotzen kriegt.


Das Atmen wird immer beschwerlicher, wegen der Auspuffgase, denn auch in der hohlsten Gasse treiben sich noch die stinkenden Moppeds rum. Die Leute hier, die früher elegante Tücher vor den Gesichtern trugen, schützen sich nun mit Staubmasken, allerdings in modischen Farben. Sie sehen alle so aus, als wollten sie die Geflügelpest bekämpfen.
Wir drängeln uns durch die Menge zurück zur Brücke und gehen zu Fuß über den Niger, an dessen Ufer riesige luxeriöse Libya-Hotels stehen.
Auf der anderen Seite des Nigers finde ich in einer Wellblechhütte den ersehnten Coifeur. In der Hütte sind alle Wartestühle belegt von Leuten, die vor dem brüllenden Fernsehapparat einen Bolliwoodfilm verfolgen. Trotzdem darf ich auf dem wackligen Stuhl vor dem blinden Spiegel Platz nehmen. Ich verlange einen Haarschnitt „simple“ und rasieren und den Moustache (Schnurrbart) nicht anrühren. Und schon legt er los. Sigrid bekommt einen Sitzplatz und fotografiert. Des Coifeurs Maschine ächzt und ackert bei meiner Wolle, aber er kämpft sich durch. Schnippelt hier noch ein bisschen und dort noch ein wenig und dann wird rasiert. Er arbeitet mit der Maschine vor, zaubert irgendeinen Schaum in mein Gesicht und kramt aus der Hosentasche einen Rasierapparat mit dem sich schon mein Vater geschnitten hat. Die Rasierklinge ist stumpf. Er kratzt schmerzhaft in meinem Gesicht rum und hinterlässt rote Spuren auf weißer Haut. Dann kommt der Höhepunkt als er freundlich beginnt irgendein afrikanisches Rasierwasser einzumassieren. Die mittlerweile zahlreichen Zuschauer haben Bolliwood vergessen und erfreuen sich an den Schmerzensschreien eines gequälten Otts. Die Tortur ist zu Ende und ich bezahle 1000CFA, etwa 1,40€. Soll mir zu Hause noch einmal mein raffgieriger türkischer Friseur kommen und 8€ verlangen!
Zurück im Sleeping Camel gönnen wir uns erst mal ein großes Castell, dem andere folgen und ein Abendessen à la carte.
Die Lkw-Busler gehen auf afrikanischen Buschtrommeln trommelnd in die Stadt. Nicht nur die Schwarzen spinnen.
Wir gehen mit 10 halben Litern Castell im Bauch ins Bett.


Tag 53

19.11.11 Samstag
 

Wie nicht anders zu erwarten, erwacht das sleeping Camel früh.
Für den Toyo steht eine Frischzellenkur an.
Nach unserem Kaffee, immer noch guter deutscher Filterkaffee, baue ich die aufgeschnittenen Kanister ab, auf der Suche nach dem Ölfilter und werde erstaunlicherweise schnell fündig. Dann suchen wir eine Tankstelle. Ölwechsel, Abschmieren und Wäsche des Toyos. Die Jungens kennen sich aus mit Autos, die aus dem Busch kommen und reinigen als erstes den Luftfilter und den Kühler. Der mitgebrachte Ölfilter wird misstrauisch beäugt, die Ablassschraubendichtung in die Tasche gesteckt. Ölfilter werden hier wohl üblicherweise nicht gewechselt.
Ich vertraue den Jungs und klettere nicht mit in die Grube, die im Grunde einem Ölteich gleicht. Sie bauen den Ölfilter aus, können den neuen aber nicht richtig festschrauben. Auch mein Werkzeug passt nicht.
Der Abschmierer findet nicht alle Nippel, so dass ich ihm in seiner dunklen Grube Tipps gebe. Irgendetwas funktioniert außerdem nicht mit der Fettpresse. Der Toyo soll erst einmal gewaschen werden und dann würde die Abschmiererei weitergehen. Ich fahre das Auto in die Waschhalle, wo sich der Wäscher mit dem Hochdruckreiniger über den Toyo hermacht. Kurze Zeit später ist der Boden der Waschhalle mit rotem Sand bedeckt, welcher vom Auto gespült wurde. Man schleppt eine Bank für uns heran, damit wir uns setzen können, wir ziehen es aber vor, den nahegelegenen europäischen Supermarkt aufzusuchen und sind erfreut, sowohl Kochschinken, als auch eine große Auswahl schottischer Whiskys zu finden. Alles ist sauteuer, trotzdem werden wir mit dem Auto wiederkommen und unsere Ressourcen ergänzen.
Zurück beim Toyo wird mir erklärt, ein Nippel zum Abschmieren funktioniere nicht (ich habe ihn später gängig gemacht und selber mit unserer Handpresse abgeschmiert).
Die Toyo-Frischzellenkur kostet ohne Rechnung 50000 CFA, weniger als 100€.
Weil bei etwa 76 km/h das Lenkrad schlackert wie ein Lämmerschwanz, suchen wir ein Reifendienst, der Reifen wuchten kann. Wir finden einen, vor dem ein tiefergelegter Range Rover steht, der neue Niederquerschnittsreifen bekommt. Der Besitzer, im eleganten weißen Brokatanzug, kann nur mit der rechten Hand mit seinem iPhone telefonieren, die linke ist mit einer derart protzschweren goldenen Rolex begürtet, dass er sie nicht heben kann.
Auch hier machen sich die Jungens über den Toyo her, schrauben die Reifen ab, wuchten sie und hämmern Gewichte dran. Genagelt, nicht geklebt, ich vermute, sie werden uns um die Ohren fliegen.
Dann geht´s in den Supermarkt. Salami aus Frankreich, Käse aus Holland, neue Filtertüten für den guten deutschen Filterkaffe, Duschöl für Sigrid, Bier und einen Liter White Horse Whisky, nicht gerade das, was ich bevorzuge, aber dafür preiswert. Und mal wieder tiefgefrorenes Hackfleisch, das wir zum Abendessen als Boulette braten und welches köstlich schmeckt. (Dort gab es Ice Beer aus Deutschland mit einem Alkoholgehalt von 12%)
Zurück im Campement hat Michael, der Torwächter, die Wäsche gewaschen und erklärt, er sei Christ und gehe am Sonntag in die Kirche. Wir trinken unser Bier, versuchen noch mal ins Internet zu kommen, was nicht klappt und gehen schlafen.

 


Tag 54

20.11.11 Sonntag

Irgendwie vergammeln wir den ganzen Tag, so dass wir erst nachmittags losfahren, um die Stromschnellen des Nigers 8 km außerhalb von Bamako zu besichtigen.
Als wir die Hauptstraße verlassen stecken wir mitten in den Slums. Vor den Hütten sind Wassergräben, die voller Müll sind, es stinkt erbärmlich. Zwei Pisten weiter sind wunderschöne Asphaltstraßen in Sichtweite des Nigers gebaut, die Straßenbeleuchtung ist vorhanden, aber es steht noch kein Haus.
Die Felsen im Flussbett, die wir für die Stromschnellen halten, liegen trocken und sind nicht sehr spektakulär.
Die Frauen hier, die ein Baby auf dem Rücken tragen, einen Zwerg an der Hand und 15kg Bananen auf dem Kopf, sind einfach zu bewundern.
Wir fahren in die Stadt zum grand marché.


Die Av. du Peuple führt am großen Markt vierspurig als Einbahnstraße vorbei. Der Markt erstreckt sich auf ca. 3km Länge beidseitig der Straße und ist von der Straße mit einem hohen Gitterzaun abgetrennt.
Vor dem Polizeihauptquartier finden wir einen gebührenpflichtigen Parkplatz. Das Parken kostet bis Marktschluss 0,15€.
Wir schnappen meine 20 Jahre alte Fjäll Räven Hose, die geflickt werden muss. Hans-Georg verkauft eben keine Qualität mehr. Die Hosen von Outdoorlink halten noch nicht einmal 25 Jahre.
Aus Geiz, und weil ich Lurchi vertraute, dass seine Hosen halten, habe ich keine anderen mitgenommen und so sehe ich langsam etwas verlumpt aus und wir beschließen, eine neue Hose zu kaufen.
Bei der ersten Hosenboutiquebude finde ich keine passende. Dass aber ein alter weißer Mann eine Hose kaufen will, hatte sich in Windeseile rumgesprochen und aus jedem Loch kommt jemand mit einer Hose in der Hand.
Wir werden fündig und nach langem Palaver und viel Gelächter und Zuschauern so viele wie beim Straßentheater, handeln wir einen Preis für eine Baumwollhose aus, an der die Beine noch gekürzt werden müssen. Die Lurchischrotthose soll auch noch geflickt werden. 25000 CFA kostet alles, ich schätze, ungefähr ein Drittel zu viel.
Um 18:00 Uhr sollen beide Hosen fertig sein. Wir quetschen uns weiter durch die Menge und ich überlege, ob ich mir einen leckeren gegrillten Fischkopf gönnen soll. Doch dann erreichen wir eine weitere Hosenboutique, nett aufgemacht auf einem Müllhügel. Hier werden Shorts angeboten. Ich bin im Kaufrausch und wieder beginnt das Handeln. Diesmal sind wir allerdings an einen echten Banditen gekommen. Er verkauft mir die Shorts und zwei Colas zum dreifachen Preis, lädt sich dabei selber noch zur Cola ein und schleppt uns durch dunkelste Gassen in den ersten Stock eines Hauses und siehe wir finden uns in einer Touristenbude wieder, wo Teppiche und aller anderer Trödel verkauft wird, wie in Marokko.
Insgesamt ähnelt der Markt etwas dem von Marrakesch, allerdings viel afrikanischer und ursprünglicher. Auch hier gibt es vereinzelt Märchenerzähler, hingegen keine Schlangenbeschwörer.
Wir versuchen unsere Hosenbude wieder zu finden und verlaufen uns prompt. Dumm, weil um 18:15 Uhr die Sonne untergeht und es um 18:30 stockdunkel ist. An Beleuchtung ist nicht zu denken. Nachdem wir –trotz Eile- noch eine Papaya gekauft haben, finden wir nach einigem Fragen meine Hosen.
Im Campement hatte sich mittlerweile die englische Truppe zum Barbecue versammelt.
Ein Schweizer Pärchen in einem kurzen Landrover kam an. Astrid und Christian sind richtig nett und haben schon einige üble Pisten hinter sich. Sie wollen nach Ghana, wo sie wohl Freunde haben, und das Auto nach Südafrika verschiffen wollen. Da sie den hiesigen ghanaischen Botschafter kennen, bieten sie uns an, für uns Visa für Ghana zu besorgen. Dazu müssten wir aber noch einen Tag länger in Bamako bleiben, aber Bamako reicht uns. Wir wollen weiter.


Tag 55

21.11.11 Montag

Die ticken wirklich nicht richtig, die Afrikaner. Noch vor dem ersten Morgengrauen beginnt einer den Sand zu fegen. Das machen die hier immer, fegen die Blätter ein, machen Zeichen in den Sand, wie beim Zengarten und fegen um den Abfall drumherum, der liegen bleibt. Dabei wird ein unglaublicher Staub produziert, so dass sich der Feger mit der Geflügelpestmaske schützt, aber keine Rücksicht nimmt, auf die frischgewaschene Wäsche auf der Leine.
Gefegt wird mit einem Reisigstrauß von etwa 30cm Länge in tiefer Bückhaltung (Köpfchen auf dem Boden, Hintern in die Höh)
Der Feger weckt natürlich alle, als erstes seine Landsleute, die jetzt alles das lauthals palavern, was sie gestern vergessen haben zu palavern. Nun sind alle Touristen wach, klettern aus den diversen Hochzelten ihrer Autos und beginnen das Klapperkonzert mit den Kochtöpfen zum Kaffeekochen. Ich glaube nach Afrika werde ich 6 Monate durchschlafen.
Aber es steht ja unser Besuch bei der Botschaft von Burkina Faso an.
Wir brechen mit dem Auto auf, in der Kartensoftware ist sogar die Botschaft markiert, so dass das Auffinden ein Kinderspiel sein sollte.
Erste Überraschung. Die Brücke über den Niger ist nur für den Verkehr offen, der in die Stadt will. Nur gut, dass auch wir in die Richtung müssen. Zweite Überraschung, die Stadt am gegenseitigen Nigerufer ist weg. Der Smog ist so dicht, dass das andere Ufer nur mit Mühe zu erkennen ist.
Wir finden die Botschaft recht gut. Am Schalter für die Beantragung der Visa ist gibt es keinen Bediensteten. Also warten. Irgendwann kommt eine traditionell gekleidete Dame und nuschelt irgendetwas Unverständliches. Ich setze mein charmantestes Lächeln auf und bitte um ein Visum entende, das für Burkina, Togo und Benin gilt. Sie guckt mich zweifelnd an, nuschelt „ya pas“ und drückt mir wortlos Visaanträge in die Hand. Gut, also nur Visa für Burkina. Wir füllen das Formular brav aus, bei der Frage nach dem Namen meines Vaters, überlege ich, ob der Scherz ankommt, dass ich schreibe, „weiß ich nicht“. Ich lasse es besser bleiben, die Dame macht einen humorlosen Eindruck.
94000CFA kosten die Visa. Ich gebe ihr 100000, sie verzählt sich und will noch einen 10000er. Ich zupfe ihr durch ihre Schalteröffnung die Scheine wieder aus der Hand und zähle sie ihr noch einmal vor. Nur dumm, dass sie keine 6000 hat zum Rausgeben. Wir kramen aus den anderen Portemonnaies das Kleingeld zusammen, so dass wir es ihr passend geben können. Um 15:00 Uhr sollen wir wiederkommen.
Jetzt haben wir kein Kleingeld mehr und das ist in Afrika immer ein Problem.
Wir fahren in die Stadt, um die Idee unserer englischen Nachbarn zu kopieren. Die haben ihren Kühlschrank mit einer Verlängerungsschnur an das 220 Volt-Netz angeschlossen. Trotz Solarzellen gehen unsere Batterien in die Knie, wenn der Toyo im Schatten steht und beide Kühlschränke am Netz sind.
Was heißt Verlängerungsschnur auf Woloff oder Bambara oder Dogon oder meinetwegen auch auf Französisch und wo bekommt man ein Computernetzkabel, so eins passt nämlich an unsere Kühlbox.
Außerdem soll die andere Schrott-Fjäll Räven-Hose aus Hans-Georg Links Outdoorladen, die ich vor 20 Jahren dort gekauft habe, zu Shorts abgeschnitten und umgenäht werden. Das Zeug, das Lurchi vertickt, taugt wirklich nichts.
In Bamako herrscht ein völlig chaotischer Verkehr. Trotzdem halten sie alle (auch die Moppeds) an roten Ampeln an. Überall stehen auch Polizisten in der Gegend rum, die ununterbrochen pfeifen und irgendwelche Leute anhalten. Es ist ziemlich schwer rauszukriegen, ob sie gerade hinter dir her pfeifen. Hält man an, sind sie freundlich, nicht so wie im Senegal oder Gambia.
Dann gibt es hier Einbahnstraßen. Die meisten sind nur für Einheimische erkennbar. Ulkigerweise halten sich die Leute auch an die Einbahnstraßenregel und man wird freundlich darauf aufmerksam gemacht, wenn man mal wieder verkehrt rum unterwegs ist. Das Tollste aber: Ab und zu hält jemand an und lässt dich aus Mitleid in den fließenden Verkehr einbiegen.
Auch die Parkplatzsuche ist ein Problem, weil jeder frei Platz an der Straße vollgeparkt ist, oder Händler ihn okkupiert und ihre Waren ausgebreitet haben, oder die Schnösel rumliegen und auf kleinen Holzkohleöfchen Tee kochen.
Wir finden an einem Abflussgraben auf einem Müllhaufen einen Parkplatz und kurz darauf einen Schneider, der auf seiner handgetriebenen Singernähmaschinen Pailletten an einen Stoff näht. Ruckzuck hat er meine Hose abgeschnitten und umgenäht. Jetzt habe ich schon zwei elegante knielange Shorts. Ich soll ihm geben, was ich denke, was mir seine Arbeit Wert ist. Das wären so etwa 500 CFA, denke ich mir, ich habe aber nur ein 10000er Schein. Der Schneider bekommt Stielaugen. Ich deponiere Sigrid neben dem Schneider mit meiner abgeschnittenen Hose und mache mich auf die Suche, nach jemandem, der einen 10000er wechseln kann. In einer Computerbretterbude frage ich. Der Verkäufer kann nicht wechseln. Er kann mir aber ein Kabel für die Kühlbox verkaufen für 1000CFA. Ich bezahle mit dem 10.000er, er kann nicht wechseln. Jetzt machen wir uns zu zweit auf den Weg, um vielleicht auch noch eine 6m lange Verlängerungsschnur zu kaufen und den 10.000er zu wechseln. Mir werden Mehrfachsteckdosen zu horrenden Preisen angeboten, aber keine Verlängerungsschnur. Zwei Straßenzüge weiter wechselt endlich jemand den 10.000er. Ich suche Sigrid, den Schneider und meine Hose. Ich habe die Orientierung verloren. Arme Sigrid, sie wartet immer noch beim Schneider und ich weiß nicht mehr wo.
Irgendwann finde ich sie und habe immer noch zu großes Geld in der Tasche. Der Schneider freut sich!
Ich habe ein Anschlusskabel für die Kühlbox, das etwas 1m lang ist. Das hilft nicht weiter. Auf der Suche nach Elektrokabel und Stecker suchen wir uns durch die Gassen und überlegen einen Ariadnefaden zu spannen, um den Toyo wiederzufinden.
Wir werden von Elektrobude zu Elektrobude weitergeleitet und kommen an eine ganz verrottete. Dort gibt es 6 m zweiadriges Kabel und Stecker: male und female. Männliche und weibliche Stecker, alles klar und alles für 150 CFA. Verstehe einer die Afrikaner.
Auf dem Weg zurück ins Campement kaufen wir eine Melone für 1000CFA. Ich bezahle mit einem 10.000er. Die Melonenmutti zückt ihr Täschlein, holt bündelweise Geldscheine raus und gibt mir das Wechselgeld. (?????)
Ich bastele ein Verlängerungskabel zusammen, was wegen der höchst gewöhnungsbedürftigen afrikanischen Stecker etwas aufregend ist. Eigentlich erwarte ich einen Stromausfall in Bamako, als ich den (männlichen) Stecker ins Netz stecke. Es passiert nichts. Nun wird uns wohl die Kühlbox um die Ohren fliegen, passiert auch nicht, sie arbeitet mit 220 Volt!
Sigrid hat in der Zwischenzeit Kassensturz gemacht und unsere verbliebene Barschaft sortiert.
Mittlerweile ist es Zeit wieder die Botschaft aufzusuchen. Wir kommen gut durch den Verkehr und als wir in die Botschaft kommen, drückt uns die Mufflige vom Morgen grinsend die Pässe und 1000CFA in die Hand, die wir wohl trotz der Rechnerei noch überzahlt hatten.
Wir dürfen also nach Burkina und fahren los, um die Ressourcen aufzufüllen.
Bier, Mango-Marmelade, Eier, noch eine Flasche Whisky, wer weiß, wo es wieder welchen gibt. Solche Einkäufe in europäischen Supermärkten schlagen ein Loch in die Reisekasse.
Gegenüber vom Supermarkt steht an einer Wellblechbude „Cabinet Veterinaire“. Drinnen steht einer im schmutzigen weißen Kittel in einem Gitterkäfig. (Bei uns ist das umgekehrt, das Biest hinter Gittern, der Tierarzt davor) Ich erzähle ihm, dass ich in Deutschland Tierarzt bin und nur guten Tag sagen wollte. Er freut sich riesig und schüttelt mir durch die Gitter die Hand. Kollegiale Verbrüderung.
Den anstrengenden Tag wollen wir gebührend würdigen und an einer Garküche irgendwo an der Straßenecke lecker essen gehen. Mit einigen Bieren bereiten wir uns darauf vor.
Mir tut der linke Fuß weh, weshalb aus einer langen Suche nach leckeren Spießchen nichts wir. Wir landen in der Bude neben meinem Friseur. Es gibt Bohnen. Sonst nichts. Kleine braune Bohnen, lauwarm, die auf den ungespülten Teller des vorherigen Bohnenessers geschaufelt werden, und dazu einen Beutel Wasser. Das Trinkwasser kommt üblicherweise aus der Leitung und wird in große Tontöpfe gefüllt, die mit einem Deckel abgedeckt sind. Durch die Verdunstungskälte ist das Wasser in den Tonkrügen geringfügig kälter, als die Umgebungstemperatur. Möchte jemand etwas trinken, nimmt er einen Plastikbecher vom Tisch, füllt ihn im Krug und stellt den leeren Becher für den nächsten Trinker irgendwo hin. Für Weicheier gibt es ¼ Liter Trinkwasser in der Plastiktüte eingeschweißt. Von der Tüte beißt man eine Ecke ab und nuckelt das Wasser aus der Tüte.
Der kulinarische Höhepunkt ist uns wieder versagt geblieben, dafür kostete unser Mahl 1,10€.
Übrigens: Neben jedem Tisch steht eine Schüssel und in der Schüssel ein Wasserkochkessel. Aus letzerem schüttet jeder vor dem Essen und nach dem Essen Wasser in seine Hände und wäscht sie. Na bitte, Hygiene wird hier großgeschrieben.

 

Tag 56

22.11.11 Dienstag

Seid nicht enttäuscht, es gibt nichts zu berichten.
Wir fahren aus Bamako hinaus auf die Asphaltstraße nach Begouni und Sikasso, bezahlen die Straßenmaut und rollen mit 85 km/h auf einer guten Straße durch Afrika.
Irgendwo essen wir unter einem Schattenbaum unsere halbe Melone und weil es zu dicht besiedelt ist, um einen Schlafplatz im Busch zu finden, und weil die Sonne schon wieder untergeht, gehen wir in das Hotel Tata in Sikasso.
N 11° 18,892'  W 005° 40,406' (ungenau)
Zimmer mit großem Bett, elektrische Beleuchtung, Dusche (mit Wasser) Ventilator und Moskitonetz für 9000 CFA. Der pure Luxus.
Das Hotel hat ein Restaurant. Wir haben angekündigt, dass wir etwas essen wollen. Als wir um 19:30 Uhr als einzige Gäste im Restaurant erscheinen, wartet der Koch schon sehnsüchtig auf uns. Er hat „Capitaine“ auf der Karte. Ein großer Nigerfisch, der einfach nur köstlich schmeckt. Sigrid isst Fleischspieße.
Ein hilfsbereiter Mensch stellt den Fernseher an, der hinter uns lautstark das Fußballspiel Neapel gegen Manchester überträgt. Fernsehern kann man hier nicht entkommen.
Kaum aufgegessen bekommen wir die Rechnung, der Koch schließt seine Bude ab und geht nach dem 1 zu 0 für Neapel.
Wir schmieren uns reichlich mit hiesiger Repellents gegen Mücken ein, das auf der Basis von schwarzem Tee hergestellt wurde, schenken uns reichlich Whisky ein und sitzen im Dustern auf der Terrasse.
Morgen werden wir voraussichtlich Mali verlassen. Zeit Bilanz zu ziehen:
Mali ist ein äußerst angenehmes Land und hat sich in den 20 Jahren, die wir nicht hier waren, deutlich weiter entwickelt. Die Polizei ist höflich, es finden kaum Kontrollen statt. Es wird nicht gefragt nach Geschenken. Der Verkehr wird geregelt und man hält sich an die Regeln, so wie sie in Mali gelten. Es gibt Rechnungen und Quittungen, wenn man etwas bezahlt (Hotelrechnung, Straßenmaut usw.) An den Straßen stehen große Schilder, die auf die AIDS (SIDA)-Gefahr hinweisen, darauf hinweisen, dass Condome benutzt werden sollen, und dass die HIV-Infizierten nicht isoliert werden sollen. Alles wird mit eindeutigen Piktogrammen unterlegt. Weitere Schilder weisen auf den Gebrauch von Moskitonetzen hin, andere, dass die Milch bzw. das Wasser zum Anrühren von Milchpulver für die Babys abgekocht werden soll. In fast jedem Dorf gibt es eine buntbemalte Schule und Schilder, die zum langsam fahren zwingen und die mitten auf die Piste gestellt werden, wenn die Kinder in der Schule sind.
Mali versucht nicht sich zu europäisieren, sondern bleibt wunderschön afrikanisch. Ein angenehmes Land, das den Tourismus fördert und versucht seine Kultur zu erhalten. Wir verstehen die Leute, die von Mauretanien direkt nach Mali fahren, um sich nicht den senegalesischen und gambischen Schikanen und der Korruption dort auszusetzen.

Tag 57

23.11.11 Mittwoch

Auch das Tatahotel lässt uns nicht schlafen. Punkt 6:00 Uhr beginnt der Krach vor unserer Zimmertür. Dumm nur, dass wir den Abend vorher sehr gut unserem Whisky zugesprochen haben.
Wir bekommen ein Frühstück und fahren nach Bobo-Dioulasso.
Etwa 25 km außerhalb von Sikasso kommen wir zu den Wasserfällen von Farako, die in Anne Wottkes Führer beschrieben sind.
N 11.21002 W 5.45060
Es sind kleine Stromschnellen, die Löcher in den Felsboden gespült haben, groß genug, um darin wie in einem Whirlpool zu baden. Sigrid ist das Wasser mit ca. 28 Grad zu kalt. Kaum sitze ich in einem solchen Sprudel-Loch, kommen auch schon die ersten Zuschauer auf ihren Moppeds. Sie tun völlig unbeteiligt, als wenn sie gerade jetzt und eben auch zu den Chute de Farako wollten.
Das Bad ist herrlich erfrischend und entspannt für den nächsten Grenzübertritt von Mali ins Land der Unbestechlichen = Burkina Faso.


Der Zoll auf Mali Seite, sackt das Laisser Passer für das Auto ein, das war`s. Ich kann das nicht glauben und frage, was sie sonst noch kontrollieren wollen. Sie sehen mich verwundert an und schicken uns zur Polizei. Der Beamte sucht den Einreisestempel im Pass, drückt einen Ausreisestempel daneben, schreibt nichts in irgendwelche dicke Bücher, lässt uns keine endlosen Formulare ausfüllen, sondern lässt den Schlagbaum öffnen und Mali liegt hinter uns. Die Ausreise dauert ganze 15 Minuten.
Die Grenzpolizisten in Burkina, etwa 3km entfernt, erwarten uns in geschniegelten und gebügelten Uniformhemden. Ein Knopf am Hemd des Polizisten, der sich uns annimmt, steht offen. Bei der Akkuratesse bin ich beinahe geneigt, ihn darauf hin zu weisen.
Auch hier läuft alles problemlos. Unser Carnet erkennt der Zoll nicht an (ich möchte wissen, weshalb ich mit einem Carnet durch Afrika gondele, für das ich 15.000 € Kaution hinterlegt habe, wenn es hier kein Zoll benutzen will?)
Wir bekommen wieder ein Laisser Passer für 5000CFA. Kein überzogener Preis. Und ruck zuck sind wir im Land der Unbestechlichen. Eine Einreise in in ein afrikanisches Land innerhalb von 30 Minuten ist ja beinahe langweilig.
Allerdings erwartet uns an einer Mautstation noch einmal die Gendarmerie. Auch Burkina Faso hat die Maut entdeckt, sie allerdings noch nicht perfektioniert. Es wird brav gefragt, von wo man kommt und wohin man will, und dann wird der Preis auf Ehre und Gewissen festgelegt, ein Helfer zum Kassenhäuschen geschickt, der mit einer gedruckten Quittung wiederkommt und einen Schlagbaum hochstemmt.
Bobo-Dioulassou ist eine ziemlich große Stadt mit einem Flughafen. Das Campement, in welchem wir unterkommen wollen, soll an der Flughafenstraße liegen. In den kostenlosen openstreetmap-Karten auf dem Car PC ist das Casa Africa sogar verzeichnet und wir fahren nach Stadtplan im PC dort hin. Dort, wo es sein sollte, ist es jedoch nicht. Wir fahren ca. 1 Stunde durch Bobo, fragen hier und da, meine französischen Sprachkenntnisse reichen nicht aus, die afrikanisch-französischen Wegbeschreibungen zu verstehen. Letztendlich läuft ein Wärter einer öffentlichen Einrichtung zu Fuß und im Galopp vor uns her und bringt uns zu dem Campement. Ein winziges Schild weist darauf hin, dass hier das Casa Africa ist. Genau an der Stelle, in der es in der elektronischen Karte eingezeichnet ist, jedoch  haben wir das kleine Schild übersehen und sind wahrscheinlich schon einige Male suchend daran vorbeigefahren.
N 11.16924 W 4.3177
Das berühmte Casa Africa hat einen winzigen Hof. An der Stirnseite sind 5 Zimmer, 2 Außenduschen und 2 Außenklos. An der anderen Seite das Restaurant. Auf dem Hof ist es sehr eng und ich muss ziemlich rangieren, um den Toyo an seinen Platz zu bugsieren. Gleichzeitig kommt ein belgisches Pärchen in einem Citroenkastenkombi (C15?) an. Es klettern zwei sehr große Menschen aus dem kleinen Auto und bauen ein sehr kleines Zelt vor dem Auto auf. Beide sind deutlich über 1,80m groß. Nouria ist eine sehr schlanke aparte Erscheinung mit einer Hautfarbe, die an Lindenblütenhonig erinnert. Sie ist Spanierin, wohnt in Burgos, hat BWL in Trier studiert und ihren Job bei der EU-Kommission in Brüssel aufgegeben, um mit Noé nach Benin zu fahren. Die beiden sind mit ihrem Kleinlieferwagen und einer Bodenfreiheit von etwa 6cm sogar über die Pisten bis ins Dogonland in Mali gefahren. Wenn wir so etwas hören, fühlen wir uns mit dem Toyo etwas overdressed.
Wir beschließen, mit ihnen abends essen zu gehen.
Im Dunkeln marschieren wir hinter den Belgiern her, die sich in Bobo bewegen, als seien sie zu Hause. Sie steuern ein sehr feines Restaurant etwa 5km entfernt an. Ich bestelle wieder meinen geliebten Capitaine (Fisch). Nach etwa einer Stunde Hungerzeit, wird das Essen aufgetragen. Bisher mein kulinarischer Höhepunkt in Afrika, aber elendig teuer.
Und dann beschließen die beiden, ein weiteres Maquis-Restaurant aufzusuchen und wir sitzen da und haben in der stockfinsteren Stadt keine Ahnung, wo wir sind. Wir winken das nächste als Taxi erkennbare Auto heran, steigen ein und nennen unser Hotel: Casa Africa. Er fragt (freie Übersetzung) „Wat dat denn?“ Wir: „ein Hotel und Campement hier in der Nähe.“ Er (freie Übersetzung) „Wo ist dat denn?“ und fährt los. Dir Straße runter. Irgendwann falle ich ihm ins Steuer und bedeute, dass wir an der Straße zum Hotel bereits vorbei sein müssen. Er wendet, und brummt zurück. An einer roten Ampel (die wird beachtet auch in stockfinsterer Nacht) lehne ich mich aus dem Fenster und frage einen Passanten nach dem Weg. Der erklärt ihn mir, ich verstehe Bahnhof. Er erklärt freundlicherweise dem Taxifahrer den Weg noch einmal, in einer der Landessprachen Woloff oder Bonzo oder Mossi. Schon dreht der Fahrer sein Gefährt, und fährt die Straße wieder runter. Langsam kennen wir sie in und auswendig. Er biegt an der richtigen Stelle ab und setzt uns am Campement ab. Ich drücke ihm 1000CFA in die Hand und bekomme 300 zurück. Verstehe einer Afrika.


Tag 58

24.11.11 Donnerstag

Auch das Casa Africa, wie soll es auch anders sein, erwacht um 6:00 Uhr. Es wird der Sand gefegt. Außer uns beiden stört sich keiner dran und als ich um 7:00 Uhr aus dem Hochzelt klettere, mahnt mich der Feger (langer Besen!!!) leise zu sein.
Alles schläft Hasott wacht. Wir beginnen eifrig mit dem Kaffeekochgeschirrgeklapper, was immer noch keinen stört. Erst um 8:00 Uhr krauchen in der Nacht angekommene Französinnen aus den Zimmern und lassen ihre aus Frankreich mitgebrachten Hunde los.
Noè und seine lindenblütenhonigfarbene Begleiterin Nouria fahren nach dem französischen Reiseführer Guide Routard, der detailliert alle Campements beschreibt. Sie geben uns den Namen eines Campements in Banafora, wo es in der Nähe einen Nilpferdteich geben soll. „Campement Baobab“. Hört sich gut an. Sie selbst wollen noch einen Tag in Bobo bleiben.
Weil es nur 70km bis Banafora ist, besichtigen wir vorher die Stadt. Zur Besichtigung gehört der Besuch des europäischen Supermarktes und die Plünderung eines Geldautomaten.
Doch wir finden auch die große Moschee, die im sudanischen Stil, wie die in Djenné und Mopti erbaut ist. Dort lauern die selbsternannte Führer, die wie Kaugummi an uns kleben. Wir nennen sie mittlerweile Chewinggums. Sie wollen es dir ermöglichen, die Moschee zu besuchen, für einen kleinen Eintrittspreis. (Während ich das hier schreibe, steht seit 10 Minuten ein etwa 15jähriger hinter mir und guckt mir über die Schulter. Doch dazu später)
Diese Art der Moscheen sind drinnen völlig leer, weshalb wir uns trotz aufdringlichem Chewinggeklebe nicht dazu verleiten lassen, die Moschee zu besichtigen (außerdem habe ich Angst, dass meine Schuhe geklaut werden, die wir ja ausziehen müssen und an denen hier sehr eifriges Interesse gezeigt wird. Ich bekomme öfter Tauschangebote.)(Jetzt sind es zwei, die mir über die Schulter gucken und eifrig näher rücken.)
Wir besichtigen die Moschee von außen und suchen dann die Straße nach Banfora. An der Mautstelle versichern wir, nicht wieder die Straße zurück nach Bobo zu fahren und brauchen deshalb nur 200 CFA bezahlen. An der nächsten Maut. Wo wir nichts bezahlen müssen, will ich eine Melone kaufen. Das Auto steht noch nicht still, als fünf Mädchenarme durch das Fenster gereckt werden, jeweils mit einem Beutel Nüsse in der Hand. Ich kann das Fenster nicht mehr hochkurbeln, weil ja die Mädchenarme im Auto stecken und brülle sie deshalb ottonisch an. Das erschreckt sie zumindest solange, dass ich das Fenster zubekomme.
In Banfora angekommen suchen wir das Campement Baobab. Zumindest der Bäcker kennt es nicht. Es gibt viele Hotels aber keine Campements.
Wir finden in unserer Software ein „Restcamp“ in Tengrela ohne Namen. Da wollen wir hin. Wir erfragen die Piste dorthin und nach 3 km kommt ein Abzweig zum Campement BaoBab.
Die Piste ist eng und ausgewaschen und endet in einem Dorf. Unter dem Strohdach des Versammlungsplatzes wird gerade die Gemeinderatssitzung abgehalten, als wir dort reinplatzen und nach dem Campement BaoBab fragen. Vom Bürgermeister wird einer abgestellt, der mit dem Fahrrad vor uns herfahren soll und uns zum Campement bringen soll. Dorthin gibt es aber wirklich nur einen Fahrradweg. Rechts und links pflügen wir mit dem Toyo durchs Gebüsch, in der Hoffnung, den Fahrradfahrer nicht zu verlieren. Nach 1 Minuten erreichen wir 8 winzige Rundhütten und ein Schild: Direction du Campement BaoBab.
Der Patron ist völlig platt, dass wir hier übernachten wollen. Sigrid will wieder weg und lieber im Busch übernachten. Aber wo sollen wir hier eine Stelle finden, in der wir ungestört sind. Dann lieber offiziell mit Erlaubnis im Campement stehen und gestört werden, als im Busch.
Es ist gerade erst 14:00 Uhr, als wir den Toyo, nachdem die Äste eines Mangobaumes nach oben gebogen werden müssen, zwischen zwei Hütten bugsiert haben.
N 10° 38,174'  W 004° 48,765'
Wir tragen unseren Tisch und die Stühle unter den Mangobaum, wo erst nur zwei Kinder und zwei Erwachsene sitzen und verteilen die eine Hälfte der Melone an die Zuschauer. Bevor wir den ersten Bissen im Mund hatten, stehen 12 Kinder um uns herum und auch die Zahl der Erwachsenen nimmt zu. Nur die Leute, die mit Bambusleitern und bloßen Füßen die Palmen erklimmen, sie unter der Krone anritzen, um den Saft in Flaschen aufzufangen, lassen sich nicht von uns beeindrucken.


Nun ist es 17:30 Uhr. Kein Schritt von uns blieb unbeobachtet, kein Buchstabe, den ich schrieb unkontrolliert. Eine Diaschau unserer Fotos war das Highlite für die Kleinen, obwohl es sie mehr interessierte, dass der Bildschirm seine Farbe wechseln konnte.
Nachdem es dunkel geworden war und die Kinder weg sind, brät Sigrid Steaks aus dem Supermarkt. Der Campementpatron scleppt von irgendeinem Brunnen noch einen 20 l Kanister an, damit wir das Wasser in einem ummauerten Teil über uns kippen können zum Duschen. Im anderen Teil dieser Ummauerung ist ein Loch im Boden, das ist das Klo. Während die Dusche nicht verschließbar ist, kann man vors Klo zwei Bretter stellen, die die Türöffnung ein wenig verschließen.
Wir schlafen hervorragend, selbst die Palmenanzapfer, die auch noch nachts in ihre Palmen klettern stören uns nicht.

 



Tag 59

25.11.11 Freitag

Heute hat SchnickSchnack, mein geliebtes kleines Kind, Geburtstag, herzlichen Glückwunsch.

Wir verlassen das BaoBab-Camp, der Patron gibt uns seine Visitenkarte. Das war tatsächlich ein offizielles Camp und wir waren wohl die ersten Gäste. Der Patron gondelt auf dem Fahrrad vor uns durchs Gebüsch, wir fahren wieder etliche Pflanzen platt. Er bringt uns zu einer Piste, die breit genug ist für den Toyo und wir fahren zum Nilpferdteich. Dabei kommen wir an einem Campement vorbei, das wohl komfortabler gewesen wäre, aber nicht so urig.
Am Nilpferdteich müssen wir 2000CFA bezahlen. Im Preis inbegriffen ist eine Pirogenfahrt
Wir fahren dann mal über`n See, der voller Seerosen ist, ans andere Ufer. Der Kapitän des Bretterbootes zeigt uns das erste Hippopotamus. Das heißt er zeigt uns die Augen und die Nasenlöcher. Der Rest ist unter Wasser. Nach und nach tauchen weitere Nasenlöcher auf, und der ganze Kopf von einem Hippopotamusbaby. Unser Pirogenkapitän hält gebührenden Abstand von den submarinen Riesen und wir staunen über das Gepruste der Viecher.
Auf dem Rückweg erwartet uns dann wohl der Chef der Hippopotamussippe vor der Einfahrt zum Pirogenhafen und grunzt furchterregend. Vielleicht hat er sich aber auf hippopotamisch nur gefreut uns zu sehen.

Am Hippopool

 


Zurück in Banfora suchen wir die Piste nach Sideradougou und finden sie !!
Es ist eine schnell zu fahrende Piste und wir hoffen, unser Ziel, Boromo zu erreichen. Wie bei allen schnellen Pisten, ist das Vergnügen bald vorbei und man schlängelt sich mit 30 km/h von Schlagloch zu Schlagloch. Die Landschaft ist feuchter afrikanischer Busch, mit eingestreuten Rundhüttendörfern, die abgelöst werden von Dörfern, in denen rechteckige Häuser stehen. Typische Lobi-Dörfer sahen wir nicht. Die Lobis leben in Sukalas, von einer hohen Lehmmauer umgebenen Familienkraals
Kurz vor Loropeni kommen wir zu einem Weltkulturerbe! Hier stehen 1000 Jahre alte Mauern im Busch. Natürlich hat sich auch schon einer etabliert, der Eintritt verlangt. 3000 CFA. Kulturerbe hin Kulturerbe her, ich sag ihm, das uns das zu teuer ist und er lässt sich auf 2000 CFA runterhandeln. Wir fahren zu dem eindrucksvollen 3 m hohen Gemäuer und der Kassierer ist auch schon da und erklärt alles Mögliche. Wer es genau wissen will, sollte bitte bei Wikipedia nachschlagen.

Wir dürfen dort nicht über Nacht bleiben, kommen deshalb nach 35km in Gaoua an und finden dort das Hotel Hala.
N 10,34383°  W 003,18223°
Es hat einen großen Hof und ich überrede den Maitre d`Hote, dass wir unseren Toyo in die Ecke des Hofes stellen können zum Camping. Das Zimmer soll hier immerhin 12500 CFA kosten. Nach einigem Handeln einigen wir uns fürs Camping auf 5000CFA, dafür schließt er uns aber noch ein Zimmer zum Duschen auf.
„Brakina“ heißt das hiesige Bier, das wir uns gönnen. Es schmeckt deutlich nach Hirse, etwas wie Wellensittichfutter.
Nach und nach trudeln hier Touristen ein, mit Geländewagen, die von schwarzen Führern gesteuert werden. Wir finden es bemerkenswert, dass keiner der Weißen grüßt, wenn sie in das Hotel kommen. Nur die Schwarzen grüßen alle freundlich, wenn sie die Terrasse, auf der wir sitzen betreten. Wir beschließen, uns ein anderes Restaurant zu suchen, in dem wir essen können, schnallen die Stirnlampen an und marschieren in die Dunkelheit.
An der Straße gibt es einigen Esslokale, die teilweise mit möglichst lauter Musik auf sich aufmerksam machen. Wir fragen in einer leisen Bude, was es zu essen gibt. Die junge Frau kann nur Hühnersuppe anbieten. Vor der nächsten Bude stehen Tische auf der Straße und einige Leute sitzen dort und essen. Die Musik ist noch erträglich laut und typisch westafrikanisch.
Es gibt Huhn, was auch sonst? Die Köchin rennt auf die Straße und ruft nach dem „Spezialist“. Der steht vor einer Wanne, in der Holzkohle glüht. Darüber röstet er Fische. Ich ändere sofort meine Bestellung in Fisch mit Fritten.
Wir setzen uns und warten. Es gibt keine Mikrowelle, alles wird frisch zubereitet, also dauert alles etwas länger.
Nebenan bekommen die Gäste ihre Speisen zugedeckt serviert, wie im besten Restaurant. Reis pur. Auch bei uns tut sich was nach einer hungrigen Wartestunde. Zuerst schleppt ein Mädchen den Kessel an und schüttet Wasser über unsere Hände-Händewaschen!
Dann kommen zwei große abgedeckte Platten. Unter meinem Deckel ist der Fisch, garniert mit Gemüse in Mayonnaise-Sauce, unter Sigrids Deckel verstecken sich etwa 45 Teile vom Huhn. Der Spezialist hat ein ganzes Huhn für sie zerhackt.
Es schmeckt sehr gut, doch die Rechnung schmeißt uns um. Fast 10000CFA müssen wir berappen. Im Hotel hätte es nicht mehr gekostet.
Als wir nach dem Verdauungsschnaps im Bett liegen, meldet sich bei mir mein Gedärm .Klinische Erscheinungen bereits zwei Stunden später lassen auf Staph.aureus Toxine schließen. Am frühen Morgen ist es dann soweit. Eigentlich war es ja nur eine Frage der Zeit, wann einen der Durchfall erwischt.
Ich schlucke Stulmisan, die Dosis für ganz große Hunde und es rumort nur noch im Bauch, drängt aber nicht mehr nach außen.

 

Tag 60

26.11.11 Samstag

Die Nacht war nicht sehr geruhsam.
Wir fahren auf einer sehr guten Asphaltstraße und erreichen in Pa die Straße von Bobo nach Ouaga. In irgendeinem etwas größeren Nest hatte es mal wieder einen Moppedfahrer erwischt. Er liegt leblos auf der Straße, die Polizei ist schon da. Erstaunlich wenige Gaffer stehen drumherum. Vierzig Kilometer weiter erreichen wir Boromo und das Campement „Soma“, welches uns die Lindenblütenhonigfarbene empfohlen hat. Mal wieder ein enger Hinterhof. Wir stehen direkt vor den Toiletten. N 11,74994°  W 002,93918°
Das Campement ist aufgebaut, wie ein Lobi-Gehöft. Eine Vielzahl von Menschen mischt irgendeinen Schlamm an, Kinder wuseln umher. Der Schlamm dient dazu, die Mauern des Gehöftes, das im sudanischen Stil gebaut ist, neu zu verschmieren. Wir rangieren den Toyo vor die Klos, ummauerte Vierecke, ohne Decke, mit ungehindertem Blick ins Weltall, mit einem Loch im Boden. Die Duschen sehen genauso aus, nur haben sie ein Loch in der Wand. Geduscht wird, indem man sich Wasser aus einer unserer Faltschüsseln über den Körper gießt. Als Camper genießen wir nicht den Vorzug anderer Gäste, die ein Zimmer gemietet haben und denen das Duschwasser im Eimer zur Dusche getragen wird. Das Wasser wird im 200l Fass auf dem Eselskarren von irgendwo geholt und in große 50l fassende Tontöpfe umgefüllt, aus dem man es mit Kalabassen zum Gebrauch wieder rausholt. Der Patron ist ein eisgrauer Franzose, Typ alternder Dandy. Wir hatten uns von diesem Campement mehr versprochen.
Wir kochen uns erst einmal unseren Zitronentee.
Nachdem ich ein wenig mein Magengrimmen gepflegt habe und wie eine Patte reglos in der Mittagshitze im Hochdach gelegen haben, gehen wir in die Stadt. Auf dem Weg dorthin überqueren wir eine kleine Brücke über ein Flüsschen, der in einem Teich mündet, in den sich durstig die Zebuherde stürzt, die gerade ankommt. Uns erfreut neben den Zebus besonders eine dicke Sau (45 kg lebend), die sich unter der Brücke suhlt.
Boromo ist so, wie die anderen kleinen Städte auch. Staubig, dreckig und voller Straßenhändler. Wir kehren durstig in der ersten Kneipe ein, wo einige Männer Bier trinken. Wir setzen uns an den Nebentisch und prompt kommt einer von denen rüber zu uns, setzt sich unaufgefordert und ohne zu fragen zu uns und beginnt irgendetwas über meine Nikon zu labern. Unsere Antworten fallen sehr einsilbig aus, so dass er bald geht. Meine Nikon packe ich jetzt aber lieber ein.


Wir gehen stadtauf stadtab, kaufen so etwas Ähnliches wie Quarkbällchen, die am Straßenrand in Öl ausgebacken werden. Meinen lasse ich Trottel sofort in den Dreck fallen. Jetzt knirscht er wegen des Sandes zwischen den Zähnen. Meinen zweiten isst Sigrid.
Zurück im Campement treffen wir ein französisches Pärchen, das englisch und ein wenig deutsch spricht. Die haben sich ein 125er Mopped gemietet und geistern damit durch die Gegend. Als sie zurückkommen, hat sich Madame übel am Auspuff verbrannt. Aber sie schwärmen von der Stille im Busch und dem Vogelzwitschern. Wir bewundern Leute, die vorher noch nie Motorrad gefahren sind und nun ohne jegliche Schutzkleidung auf afrikanischen Sandpisten und Städten durch die Gegend brummen.
Sigrid ist so nett und bereitet eingedenk meiner Darmmisere mein Lieblingsgericht: Spaghetti mit Rindfleisch aus der Dose.
Hier gibt es den Nationalpark deux Balés, am schwarzen Volta, dort gibt es Elefanten. Wir wollen morgen versuchen, da hineinzukommen. Die Elefanten sollen in der Trockenzeit selbst hier im Ort gewesen sein.

 

Tag 61

27.11.11 Sonntag
Erster Advent


Heute Morgen suchen wir die Piste in den Nationalpark und finden sie nicht. Die Wahrscheinlichkeit hier Elefanten zu finden, ist äußerst gering, weshalb wir nach 30 Minuten Suche nach der Einfahrt zum Nationalpark aufgeben und nach Ouagadougou fahren.
Die Asphaltstraße ist gut, die liegengebliebenen LKWs häufen sich.
Ouaga, die Hauptstadt des Landes der unbestechlichen Menschen, beginnt mit einer Prachtstraße.


Dank Stadtplan der freien openstreetmap-software kommen wir einigermaßen gut in die Nähe des Hotels, auf dessen Hof man campen darf. Die letzten Meter fährt ein Moppedfahrer vor uns her. Das Hotel der Luxusklasse liegt mitten in einem LKW-Parkplatz und Zollhof. Dort haben wir es nicht vermutet. Natürlich will der Moppeddriver Knete und ist nicht zufrieden mit dem, was wir ihm geben. Er bekommt noch einen Kugelschreiber dazu und dampft ab.
N 12,33540°  W 001,51416°
Wir füllen regulär den Meldezettel an der Rezeption aus und uns wird erklärt, dass Camping nichts kostet, dafür müssten wir aber im Restaurant essen. Die Duschen und die Toiletten des Swimmingpools dürfen wir benutzen, den Pool auch. Wir stellen uns auf einen ehemaligen Minigolfplatz und gehen danach zum Pool. Dort versucht eine schlanke schwarze Dame zwei dicken schwarzen Mädchen das Schwimmen beizubringen. Beide Mädchen ersaufen fast.
Aber es kommt noch besser: Eine Gruppe mittelaltriger Weißer hüpft in den Pool und beginnt nach der Anleitung einer Schweizerin Wassergymnastik zu betreiben. Auch wenn’s schwerfällt, wir lachen wieder nicht.
Ein rosaroter Bus kommt an, „Pink Caravan“, heraus fallen Schweden. Die kommen von Accra (Ghana) und wollen nach Dakar (Senegal). Sie schlafen auf dem Busdach in improvisierten Zelten. Irgendwie wird es immer verrückter mit den touristischen Gruppenreisen. Die Schweden tollen auf ihrem Busdach rum, vor lauter Höhenangst käme ich da gar nicht rauf.


Da wir versprochen haben, im Restaurant des Hotels zu essen, tun wir das, trotz des noch nicht endgültig verschwundenen „palus“. (Sigrid hat die zweite Dosis Stulmisan geschluckt. Dosierung für Schäferhunde, ich hoffe das reicht, nicht, dass ich noch die Schweinedosierung anwenden muss)
Die Preise sind gepfeffert. Sigrid bestellt Cordon bleu mit Erbsen, die isst sie sonst nie. Ich nehme eine ganze Lammhaxe, rosé gebraten.
Nach einer Stunde kommt die Nahrung. Sigrids Cordon bleu ist eingeschnürt wie eine Weihnachtsgans, so dass sie die Schere des Taschenmessers benötigt, um das Cordon zu befreien. Mein Lamm ist nicht rosé, es lebt noch, leidet allerdings an Muskelschwund.
Als guter Gast im fremden Land säbele ich tapfer rohe Fleischstücke ab, tauche sie in Piment (afrikanisches Gewürz, das das Wasser in die Augen treibt, und an das du dich beim nächsten Stuhlgang erinnerst)
Nachdem ich wie ein Löwe die Hälfte der mageren rohen Keule durchgekaut habe, meckere ich den Kellner doch an. Er schleppt den Rest des Beines weg, der wird noch einmal auf den Grill geschmissen und mir nach weiteren dreißig Minuten noch einmal serviert.
Mittlerweile sind auch die Schweden im Restaurant aufgetaucht und lassen kein Klischee unbedient. Die meisten kommen schon besoffen. Eine Schwedin hat ihr schulterfreies kleines Schwarzes angezogen. Wir haben was zu gucken.
Dann wird mir schlecht!! Nicht wegen der Kleinen im schulterfreien, sondern wegen rohem, lebendwarmen Fleisches, aus dessen Venen noch das Blut fließt. Und das alles auf einen noch nicht durchgestandenen Dünnpfiff. Das ist selbst für mich zu viel.
Nix wie raus aus der Bude. Die weitere Beschreibung meines Leidens lasse ich aus Rücksicht auf eventuelle minderjährige Leser aus.
Sigrid bekommt das erste Mal meinen Verdauungsschnaps, selbst den bekomme ich nicht mehr runter mir ist schlecht, und sie bringt mich ins Bett.
Bei Sigrid war dafür die Nacht um 5 Uhr vorbei, denn auch ihr „palus“ meldete sich wieder. Sie bekommt die nächsthöhere Dosis Stulmisan.

 

 

Tag 62

28.11.11 Montag

Auch diese Nacht war nicht sehr geruhsam (ich freue mich jetzt schon auf 6 Monate Dauerschlaf, wenn wir nach 22 Monaten wieder zu Hause sind)
Der Versuch, ein Ghana-Visum zu bekommen, steht auf dem Programm.
Wir kommen spät von unserem Minigolfplatz, auf dem wir stehen, weg und fahren auf die Hauptverkehrsstraße, vierspurig. Die Moppeds wuseln um den Toyo. Mit 30 km/h schleichen wir auf einen ampelgesteuerten Kreisverkehr zu und halten brav, hinter Moppeds und andern Autos an der roten Ampel. Wir fahren auch brav bei grün und schon pfeift uns ein tarnfarbener Polizist aus dem Verkehr. Er will die Fahrzeugpapiere und den Führerschein. Dann erklärt er uns, wir hätten das Zeichen eines anderen Polizisten im Kreisverkehr nicht beachtet und müssten 12000 CFA bezahlen. Spontan antworte ich, tue ich nicht. Nun gut, dann könnten wir unsere Papiere abends bei der Polizeidirektion wieder abholen und dort bezahlen. Jetzt klettere ich erst einmal aus dem Auto. Und frage, wo der Polizist ist, dessen Zeichen ich übersehen haben soll. Er zeigt in Richtung Kreisel und richtig, aus einem Busch winkt fröhlich ein anderer Tarnfarbiger.
Ich erkläre, dass ich fremd hier bin, Gast hier sei, keine Ahnung habe, zu alt sei, um überhaupt Auto zu fahren und er solle auf den Zettel, den er zwischenzeitlich ausgefüllt hat, mal die genaue Adresse draufschreiben, wo ich meine Autopapiere wiederbekomme. Er wedelt mit den Fingern vor meinem Kopf und zeigt wohl in die Richtung der Polizeidirektion.
Ich biete 3000CFA. Er will 12000CFA und fordert mich auf, wieder ins Auto zu steigen, denn schließlich blockieren wir eine ganze Kreiselspur.
Im Auto krame ich im Portemonnaie einen 5000CFA-Schein hervor. Er schnappt sich ihn durchs offene Fenster und fordert den Zettel zurück, den wir bei der Polizeidirektion vorlegen sollten. Habe ich bereits erklärt, was „Burkina Faso“ heißt? Noch einmal: Land der Unbestechlichen.
Die Ghanaische Botschaft öffnet ihre Pforten. N 12,37871°  W 001,51084°
Wir bitten um ein Visum. Es werden vier Passbilder verlangt und es ist ein Antrag auszufüllen. Auf einem blanko Bogen Papier ist eine Erklärung abzugeben, weshalb wir das Visum nicht im Heimatland beantragen konnten. Sigrid beginnt Passbilder aus den DIN A 4 Bögen auszuschneiden.
Ich schreibe in unserem Aufsatz, dass wir zu lange unterwegs seien, und das Visum, wenn es im Heimatland beantragt worden wäre, bei der Einreise bereits abgelaufen sei, und jetzt, wegen unseres hohen Alters, die letzte Chance sei, Ghana vor unserem Ableben zu besuchen. Wir zahlen 35400CFA und sollen am Donnerstag wiederkommen und das Visum abholen. Ich handele die freundliche Dame auf Mittwoch runter.
Wir gehen auf den Zentralmarkt. Noch zu Zeiten des pragmatischen Präsidenten Thomas Sankara (Wikipedia) wurde eine richtige zweistöckige Markthalle gebaut. So etwas ist natürlich völlig anders, als die sonst üblichen Straßenmärkte.
Ouagadougou versucht eine moderne afrikanische Stadt zu sein. Die Häuser sind wenigstens zweistöckig, manchmal aber nicht zu Ende gebaut, es gibt keine Bretterbuden mehr, aber den üblichen wuseligen Verkehrsstillstand.
Wir kaufen eine Melone und eine Ananas. Auf dem Fruchtmarkt haben die Mädchen das Sagen. Sie gehen dich so aggressiv an, um ihre Waren zu verkaufen, dass mir die Chewinggums lieber sind.
Wir haben noch nie eine am Strunk ausgereifte Ananas gegessen und sind hin und weg. Diese Ananas ist beinahe schon zu süß.
Die Schweden haben sich von ihrem Kater erholt und der Fahrer erzählt uns, dass bei Timbuktu eine Reisegruppe überfallen worden sein soll. Ein Deutscher wurde erschossen und die anderen seien gekidnappt.
Während ich den Luftfilter des Toyos reinige, und dabei meine einzige 6 er Nuss verliere und nicht wiederfinde, kommen die Engländer mit ihrem Landrover an, die wir in Bamako getroffen hatten. Sie haben, nachdem sie von der Entführung gehört hatten, ihren Trip nach Timbuktu abgebrochen.
Sie haben Nachrichten, dass die Grenze zur Dem.Rep.Kongo geschlossen sei und überlegen, ihren Landrover in Accra zu verschiffen. Bis wir an der Grenze zu Kongo sind, vergeht noch einige Zeit. Wir lassen uns (noch) nicht verrückt machen.
Die Schweden allerdings haben eine Flussfahrt nach Timbuktu gebucht. Die wird wohl ins Wasser fallen.
Aus den Erzählungen ergibt sich fologendes: am Freitag ist eine Gruppe mitten im Restaurant des Campements in Timbuktu überfallen worden. Eine Holländerin hat sich hinter dem Tisch versteckt und wurde nicht entdeckt und später ausgeflogen. Sie kam im Sleeping Camel in Bamako an, wo sie die Engländer noch trafen. Ein Deutscher leistete Widerstand und wurde erschossen. Die Fremdenlegion ist vor Ort.
Die Gegend nördlich von Hombori soll gesperrt sein.

Wir bereiten unser karges Mahl angesichts solcher Nachrichten und gehen ins Bett.

Tag 63

29.11.11 Dienstag

Was kann man schon in Ougadougou unternehmen, wo jede Ausfahrt vom Minigolfplatz wegen der räuberischen Polizisten teuer werden kann. Nichts. Wir gammeln so vor uns hin, Sigrid beginnt zu waschen, ich schleppe Wasser. Die Internetverbindung klappt nur im Foyer, wo ich mich niederlasse. Ich lade die Bilder über Picasa hoch, die in die Homepage eingebunden werden sollten. Den Fortschrittsbalken betrachte ich geschlagene 2 Stunden. Dann verreckt mein Browser Mozilla. Der Internetexplorer kommt mit den afrikanischen Verhältnissen überhaupt nicht klar. Ich lade Mozilla neu runter, lasse das Toughbook stehen und gehe in den Pool. Nach drei Stunden hat er es runtergeladen und Mozilla lässt sich neu installieren.
Die Hitze heute lässt alle Aktivitäten erlahmen. Sigrid vertreibt sich die Zeit am Auto.
Um kurz vor vier trauen wir uns von unserem Minigolfplatz runter, weil meine afrikanischen Kurzhosen, die ich vor 4 Tagen gekauft habe, zerrissen sind und wir einen Schneider suchen. Vielleicht finden wir ja auch einen Laden, wo es eine 6er Steckschlüsselnuss gibt. Den Schneider finden wir, die Nuss nicht. Ich weiß noch nicht einmal, was (Werkzeug)Nuss auf französisch heißt. An den Geierpolizisten müssen wir drei Mal vorbei. Wir machen uns unsichtbar, verstecken uns im Verkehr und ignorieren jedes Pfeifen.
Also rein in den europäischen Supermarkt. Das Sonderangebot von 25 Bierdosen „Königsbacher“ ist unser.
Heute Abend gibt es Spaghetti Bolognese, denn es gab in dem Laden auch Hackfleisch.
Von den vier Mädchen, die wir getroffen haben, hatte eine eine Erkältung. Jetzt habe ich sie. Höchst unangenehm. Ich werde richtig krank und bekomme Fieber. Erst der Durchfall, jetzt die Grippe. Von den Spaghettis nasche ich nur ein wenig, überlasse das Bier und meinen Verdauungsschnaps Sigrid und klettere ins Bett. Dort liege ich frierend und schwitzend und bin froh, dass ich Husten und Schnupfen habe und so eine Malaria ausschließen kann.

 

 

 

Tag 64

30.11.11 Mittwoch

Ich bin richtig krank und krabbele mit wackligen Knien aus dem Auto. Der Kaffee schmeckt mir auch nicht, ich trinke Milch.
Heute sollen wir das Visum für Ghana bekommen.
Wir packen die Klamotten ein und fahren von unserem Minigolfplatz in Richtung Stadt. Am Horrorkreisel entdeckt uns ein Polizist, pfeift und zeigt auf uns, die wir brav in einer Schlange hinter den anderen Autos herfahren. Wir beschließen, den Polizisten nicht zu sehen. Dieser Kreisel wird einfach zu teuer. Als wir an seinem erstaunten Gesicht vorbeigondeln, entdecken wir Polizeimotorräder am Straßenrand. Sie fahren nicht hinter uns her. Glück gehabt!
Eine Stunde vor der angegebenen Zeit sind wir in der Botschaft von Ghana. Der Hausdrachen an der Rezeption sprüht vor Zorn. Sie habe uns gesagt, dass wir erst am nächsten Tag wieder erscheinen sollen, den „fisst“ (first) Dezember. Ich erkläre ihr, dass sie so freundlich war, uns zu sagen, dass es doch heute schon das Visum gäbe. Der Drache verschwindet und führt uns kurz darauf zu einem distinguierten jungen Beamten in schwarzem Anzug und perfekter Krawatte, der uns einen Vortrag hält. Er habe unsere Erklärung, weshalb wir das Visum nicht im Heimatland besorgt haben gelesen, aber nicht verstanden. Das das Visum bis zur Ankunft an der Grenze verfallen würde, sei nicht schlüssig; denn schließlich gäbe es Jahresvisa usw.
Wir sitzen wieder draußen in den Polstersesseln und warten. Der Drache führt uns ins nächste Büro: Anklopfen, buckeln, eintreten, mir schlottern wegen des Fiebers die Knie. Ein jovialer Dicker sitzt dort mit unseren Pässen in der Hand. Auch er hält uns einen Vortrag. Ich bin es leid und sag ihm, Ouaga sei eine solch langweilige Stadt, dass wir hier keinen Tag länger bleiben wollen. Er soll uns doch einfach das Visum geben und „we are off of your cloud“ Er lacht sich kringelig. Wir sollen um 13:30 Uhr wiederkommen.
Drei Stunden Ouaga! Es gibt dort mitten in der Stadt einen See. Den umfahren wir, nicht ohne drei Mal von der Polizei kontrolliert zu werden. Das eine Ufer des Sees ist fertig ausgebaut. Wir finden einen Lunapark. Ich hoffe, mich dort auf einer Bank ausruhen zu können. Als wir den Park betreten wollen stürzen die Securityleute auf uns zu und bedeuten uns –freundlich- der Park sei geschlossen. Zurück zum See. Auf einer Schlaglochpiste fahren wir die andere Seite des Sees ab. Dort wo wieder Asphalt ist finden wir eine „Strandbar“. Wir trinken eine Cola und ich schlafe auf dem Stuhl ein.
13:30 Uhr Botschaft von Ghana: Der Rezeptionsdrache tut so, als sähe sie uns zu ersten Mal. Sie hat zu tun. Endlich kramt sie aus der Schublade unsere Pässe, drückt uns eine Kladde in die Hand, in der wir selber noch einmal unsere Daten eintragen müssen. Zum Abschied sage ich ihr, was für ein bezauberndes Lächeln sie hat, sie sollte öfter lächeln. Der Drache grinst und dann sind wir draußen.
Um nach Süden in Richtung Ghana zu fahren, müssen wir wieder durch den Kreisel des Schreckens. Wir pirschen uns an und schlängeln uns unbemerkt durch.
Über riesengroße Ausfallstraßen geht es in Richtung Po. Die Landschaft ist afrikanischer Busch ohne Höhepunkte.


Die Stadt Po ist dicht vor der Grenze und wir finden ein Hotel „Tiendora“ in dem wir für 6000CFA ein Zimmer bekommen.
N 11.18356 W 1.14491. Ausgesprochen freundliche Bedienung.
Ein gutes afrikanisches Hotelzimmer ist sauber. Es besteht aus einem Doppelbett, mit frisch bezogenem Laken und darüber ein Moskitonetz, einem quietschenden Ventilator, einer Steckdose, die halb aus der Wand gerissen ist, abblätternde Wandfarbe, einem zerrissenen Vorhang vor den Fenstern, einer nicht schließenden Badezimmertür, die knöchelhoch weggefault ist, einem Wasserhahn, der über dem Waschbecken so dicht angebracht ist, dass man sich darunter nicht die Hände waschen kann. Außerdem ist er wacklig, man muss ihn mit einer Hand festhalten und mit der andern den Hahn öffnen. Das Bad gleicht einer Tropfsteinhöhle, die Wasserspülung hat ein Eigenleben. Der Spiegel ist zur Hälfte blind. Als Service wird das Zimmer vor dem Schlafengehen mit Insektenspray ausgesprüht, dass nicht nur den Mücken die Luft ausgeht.
Wir essen Reis mit Tomatensauce. Mir geht es immer noch nicht gut, ich esse nur wenig, das Bier schmeckt nicht und ich beginne zu frieren (bei geschätzten 28 Grad). Da keine Decke zum Zudecken vorhanden ist, ziehe ich meine „Skiunterwäsche“ an und schlafe prachtvoll. Sigrid deckt sich mit ihrem Handtuch zu.

 

Tag 65

01.12.11 Donnerstag

Es steht mal wieder ein Grenzübertritt an. Westafrika ist lästig, es gibt zu viele Grenzen.
Die Ausreise aus Burkina ist problemlos, wenn man sich an den LKW vorbeigeschummelt hat. Die LKW-Fahrer helfen dabei.
Der Zoll kassiert das Laisser paser für das Auto, wenn man die Polizei gefunden hat, muss man an einem Tisch im Freien unter einem Schattenbaum, die Autopapiere vorzeigen und die Versicherung für das Auto (warum eigentlich bei der Ausreise????). Sigrid verschwindet mit den Pässen in einem Gebäude und kommt mit Ausreisestempeln in den Pässen wieder raus. Die Autoversicherung ist erst einmal verschwunden, kommt jedoch nach 15 Minuten wieder zurück.
Die Sucherei nach den richtigen Behörden in der richtigen Reihenfolge ist schwierig und lockt ungerufene Chewingum-Helfer herbei. Die Grenzpolizei von Ghana verlangt das Ausfüllen eines Formulars, auf dem die Adresse in Ghana angegeben sein muss, wo man denn in Ghana zu nächtigen gedenkt. Wir schreiben „Camping“. Das erzürnt den Beamten. Er will eine vernünftige Adresse. Ich biete ihm an „Sheraton in Accra“. Er guckt blöd. Ich erhöhe auf „Hilton in Accra". Ein ebenfalls anwesender Weißer erzählt, er habe im Relax Lodge in Tamale geschlafen. Wir schreiben brav Relax Lodge und schon ist Frieden.
Der Zoll erkennt unser Carnet an, kontrolliert am Auto die Fahrgestellnummer (die wussten genau, wo sie ist) und stempelt es korrekt ab und der ungerufene Chewingum-Helfer, der uns nicht von der Seite weicht, ist sauer, weil er nix bekommt. 1 ½ Stunden dauert diese Grenze, eine der schnellsten Grenzüberquerungen bisher.
Wir rollen auf einer Superasphaltstraße nach Tamale. Die Dörfer bestehen hier aus richtigen Häusern, der Verkehr ist dicht, die Moppeds werden weniger. Die Gräben an den Straßenrändern sind teilweise ausbetoniert. Man merkt, dass man nicht mehr im Armenhaus Afrikas ist.


Am Straßenrand sind riesige Fahnen aufgehängt, die einen christlichen Wanderprediger ankündigen. Alle christlichen Sekten dieser Erde scheinen hier um Mitgliedschaft zu werben, aber in jedem Ort steht auch eine Moschee.
Tamale ist eine große Stadt. Wir finden das „catholique guesthouse“, wo wir campen dürfen. Auch hier wird uns ein Zimmer zum Duschen und mit Klo aufgeschlossen.
Das Gästehaus ist ein riesiges Gelände, mit mehreren Zimmerblocks, einem Biergarten und einem Restaurant und einem privaten Bereich, den wir nicht betreten dürfen, der sicher noch einmal so groß ist für den Bischof (?)
Dort wo wir stehen scheint die Müllkippe des Katholischen Heimes zu sein, wir finden hier gebrauchte Ölfilter und diverse andere ausrangierte Gegenstände. Aber wir haben auch einen kleinen Sonnenschutz für uns alleine, unter dem wir am nächsten Morgen frühstücken.
Wir gehen ein wenig in die Stadt, um Brot zu kaufen, finden aber nur die Metzger, die u.a. gehäutete aber nicht enthornte Rinderköpfe anbieten. Als ich einen fotografieren will, bekomme ich Ärger. Der Metzger ist höchst erbost. Ich lobe seine Ware und erzähle, dass wir so etwas Leckeres in Deutschland nicht bekommen. Er ist nur schwer zu beruhigen.



Einige eifrige Deutsche von Misereor sind im Gästehaus angekommen. Sie tun wahnsinnig wichtig.
Auffallend ist, dass insbesondere die Uniceffritzen mit den teuersten Landcruiser V8 unterwegs sind. Ein solches Auto ist bei uns nicht unter 150000€ zu bekommen. Auch die anderen Hilfsorganisationen geben sich nicht mit Kleinwagen zufrieden ein moderner Landcruiser 200 mit Fahrer muss es schon sein. Da freut man sich doch, wenn man sieht, wo die Spendengelder hinfließen.
Jetzt hat Sigrid den Schnupfen. Ihr geht’s nicht gut. Ich hoffe wir haben diese elende Erkältung bald überstanden.
Nicht Sigrids Geschnorchel stört die Nachtruhe sondern die muslimischen Krawallterroristen. Sie haben das katholische Gästehaus mit Minaretten umzingelt und an jedes eine 1000 Watt Lautsprecheranlage getackert. Der Lärm morgens um vier ist unbeschreiblich. Allahu akbar!

 

 

Tag 66

02.12.11 Freitag

Heute hat Katherina Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch.

Wir verlassen das katholische Gästehaus und fahren in die Stadt. Als erstes plündern wir mal wieder einen Geldautomaten. Ghana ist deutlich teurer als Burkina Faso. Dann finden wir nach langem Suchen in einem Supermarkt Papiertaschentücher. Vier mal 10 Packungen sind genauso teuer wie unsere Übernachtung bei den Katholiken.
Wir tanken (ca. 0,85€ /Liter, der Diesel ist teurer als Superbenzin) und fahren in Richtung Mole-Nationalpark. In Fryusu geht die Piste zum Nationalpark ab. Eine der ganz üblen. Brutalwellblech wechselt sich ab mit ausgewaschenen Schlaglochpassagen, die teilweise so eng sind, dass keine 2 Autos aneinander vorbeipassen.
Der Nationalpark kostet 40 Cedes Eintritt (20 €). Gleich am Eingang gibt es ein Supermotel und das Infocenter. Aber auch einen Campingplatz mit sauberer Dusche und Klo und unseren Engländern aus Ouaga, die wir in regelmäßigen Abständen wieder treffen.


Es ist noch früh und wir fragen die Ranger, ob wir mit unserem Auto ein wenig durch den Park fahren dürfen. Uns wird erklärt, dass das nur mit bewaffneten Führer möglich sei, aber, wenn wir keinen mitnehmen können, könnten wir hinter einem Safari-Auto mit Führer hinterherfahren.
Wir staunen, wie die Ranger hier die Touristen in bzw. auf den Safariautos verstauen. Auf dem Dachträger von Patrol oder Landrover sind Pygmäeensitze angebracht, auf die quetschen sich die eloquenten jungen Rucksacktouristen. Sind nicht genügend Sitze vorhanden, hängen die weißen Touristen wie die Afrikaner am Reservereifen und werden so durch den Busch gekarrt.
Wir folgen einem Landcruiser, der mit Fahrer, bewaffnetem Führer und einem weißen Paar besetzt ist. Wie sich herausstellt ist dies eine der schlechtesten Ideen, die wir je hatten. Das Auto vor uns staubt uns völlig ein. Ich halte so viel Abstand, dass ich gerade noch erkennen kann, wo der hinfährt. Er fährt durch zwei Meter hohes Gras, das finde ich gar nicht putzig, weil es den Kühler verstopft. Wir sehen zwar Warzenschweine und einige Antilopen aber sonst außer anderen „Safariautos“ voller Touristen keine Lebewesen.
Dafür springt bei einem Stopp der kleine bewaffnete Führer aus dem Auto vor uns und macht mich übel an, wieso ich hinter ihm herfahre. Ich erkläre ihm, dass die Ranger am Tor, mir geraten hätten, hinterher zu fahren. Er beruhigt sich etwas.
Zurück auf dem Campingplatz stellen wir erstaunt fest, wie verstaubt unser Auto ist!
Wir essen im Restaurant des Motels am Swimmingpool (eine Stunde Wartezeit) trinken zwei Bier und bestaunen die jungen weißen Eloquenten, wie sie sich selber bestaunen ob ihres tollen Afrikaurlaubs.
Wir werden den angebotenen 2 stündigen Fußmarsch morgens um 7 nicht mitmachen, denn Sigrids Schnupfen hat sich nicht gebessert, eher durch den Staub verschlimmert.
Auf diesem Campingplatz sind wir ziemlich in der Wildnis. Von einer Terrasse kann man ins Tal zu Teichen schauen, dort wo ständig die Elefanten baden sollten, was sie nicht tun. Wir sehen keinen der Dickhäuter. Es ist nachts um vier und die Krawallterroristen schlagen auch hier zu! Allahu akbar.

 


 

Tag 67

03.12.11 Samstag

Ich ärgere mich dermaßen über die Krawallterroristen, dass ich nicht mehr schlafen kann.
Beim ersten Morgengrauen raschelt irgendetwas um das Auto herum. Ich vermute die Engländer, die früh aufbrechen wollen. Als ich aus dem Fenster schaue, bin ich doch bass erstaunt, 3 Warzenschweine zu sehen, die direkt vor unserer Tür im Gras nach Fressbaren suchen. Die alte Bache hat furchterregende Hauer von wenigsten 20 cm Länge.
Die Viecher lassen sich nicht stören, als ich aufstehe. Erst als wir versuchen das Frühstück zu bereiten, werden sie aufmerksam und Sigrid und ich flüchten ins Auto zurück, weil die Schweine doch zu viel Interesse an unserem Fühstück zeigen. Vor dem Auto steht die Bache. Nachdem sie sich ein wenig verzogen hat, stellt Sigrid Brot und Butter auf den Tisch und schon versucht das Biest, den Tisch zu erklimmen und uns zu verscheuchen. Ottonisches Gebrüll hält sie vom schändlichen Vorhaben ab, allerdings treibt die Sau mich wieder ins Auto. Blöde Situation, aus der uns die Engländer erretten, denn sie decken ihren Frühstückstisch und lenken die Schweine auf sich.
Die Aussichtsterrase ist durch eine Bretterbrücke mit dem Hang verbunden. Die Bretter haben Spalten und Klauentiere gehen nicht über Spalten. Wir tragen unser Frühstück flott auf die Terrasse. Die Schweine folgen uns nicht über die Brücke, belagern uns aber.


Irgendwann hauen sie ab, die Engländer auch.
Wir machen uns ans Werk, den Toyo zu säubern und die total eingestaubte Wäsche zu waschen.
Ich reinige die Solarzellen, die unter fingerdickem Staub kein Volt mehr hervorzaubern. Dann den Luftfilter-und wieder löst sich der Turboschlauch und ich habe 2 Stunden Arbeit alles wieder zusammen zu bauen.
Sigrid wäscht. In der Zwischenzeit ist ein Schnösel eingetroffen, der direkt neben Sigrid sitzt und ihr zuguckt. Aus einem Schnösel werden drei.
Ein tolles Bild. Unter dem Sonnenschutzdach stehen zwei Tische direkt nebeneinander. An einem wäscht Sigrid auf dem andern liegt ein Schnösel auf dem Bauch und schaut in ihre Waschschüssel. Die anderen beiden sitzen ihr gegenüber auf der Bank. Nach 2 Stunden will ich das fotografieren und siehe: die Schnösel wollen nicht fotografiert werden, was mich dazu bringt, sie mit der Kamera zu verfolgen, bis sie das Weite suchen.
Fünf Minuten später sind drei Kleinschnösel da und genauso lästig, bis ein Afrikaner sie verjagt.
Die nächsten Kleinschnösel lassen nicht lange auf sich warten und stehen uns auf den Zehen. Als einer mir zum Pinkeln folgt, versuche ich ihn anzupissen.
Sigrid hat beschlossen das Auto zu reinigen, während ich versuchen will, das Restwasser aus der Stoßstange abzulassen. Geht leider nicht; denn Dieter hat Stopfen in Zollgröße verbaut. Ein 11er Schlüssel ist zu groß und dreht den verbauten Vierkant rund, ein 10er zu klein. So werden wir wohl mit gammeligen Wasser durch die Gegend fahren müssen.
Da kommt mir der Gedanke, das Wasser mit Hilfe von etwas Druckluft und der Wasserpumpe abzupumpen. Ich mache Druck auf die Stoßstange und höre, wie irgendwo im Wassersystem eine Leitung platzt(?).
Der Wasserkasten steht mal wieder 2 cm hoch unter Wasser. Ich suche die undichte Leitung und finde eine Schelle, die sich gelöst hat, an einer Stelle, die eine Reparatur ohne vollständige Demontage des Toyoinneren kaum zulässt.
Ich beschließe erst einmal meinen Zitronentee zu kochen und für Sigrid Wasser abzukochen, sie verträgt meinen Tee nicht. (2 l Wasser, zwei hiesige Zitronen, etwa hühnereigroß, in dünne Scheiben schneiden, mit dem Wasser aufkochen, etwas Zucker und 15 Minuten ziehen lassen. Abfüllen in eine Aluflasche, Flasche in einen Socken, Socken nass machen, in die Sonne stellen, nach einer Stunde ist der Tee kalt)
Während ich koche und Sigrid putzt, kommt der nächste Besuch. Eine Horde Paviane. Toll, wir haben den Inhalt des Toyos nach außen gestülpt und die Diebesbande rückt an. Sie kreisen uns ein. Erstaunlicherweise zuerst die Weiber mit den Babys auf dem Rücken oder unter dem Bauch. Die beiden Chefs kommen zum Schluss. Einer geht mit seinem Gefolge zu einem Sonnenschutz und fläzt sich auf den Tisch, ganz nach Schnöselart. Das Gefolge sitzt drumherum, als warten sie am Tisch auf den Kellner. Ständig schleicht irgendein Pavianschnösel um uns herum. Wir bewachen unsere Klamotten.


Als der Tee fertig ist, kippe ich die ausgekochten Zitronenschalen auf einen Stein. Schon kommt der zweite Chef, jagt mit einem Grunzen andere Affen weg, setzt sich behäbig vor die Zitronenschalen und lutscht eine nach der anderen aus. Ein paar Kleine sitzen im Kreis und betteln, bekommen aber nichts ab.
Sigrid beginnt vorne das Cockpit zu putzen, ich kann die hintere Tür des Toyos nicht schließen, weil der Kocher noch zu heiß ist, um eingepackt zu werden. Er blockiert die Tür. Plötzlich interessieren sich die Schnöselpaviane für mich. Sie tauchen rechts und links auf in einem Meter Abstand und kommen der offenen Tür immer näher. Ich will sie jetzt doch schließen und aus dem Auto heraus springt ein Pavian. Obwohl Sigrid im Cockpit sauber machte, hatte sich der Kerl hinten ins Auto gemogelt und lag wohl im Bett im Hochdach.
Nach etwa drei Stunden bricht die Sippe auf und verschwindet. Die Chefs zum Schluss, sie werfen uns böse Blicke zu.
Eigentlich fehlt jetzt die Elefantenherde.

Während wir den sundowner am swimmingpool nehmen und auf die Elefanten am Wasserloch warten, treffen wir auf drei deutsche junge Frauen, die hier in Ghana ihre Praktika absolvieren, oder für einige Monate für eine Hilfsorganisation arbeiten.
Am Camping ist im Dunkeln ein gemischt farbiges Pärchen eingetroffen und hat ein Zelt aufgebaut.
Sigrid macht Erbsensuppe aus der Tüte und wir können sie unbelästigt von Warzenschweinen, Pavianen und Schnöseln genießen.

 

Tag 68

04.12.11 Sonntag

Nachdem wir zum Frühstück wieder vor den Warzenschweinen auf die Aussichtsterrasse geflüchtet sind, brechen wir auf in Richtung Kumasi, ohne dass wir die Elefanten gesehen haben.
Der Mole-Nationalpark bietet eine Vielzahl von Aktivitäten, die es mit einem Erlebnispark aufnehmen können. Man kann Wanderungen zu Wasserfällen machen, man kann im Baumhaus schlafen usw. Eine tolle Einrichtung für Leute, die kleine organisierte Abenteuer erleben wollen.
Die Piste in Richtung Kumasi ist genauso schlecht, wie die, die zum Nationalpark führt, bis die Asphaltstraße erreicht ist. Sie wird rechts und links von tiefen Gräben gesäumt.
Uns überholt ein Reisebus auf der miesen Piste, der kurz darauf am Pistenrand steht und alle Fahrgäste ausgespuckt hat. Im Graben steckt ein Mazda-Pickup.
Wir halten an und werden gebeten, den Pickup aus dem Graben zu ziehen. Der hat sich das linke Vorderrad fast abgerissen, der Reifen ist platt und steckt zur Hälfte im Grabensand. Die rechten Reifen stehen auf dem Grabenrand, das Auto „schwebt“ über dem Graben. Hier kommt Ollies 7,5 Tonnen-Abschleppseil zum Einsatz. Wir zerren die Kiste auf die Piste, 100 Afrikaner aus dem Bus heben, schieben und zerren auch und der Pickup steht wieder auf der Piste, mit total verbogener Vorderachse. „God bless you“ höre ich von allen Seiten. Na hoffentlich hört der es auch.


Nach Kumasi ist es weit! Wir wollen im presbyterian guesthouse übernachten und kommen wie meistens mit noch einer Stunde Tageslicht in Kumasi auf dem Gare routier, wo man nur zentimeterweise vorankommt, an. Und die Zeit läuft ab, gleich ist es stockfinster! Ich frage den erst Besten nach den Presbyterianern und werde irgendwo hingeschickt, frage den Zweiten, der nicht mit mir spricht, komme in dem Wahnsinnsverkehr dieser quirligen tollen Stadt an eine Kirche und frage jemanden, was einen Menschenauflauf zur Folge hat. Alle Versammelten diskutieren, wo ich den nun hinwill. Und die Zeit bis zur totalen Finsternis tickt, noch 20 Minuten. Ich breche die Diskussion ab, indem ich ins Auto springe, fahre auf eine Hauptstraße, wo ein paar Besoffskies auf einem Gitter hocken. Die freuen sich, als ich sie anspreche und geben mir detaillierte Auskunft. Noch 10 Minuten, bis Licht aus. In einer einsamen Gegend läuft ein einsamer Fußgänger, den ich als nächsten frage. Er sagt, ich sei gerade am Guesthouse vorbeigefahren, ich soll mal um den Block fahren, dann träfe er mich wieder und dann zeige er mir die Einfahrt. Also einmal um den Block, der Typ ist tatsächlich dort, wo erwartet, und wir stehen fast genau vor der Einfahrt mit einem winzigen Hinweis auf das presbyterian guesthouse, rein ins Tor und das Tageslicht wird ausgeknipst.
Wir dürfen auf dem Gelände Campen und die Duschen und Toiletten benutzen, die unglaublich nach Mottenkugeln stinken.
Der englische Reiseführer aus dem Sleeping Camel in Bamako ist mit einer neuen Gruppe und einem anderen Bus auch hier, und wir diskutieren die Ereignisse aus Timbuktu, wo er jetzt mit der Gruppe nicht hin kann.
Es ist Sonntag und die Presbyterianer haben ihr Restaurant geschlossen. Bei uns gibt es Spaghetti mit Thunfisch und Oliven vom Aldi zu Hause.
Sigrid hat schlecht geschlafen.

 


 

Tag 69

05.12.11 Montag

Neben unserem Standplatz ist die Kirche, wo schon morgens früh frohlockt wird. Unter uns am Hang wird neu gebaut. Im Rohbau im Erdgeschoss sind Tische und Bänke aufgebaut und ab 8 Uhr beginnt dort die Schule. Die Kinder kommen brav alle in Schuluniform.
Wir finden einen Supermarkt in Kumasi, müssen fürs Parken bezahlen und bekommen einen Zettel an die Windschutzscheibe wie bei uns zu Hause.

 

Im Supermarkt gibt es nur löslichen Kaffe, aber Cidre aus der Maruja-Frucht. Köstlich, aber teuer.
Wir tanken, die Tankwärterinnen befeuern sich köstlich und können es nicht glauben, dass wir mit dem Auto bis nach Ghana gefahren sind. Wir bekommen eine Tank-Quittung, darauf das amtliche Kennzeichen !
Wir wollen an die Küste, um endlich etwas zu relaxen. Der englische Fremden- führer hat uns den Namen eines Campements in der Nähe von Elmira gegeben, also fahren wir in Richtung Cape Coast.
Die Straße nach Süden ist eng mit viel Verkehr, mündet aber bald auf eine große Asphaltstraße mit viel Verkehr, die zur Horrorpiste wird. Schon bald reiht sich Schlagloch an Schlagloch, die Straße ist unbefahrbar, aber es gibt keinen Ausweg, denn rechts und links sind Gräben und dichter Regenwald. Der Verkehr ist mörderisch, der Staub auch, man sieht fast nichts, denn die Straße besteht aus Erdlöchern. Die Busse knallen über die Löcher und nebeln uns ein, die LKWs quälen sich die Steigungen hoch, man fährt ihnen beinahe hintendrauf, weil man im Staub nichts sieht. Die Fenster müssen geschlossen bleiben, wegen des Staubes, die Hitze im Toyo ist unerträglich, der Schweiß läuft in die Augen. Zwischendurch gibt es Mondlandschaften, wo versucht wird, Gold aus der Erde zu waschen. Eine gelbtümpelige, ungesunde Gegend, dann wieder Dörfer, wie im wilden Westen zum Goldrausch.


 

Die Autos quälen sich mit maximal 30 km/h vorwärts.
Irgendwo setze ich, weil man von der Piste nur in den Dörfern runterkommt, den Toyo mit dem Hintern ins Gebüsch und wir machen Mittagspause und essen Mangos. Leider ist keine Mangozeit und die Früchte schmecken so wie bei uns vom Aldi, sie sind nicht am Baum ausgereift.
Bei dieser Fahrerei auf dieser Pist ist klar, dass wir unser Ziel nicht erreichen.
Die Zeit bis zur Finsternis tickt mal wieder.
Es kommt eine größere Stadt: Tarkwa. Das erste Hotel ist ausgebucht! Aber es gibt eine Lodge, die wir sogar ohne zu fragen finden. Sie ist halbfertig gebaut und es gibt ein Zimmer. Das zweitbeste, das wir nach dem Parador in Ceuta in Afrika beziehen. Alles sauber und intakt. Wir müssen das Zimmer sofort bezahlen, ebenso wie das Dinner, bevor wir es gegessen haben, auch die Biere, bevor sie durch den Rachen gestrudelt sind. Es gibt eine Dusche, selbst Klimaanlage, Fernseher und Licht, das allerdings ab und zu ausgeht. (Lodge Morning Star N 5.30631 W 2.00158) Zimmer kostet 35 Cedies, etwa 17,50€.
Wir gehen erschöpft nach einem Pfeffersteak und Boef Stroganof (kein Kellner konnte es aussprechen) ins Bett und werden kurz darauf brutal geweckt. Es kommen wohl noch Gäste an, die einen Krach machen, wie eine Büffelherde. Einige unserer Zimmerfenster gehen auch zum Gang, so dass wir das Gefühl haben, die Neuankömmlinge trampeln durch unser Bett.

 

Tag 70

06.12.11 Dienstag (Nikolaus, es werden sogar kleine Stoff-Nikoläuse an der Straße angeboten)

Eigentlich wollten wir uns noch Tarkwa ansehen, doch in die Stadt hinein staut sich der Verkehr, so dass wir nach dem Frühstück (Rührei) in Richtung Cape Coast aufbrechen.
Die Asphaltstraße ist jetzt gut und wir kommen gut voran. Vor Mufriso überhole ich ein Auto, ein anders kommt mir wild blinkend entgegen. Die blinken hier alle, also denke ich mir solange nichts dabei, bis mich die Polizei rauswinkt. Der Bulle hält mir eine Laserpistole unter die Nase, die 67 km/h anzeigt und behauptet, das sei die Geschwindigkeit, die ich in der Stadt gefahren sei. Meine Papiere könne ich mir morgen in Tarkwa abholen. Die übliche Masche, um die Leute erst einmal zu schockieren. Ich erkläre ihm, dass ich das bestimmt nicht tun werde, ich sei Tourist und werde nicht kreuz und quer durchs Land fahren. Wenn ich zu schnell gefahren sei (bin ich), so werde ich meine Strafe bezahlen. Er entgegnet freundlich, dass sei schön, dass ich selber auf diese Idee gekommen sei. Ich zücke das Portemonnaie und gebe ihm 20 Cedies, woraufhin er meint, von der Sorte möchte er noch vier Scheine, schnappt sich weitere 4 Scheine und ist weg. Ich bin stinksauer, tröste mich damit, dass ich tatsächlich zu schnell gefahren bin und außerdem ein anderes Auto bei durchgezogener Linie überholt habe.
In dichten Verkehr kommen wir an die Küste nach Takoradi und fahren in Richtung Elmina. Dort biegen wir zum Coconut Beach Ressort ab, einer Luxusanlage mit Golfplatz. Hinter diesm Ressort ist noch eine Superhotelanlage gebaut und dazwischen liegt das Stumble`s Inn. Ein Campement, welches von Holländern bewirtschaftet wird und gemütlich ist. Siske, so heißt die Chefin, führt unseren Toyo durch den Garten, bis wir direkt am Meer stehen.
N .07528 W 1.37684


 

Nach dem Begrüßungsbier gehe ich baden im Meer und Sigrid schlafen, Achtung es gibt unter Wasser Felsen, ich lege mich zu Sigrid und wir relaxen endlich mal.
Abends gibt es Hühnchen in Weißweinsauce. Das beste Essen, das wir bisher in Afrika gegessen haben.
Wir schlafen herrlich bei angenehmen Temperaturen und dem Rauschen des Meeres. UND OHNE ALLAHU AKBAR

 

https://picasaweb.google.com/110470681778190580932/BurkinaGhana?authuser=0&authkey=Gv1sRgCP6ViIag35THowE&feat=directlink#

Tag 71

07.12.11 Mittwoch, Helgas Geburtstag, herzlichen Glückwunsch

Nichts !!!!!
Irgendwann gehen wir mal ins Meer, sonst nichts!
Endlich mal nichts.
Nachmittags gehen wir ins benachbarte Luxushotel und bezahlen 3 Cedies für den Code des WiFis. Danach sitzen wir stundenlang im Gebüsch vor der Mauer des Hotels und versuchen die Homepage zu aktualisieren, ohne Erfolg.
Wir haben den Text Carmen per mail geschickt, sie wird ihn einstellen.
Und heute Abend gibt es für mich Lobster, ich freue mich drauf.

Es gibt sogar fünf kleine Lobster.

 

Tag 72

08.12.11 Donnerstag

Wir sitzen in unserem, gemütlichen Campement beim Kaffeetrinken und lassen uns Zeit. Wir sitzen links neben dem Auto im Schatten, der Kocher steht auf seiner Ablage an der hinteren rechten Tür, darunter steht auf dem Boden unser großer Topf vom Kochtopfset, in den alle anderen Töpfe und die Pfanne verstaut werden.
Als wir fertig sind und Sigrid abwaschen will, ist der Topf weg. Es beginnt das große Suchen, der Topf bleibt verschwunden. Irgendein Idiot, der auf dem schmalen Weg zwischen Campabtrennung (gerade mal kniehoch) und Strand unterwegs war, hat uns den Topf unter dem Hintern weg geklaut. Wir sind stinksauer und erzählen die Klauerei Siske. Die beginnt Sucher auszuschicken, die mit wenig Elan beginnen, den Topf zu suchen, außerdem telefoniert sie in die umgebenden Dörfer.
Der Topf bleibt weg! Wir lassen unser Auto nicht mehr aus den Augen, räumen ständig alles ein, verschließen die Türen, so wie wir uns nur 2 m fortbewegen. Das macht keinen Spaß auf einem Campement.
Mit dem Taxi fahren wir in die Stadt Elmina zum ältesten von Portugiesen errichteten Fort auf afrikanischen Boden (1482). Ein gewaltiges Fort, mit Zugbrücke und allem drum und dran. Nachdem der Goldhandel zurückgegangen war, haben die Holländer das Fort übernommen und einen lukrativen Sklavenhandel begonnen. Die Sklavenstallungen sind schon beeindruckend, darin konnte eine Menge Mensch untergebracht werden. Über den Frauenstallungen befindet sich ein Balkon, von dem die Herrenmenschen ihr Spielzeug aussuchen konnten.


 

Elmina liegt an einer kleinen Lagune, an der ein Fischmarkt abgehalten wird. An den Geruch muss man sich erst gewöhnen. Der Trubel ist riesengroß, die Farben der Frauenkleider, der Fischernetze und der Boote überwältigend. Große rosa Rochen liegen auf dem Boden neben großen Töpfen von kleinen Fischen, die in Taxis verladen werden. Zwei Sauen wuseln über den Markt und versuchen Jamswurzeln zu klauen. Es gelingt.

 

 


Am Ende der Stadt gibt es große Tonöfen, auf denen in Eisengestellen Fische über Holzfeuer geräuchert werden.
Wir finden die Kirche, die 1900 gebaut wurde und alte Häuser aus der Kolonialzeit. Eine Umleitung bringt uns in die Hinterhöfe der Häuser, wo sich eng das Leben in viel Schmutz abspielt. Überall werden wir ignoriert oder freundlich begrüßt.


Auf dem Markt finden wir den Kochtopfhändler und kaufen ihm einen 2 Liter Alutopf ab als Ersatz für den geklauten. Beinahe, aber auch nur beinahe passen die anderen Töpfe unseres Sets in den neuen.
Es ist unerträglich heiß und wir fahren mit dem Taxi zurück.
Abends gibt’s Boeuf Stroganoff, das scheint hier in Ghana ein Nationalgericht zu sein.

Tag 73

09.12.11 Freitag
 

Wir brechen heute auf. Die beiden Holländer empfehlen uns, zu einem Campement zu fahren, von dem der höchste Wasserfall Westafrikas zu sehen ist, und das von Deutschen bewirtschaftet wird.
Wir wollen nicht über Accra fahren und versuchen Accra zu umgehen. Die Navigation ist schwierig, weil es so gut wie überhaupt keine Beschilderung gibt. Der Maßstab unserer Karte ist zu groß, die Software verzeichnet überhaupt keine Straßen. Wir fahren auf kleinen, recht guten Asphaltstraßen, die ab und zu zu üblen Pisten werden und kommen an den Voltasee. Ein Stausee, der fast ganz Ostghana einnimmt. Er müsste der drittgrößte der Welt sein.
Eine Brücke führt über einen Seitenarm des Sees. Auf der Suche nach der Stadt Akosombo überqueren wir sie (1 Cedie Brückenzoll).

Die Straße endet auf dem Fußballplatz eines Dorfes, wo uns „Messie“ sagt (er trägt ein Trikot mit dem Aufdruck), wir müssen wieder über die Brücke zurück. Und es wird mal wieder dunkel (Sonnenuntergang 17:42 Uhr)
Wir hetzen zurück und finden, nachdem wir die Brücke wieder gequert haben (1 Cedie Brückenzoll) direkt dahinter, romantisch am See gelegen, eine Hotelanlage, auf der wir campen dürfen, am hoteleigenen Schrottplatz. Mit 10 Cedies ( 5€ ) pro Person reichlich teuer. Der Toyo steht direkt am Seeufer, der volle goldene Mond steigt über den grünen Hügeln Afrikas auf und spiegelt sein silbriges Licht auf den kleinen Wellenbergen des Sees und setzt ihnen flackernde Lichter auf. (gut ne?)
Wir essen im Restaurant des Hotels und ich bestelle, blöder geht es nicht, Beefchilli. Beefchilli in Afrika! Das Zeug ist so scharf, dass Berliner Currywurstbuden vor dem Schärfegrad gewarnt hätten. Ich habe Angst, dass mein Zahnschmelz zerbröselt.
Unter dem silbrigen Vollmond schlafen wir prachtvoll bis wir vom Laub-Feger, das ist afrikanischer Nationalfrühsport, geweckt werden. Hier fegt er sogar mit einem richtigen Besen.

 

Tag 75

11.12.11 Sonntag
 

Von wegen Ruhe und Frieden auf der Waterfall Lodge. Morgens um 6 Uhr dreht ein Nachbar aus dem direkt an die Lodge angrenzenden Hof, sein Radio an und beschallt die ganze Gegend mit westafrikanischer Discomusik. Wir stehen senkrecht!
Nachdem er auch den letzten Gast in der Lodge wach bekommen hat, schaltet er um 8 Uhr ab. Da beginnen dann die Glocken zu läuten, die zum Kirchgang rufen. Das ist alles äußerst paradox, wenn im afrikanischen Busch Kirchenglocken läuten.
Der Wasserfall ist im Dunst verschwunden. Der Hamartan, ein heißer Wind aus der Wüste, weht den Staub bis an die Küste und taucht die Landschaft in „diesige“ Luft. Außerdem brennen die Leute weiterhin ihren Busch ab, so dass der Staub noch mit Asche aus den Bränden vermischt ist.
Trotzdem wollen wir zu den unteren Wasserfällen wandern. Vor dem Wanderweg zu den Fällen, ist die Eintrittskasse. Die wollen tatsächlich pro Person 10 Cedies
(5€) haben, damit wir zum Wasserfall wandern dürfen. Ghana ist teuer. Dafür wollen sie uns einen Führer mitgeben, der auf dem breiten guten Wanderweg durch den Busch vorweg läuft. Wir verzichten.
Der Weg ist wirklich wunderschön und führt durch den Urwald, mit tollsten Bäumen und Blüten. Er führt über zahlreiche kleine instandgehaltene Brücken. Schmetterlinge umflattern den Wanderer. Der Wasserfall fällt aus einer Höhe von 40m in ein kleines Becken und bildet dabei eine Wasserschleppe aus. Er erinnert uns an den Bridal fall im Yosemite Park in den USA. Hier ist Ruhe. Wir sind (noch) alleine und genießen den Wasserfall und die zahllosen Flughunde, die am Felsen entlangflattern.


Bald tauchen andere weiße Wanderer auf, die von dem obligatorischen Führer begleitet werden. Und wieder erleben wir das Phänomen, dass nur die Schwarzen grüßen und die Weißen stur vorbeilaufen, entsetzt guckend, wenn sie von uns freundlich begrüßt werden.
Wir wandern zurück und genießen eine Ananas aus dem Vorrat der Wirtsleute. Direkt hinter dem Toyo haben die etwa 30 Ananas gelagert.
Abends wird der Tisch unter dem runden Schattenschutz zur deutschen Kolonie.
Wolfgang ein BWL Student aus Ostthüringen, der bei einer hiesigen Versicherungsgesellschaft sein Praktikum absolviert ist da, der ehemalige Ordnungsamtsleiter aus Riedlingen, mit seiner Frau ist da. Beide warten auf ihre Tochter, die zu den Upperfalls gewandert ist und (natürlich) ein Praktikum in Ghana macht. Und dann taucht noch die Schulrätin für die deutschen Schulen im Subsaharagebiet mit ihrem Mann auf, die ihren Wohnsitz in Pretoria haben. Wir haben einen netten Abend zusammen, der damit endet, dass die Südafrikaner einen Palmenschnaps, den sie im Dorf gekauft haben, ausgeben. Leckeres Tröpfchen, macht dicken Kopf.

 

Tag 76

12.12.11 Montag
 

Wir reisen heute ab. Wolfgang bricht ganz früh auf zu den Upperfalls, die Südafrikaner folgen später.
Wir packen zusammen und hoffen, die Grenze nach Togo ohne Probleme zu überqueren. Mit der Skizze von Sabine fahren wir in Richtung Ho, um in Fume dem Schild „Mountain Paradies Lodge“ zu folgen. (N 06 51.054 E 000 25.213 – Achtung anderes Format)
Wir vertanken fast alle Cedies in Huita (300 Liter sind jetzt im Tank) und fragen uns durch bis zur Grenzkontrolle Ghana (N 6.84781 E 000.9812). Völlig problemlos werden wir abgefertigt. Auch mit dem Carnet de passages gibt es keine Probleme. Über eine Sandpiste geht es nach Togo. Am ersten Kontrollpunkt werden die Pässe kontrolliert und uns wird erzählt, wir sollen mal weiterfahren bis zu einer Kreuzung, dort sei der Zoll und die Einreisebehörde. Dazwischen liegen etliche Dörfer, doch nach 6 km erreichen wir die besagte Kreuzung, die auch durch einen Schlagbaum dicht gemacht ist. N 6.96229 E 000.6040.
In der Polizeihütte ist kein Mensch. Auch die Zollhütte ist verwaist. Wir sind etwas ratlos, bis aus irgendeinem Verschlag ein verschlafener Polizist krabbelt und kurz darauf auch sein Chef. Visum: kein Problem. Wir füllen einen bereits tausendmal kopierten Vordruck aus, geben den Herren je ein Passbild und die beiden fangen an zu stempeln und zu rechnen; denn das Visum, welches wir bekommen, ist nur 7 Tage gültig. Unser Taschenkalender hilft letztlich, das richtige Datum des Ablaufs unserer Visa zu ermitteln. Dann hören wir ein freundliches „money“ und werden 10000 CFA los. Mittlerweile liegt ein Zollbeamter in seiner Hütte und schnarcht.
Leise klopfe ich an, er wird munter und ist erstaunt einen richtigen Weißen zu sehen. Er bittet mich, doch mal den Toyo an den Schlagbaum zu fahren und beginnt etwas von einem laisser passer zu labern. Das kenne ich, das kostet Geld und hat nur ein begrenztes Haltbarkeitsdatum. Ich reiche ihm mein Carnet de Passages. So etwas hat er noch nie gesehen und ruft seinen Chef an. Was dabei rausgekommen ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall will er jetzt erklärt haben, wie das mit dem Carnet funktioniert. Glücklicherweise sind ja schon einige Seiten „verbraucht“, so dass ich ihm alles erklären und zeigen kann. Tatsächlich stempelt er mir dort, wo ich es ihm zeige, das Carnet ab, setzt, nachdem ich ihm die Stelle zeige, das Datum ein und unterschreibt das Dokument. Seinen Einreisezettel reiße ich ihm selber raus. Er ist so erfreut, dass er uns zu Kaffee und Kuchen einlädt. Eingedenk, dass sein Chef auftauchen könnte, der m öglicherweise das Alles nicht so lustig findet, verschwinden wir lieber.
Sigrid hat in der Zwischenzeit versucht, die letzten Cedies bei dem heimischen Schwarzgeldhändler zu tauschen. Der Kurs ist ihr zu mies und sie bricht die Verhandlungen ab. Nun haben wir für etwa 10000 CFA Cedies, und ich weiß nicht, wo ich das Zeug noch gewechselt bekomme; denn Banken nehmen den Kram nicht an.
Wir fahren über Kpalime auf die Nationalstraße in Richtung Lome. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass wir es heute bis Lome schaffen, doch der Verkehr wir erst in der Nähe der Hauptstadt dichter. Die Orientierung ist kein Problem. Runter bis zur Küstenstraße und dann rechts ab, Richtung Benin und dann schauen, wo „Chez Alice“ ist.
Lome ist in den zwanzig Jahren, die wir nicht da waren, gewaltig groß geworden.
„Alice“, die früher ziemlich einsam an der Küstenstraße wohnte, ist eingemauert. Eine vierspurige Straße führt vorbei. Der Verkehr ist, wie in allen bisher bereisten afrikanischen Hauptstädten, außerirdisch. Hier dominieren wieder die Moppeds, die Kringel um uns herumfahren. (bisher nur 2 kaputte Moppedfahrer auf der Straße liegend)
Alice, nunmehr eine Dame so um die 70 (schmeichelhaft), schickt uns auf den Campinghof. Und, what a surprise, Mattes, der Engländer, mit seiner Reisegruppe den wir seit Bamako immer wieder treffen, begrüßt uns am Tor.
Wir trinken Bier und essen –Hühnchen, immer wieder Hühnchen.
Auf dem Campground von Alice, dicht am Strand, ist es so weich, dass ich den Toyo nur mit Allrad an seinen Standplatz bugsieren kann und tiefe Löcher in den gefegten Sand grabe, zum größeren Missfallen der Sandfeger, die am nächsten Tag auch alle Löcher wieder geglättet haben.

Tag 77

13.12.11 Dienstag
 


Ich warte um 6:00 Uhr auf den Krach, der immer und überall einsetzt. Nichts. Stille. Ich kann nicht mehr schlafen. Es ist leise. Völlig ungewöhnlich. Ich krabbele aus der Kiste zum Missfallen von Sigrid und koche Kaffee.
Neben uns steht ein Franzose mit einem ganz normalen Wohnmobil, der sich die meiste Zeit in seinem Auto aufhält. Den wecke ich mit meinem Kochtopfgeklappere.
Wir haben vor, heute unsere 7 Tage-Visa verlängern zu lassen, was wir nicht auf die lange Bank schieben wollen.
Wir vertrödeln den Vormittag und lassen uns so gegen 11:00Uhr ein Taxi kommen, das uns zur Einwanderungsbehörde bringen soll. Der Fahrer verlangt 6000 CFA. Ein sehr stolzer Preis. Die Behörde ist allerdings am anderen nördlichen Ende der Stadt und wir sind über eine Stunde unterwegs.
N 6.18900 E 1.20796
Der Fahrer wartet auf uns.
Vor einem großen Gebäude gibt es zwei vergitterte Fenster, vor denen sich ein Haufen Menschen drängelt. Nur ein vergittertes Fenster wird bedient. Nachdem ich endlich dran bin, bekomme ich sechs Visaanträge und zwei Büroklammern für 1000 CFA. Schon beginnen wir die Anträge auszufüllen. Gott sei Dank haben wir zwei Passbilder für jeden mitgenommen, denn genau die werden verlangt. Drei Mal denselben Vordruck ausfüllen, Blaupapier gibt es nicht. Nach weiterem Anstehen dürfen wir die Anträge abgeben und bekommen sie prompt zurück. „Chez Alice“ als Adresse reicht nicht. Freundlicherweise schreibt uns der Beamte die Adresse von Alice in krakeliger Schrift auf. Wir malen sie fünf Mal ab, ohne zu wissen, was es bedeutet. Wieder anstehen, abgeben. Die Zimmernummer bei Alice fehlt! Ich antworte ihm „41“. (Später lacht sich Alice kringelig, es gibt nur 12 Zimmer) Jetzt fehlt unsere Telefonnummer. Wir haben keine in Togo. Verwirrung, ohne Telefonnummer geht gar nichts. Also die Nummer von Alice: weiß ich nicht. Mittlere Verzweiflung bei dem Officer, ob der Blödheit der Weißen. Grummelnd schnappt er Pässe, Fotos und Anträge und sagt, wir sollen morgen um 16:00 Uhr wiederkommen. Ich denke, dass ich mich verhört habe, doch auf Nachfrage, klappt er sein Fenster zu und das war`s, auch für all die anderen, die noch gewartet haben.
Der Taxifahrer, der brav gewartet hat, hat in der Zwischenzeit sein Auto geputzt. Das sagt mir, dass wir deutlich zu viel bezahlt haben.
Er fährt uns in das deutsche Restaurant „Marox“. Herr Merz, ein Freund von Franz-Josef Strauß hatte eine Farm in Togo errichtet, mit Schweinemast und dazu ein Schlachthaus, ein Restaurant und einen Supermarkt. Bereits vor 20 Jahren haben wir dort glückliche Stunden verlebt.
Wir essen Schweinesteak Hawai, na ja, und trinken Bier vom Fass. Kulmbacher gibt es nicht mehr, leider.
Danach besuchen wir den Marox-Supermarkt, dessen Angebot sich deutlich verschlechtert hat. Nebenan ist so eine Art „Realmarkt“ gebaut worden. Einmal hin, alles drin. Allerdings hat der über die Mittagszeit geschlossen. Die Stufen zu diesem Supermarkt sind beliebte Mittagsschlafplätze. Überall liegen Menschen rum und pennen. Wir gehen über den Straßenmarkt und freuen uns an den Obst- und Gemüseständen, die liebevoll dekoriert sind. Ananas, Papayas und weiß der Bär was, sind zu Pyramiden aufgetürmt. Nebenan sitzt träge die Verkäuferin, wenn sie nicht schläft. Wir kaufen Eier und Kartoffeln und das Gemüsemädchen schenkt uns drei Zitronen, damit wir wiederkommen. Das ist ja total neu! Wir werden beschenkt und es wird nicht um Geschenke gebettelt. Versteh einer Afrika.


Wir kommen zur Strandstraße. Lomé endet an der ghanaischen Grenze. Von dort aus geht einen vierspurige Straße an einem etwa 500m breiten Strand entlang, der zur Straße hin mit Palmen bepflanzt ist. Copacabana ist nichts dagegen. Allerdings wird dieser Strand nicht gepflegt und baden sollte man wegen der dortigen Kriminalität auch nicht; denn der Strand ist am Wasser einsam und es bieten sich Überfälle dort geradezu an.
Unter den Palmen ist wieder ein beliebter Schlafplatz. Es gibt keine Bank, auf der nicht schon einer pennt, keine Schattenpalme unter der sich nicht die Schläfer sammeln.
Wir nehmen ein Taxi und fahren zu „Chez Alice“.
Im Marox Supermarkt haben wir bayrischen Leberkäse gekauft, der mit Spiegeleiern köstlich schmeckt.

 

 

Tag 78

14.12.11 Mittwoch

Wir gehen zum Strand!
Am Strand wird Kies gewonnen. Der Sand wird gesiebt, der Kies auf Handkarren verladen, die dann mühsam durch den Sand weggeschoben werden.
Unterhalb der Flutlinie ist herrlich weißer weicher Sand. Vor dem Strand liegt in ca 200m Entfernung ein Riff, das die Brandung bricht und eine stille Lagune bildet. Leider können wir immer nur einzeln schwimmen gehen, einer muss auf die Klamotten aufpassen, denn hier ist doch ein reger Fußgängerverkehr. Auch wenn wir keinen Kochtopf zum Strand mitgenommen haben, wollen wir keine weiteren Verluste erleiden.


Es ist uns schnell zu heiß und wir beschließen in die Stadt zu fahren.
In die Stadt fahren heißt, vom Campment mühsam auf engsten Sandstraßen, die Hauptstraße erreichen, ohne dabei irgendeinen kleinen Straßenstand, wo Obst, aber auch Schuhe verkauft werden, umzufahren. Vor der Hauptstraße haben sie einen riesen Haufen Sand direkt neben einer gemauerten Reklamewand abgekippt, so dass ich mit Allradantrieb halb über den Haufen fahren muss, um an der Wand vorbeizukommen. Als wir abends zurückkommen, hatte auch irgendeiner die Reklamewand umgefahren und die Betonbrocken versperrten den Weg. Auf der vierspurigen Straße geht es Richtung Stadt, bis die Baustelle vor einem Betonwerk, direkt am Hafen kommt. Der Asphalt dort ist weg, so wie die zurückhaltende Fahrweise der Verkehrsteilnehmer. Hier herrscht der Kampf ums Weiterkommen. Durch den Dreck wird versucht rechts, links, oben oder unten zu überholen, jede kleine Lücke wird gnadenlos ausgenutzt, auch wenn man dann vor einem Auto im Gegenverkehr steht, so dass beide nicht mehr weiterkommen. Der Staub ist überall, auch wenn ab und an Sprengfahrzeuge die Piste fluten und in Matsch verwandeln.
Die Zeit, bis wir die Pässe wieder bei der Immigrationsbehörde abholen können, verbringen wir auf dem Straßenmarkt, der immer wieder Spaß macht.
Wir fahren irgendwie in Richtung Norden, um diese Immigrationsbehörde zu finden. Wir lassen uns für die Suche extra viel Zeit. Deshalb finden wir sie wohl auch auf Anhieb. Noch 2 ½ Stunden bis zur Ausgabe der Pässe. Ich versuche, die Pässe schon jetzt zu bekommen, was natürlich aussichtslos ist und ich werde mit einer Handbewegung fortgejagt.
Wir beschließen im Bretterbudenstraßenrestaurant etwas zu trinken. Nebenan werden Fleischspießchen gegrillt, denen ich nicht widerstehen kann. Sie sind mörderisch scharf aber schmecken.
Endlich ist es an der Zeit, die Pässe abzuholen und ich habe ein deja vue.
Vor dem Gebäude unter einem Sonnendach auf einem erhöhten Podest stehen drei Beamte mit stapelweise Pässen in den Händen. Davor drängelt sich die Menge. Die Offiziellen lesen einen Namen aus dem Pass vor, der kaum verständlich ist, meldet sich der Passinhaber, darf er sich anstellen, um sich in ein dickes Buch einzutragen, meldet er sich nicht, verschwindet der Pass in den untersten Stapel.
Das kenne ich doch von den ganz früheren DDR-Grenzkontrollen, wo wir alle vor einem Fenster standen, aus denen die Namen der Passinhaber gebrüllt wurden.
Wir stehen in der Sonne und schwitzen, bis unsere Namen vorgelesen werden. Die Namen haben wir nicht verstanden, dafür haben wir unsere Pässe erkannt.
Als wir den Hof verlassen, hüpft uns eine barbusige, nur mit einem Lendenschurz bekleidete Frau vor die Füße. Sie ist unglaublich dreckig und offensichtlich geisteskrank. Sie bettelt, keiner kümmert sich um die Frau.
Zur Feier der Wiederkehr unserer Pässe fahren wir zum Deutschen Seemannsheim und trinken Bier vom Fass. Auch das hat sich seit 20 Jahren nicht verändert. Es gibt immer noch den Swimmingpool als Zentrum im Hof und Schwarzwälder Kirschtorte jeden Sonntag.
N 6.14014 E 1.27284
Abends machen wir uns am Auto Fleischwurst aus dem Marox warm und verpassen, weil wir nicht ins Haupthaus gehen, das TammTamm. Ich bin sauer, dass uns keiner etwas von der Veranstaltung gesagt hat.

Tag 79

15.12.11 Donnerstag

Sigrid versucht frisches Brot zu bekommen und verschwindet zum Haupthaus, während ich Kaffe koche. Nach über 40 Minuten ist sie wieder da. Der Bäcker kommt wann er will, und manchmal etwas später. Das Brot, das sie mitbringt ist endlich mal wieder ein köstliches Baguette.
Neben uns haben sich Weiße aus Benin mit einem Zelt niedergelassen. Sie erzählen, dass wir zwar Visa an der Grenze zu Benin bekommen, diese jedoch nur 5 Tage gültig sind und wir sie rechtzeitig in Cotounou verlängern lassen müssen. Die Verlängerung dort hätte den Charakter einer Basarversteigerung, weshalb sie empfehlen, hier Visa zu besorgen.
Wir machen uns auf den Weg zum Konsulat von Benin. N 6.1291 E 1.20252
Langsam sind wir Visa erfahren und wissen, was uns erwartet. Dieses Mal wird uns nett und freundlich beim Ausfüllen der Anträge geholfen. Wir dürfen für ein Visum mit einer Gültigkeit von 1 Monat pro Person 20000CFA bezahlen. Das geht ganz schön ins Geld. Die Pässe sollen wir am nächsten Tag um 16:00 Uhr abholen.
Wir suchen eine Tankstelle, wo der Toyo abgeschmiert werden soll. Erstaunlicherweise geht das nicht an jeder Tankstelle. Erst eine Totaltankstelle in der Nähe des Grand Marché will es machen. Wir lassen den Toyo waschen und abschmieren und warten im angeschlossenen Kaffee (mit Brettern abgeteilter Tankstellenbereich mit Tischen und Hockern)
Auf der Suche nach einer Tankstelle begegnet uns eine vollständig nackte Frau, die nur eine dreckige Schüssel mit irgendwelchem Krimskrams auf dem Kopf trägt. Sie geht zielsicher durch die Stadt und wir finden sie später noch einmal auf der Strandpromenade. Keiner kümmert sich um sie oder dreht sich nach ihr um.


Danach gehen wir noch ins Marox etwas essen (Bratwurst und Gulaschsuppe) und kaufen im riesigen Supermarkt ein. Wir nehmen 2 Flaschen Elsässer Riesling für Weihnachten mit und eine Flasche normannischen Cider!

 

Tag 80

16.12.11 Freitag

Den Vormittag verbringen wir im Internet. Immer wieder ein Erlebnis, den Fortschrittsbalken in Schneckengeschwindigkeit voranschreiten zu sehen.
Ich habe im Forum für meine Navigationssoftware TTQV5 anständig gemeckert, dass diese Software dauernd abstürzt und bekomme einen Link geschickt, mit dem ich eine Reparatursoftware herunterladen kann.
75 Minuten soll das dauern. Zwischendurch bricht das Internet zusammen, so dass der Download nicht klappt.
Wir fahren rechtzeitig zum Konsulat von Benin, um unsere Pässe wiederzubekommen. Es klappt problemlos, ohne irgendwelche berichtenswerten Possen.
Wir fahren durch die Marktstraßen und finden einen Büchermarkt. Man versucht uns das einzige deutschen Buch anzudrehen (Deutschlernen kinderleicht). Nachdem wir wieder die leckeren Spießchen gegessen haben, haben wir einen solchen Brand, dass wir im Seemannsheim einfallen müssen, um Panaché (Alsterwasser) zu trinken.
Auf dem Weg dorthin fahren wir durch das Regierungsviertel, in dem eifrig gebuddelt wird. Auch Togo hat sich eindrucksvolle Regierungsgebäude gegönnt. Uns erstaunt, dass bemerkenswert wenig Polizei anwesend ist. In Togo sind wir bisher noch nicht kontrolliert worden.
Bei Alice beschließen wir uns an den Stammtisch zu setzen, dort treffen sich die deutschsprachigen.
Bei Alice wohnt ein Schizophrener Schweizer, der sich allerdings in Behandlung befindet. Ab und an vergisst er allerdings seine Pillen zu nehmen und wird dann von der Gendarmerie aufgegriffen und in Handschellen eingeliefert. Papiere hat er nicht mehr, die seien ihm geklaut, erzählt er.
Während wir im Fernsehen die Bilder des Sturmes über Frankreich ansehen und das dort gestrandete Schiff betrachten, kommt vom Flughafen der Anruf, dass der schizophrene Schweizer versucht hat, nach Frankreich zu fliegen. Alice soll kommen und ihn abholen. Tut sie nicht, er kommt irgendwann selber mit dem Taxi und hat ein bezahltes Flugticket sowie Papiere der Gendarmerie, die ihm bescheinigen, dass er seinen Pass als verloren gemeldet hat. Alles sehr seltsam. Am nächsten Tag will er wieder versuchen in die Schweiz zu fliegen. Mit einer berliner Krankenschwester schaue ich mir am Stammtisch an, was der Typ gegen seine Krankheit gespritzt bekommt. Es ist ein Depotpräparat von Haloperidol. Alice bittet, dass ich ihm eine Spritze verpasse. Da er aber erst vor zwei Tagen das Depot gespritzt bekommen hat, will ich ihn mit einer weiteren Dosis nicht umbringen.
Von einem anderen Deutschen, der irgendeine Firma in Nigeria hat, bekommen wir wertvolle Tipps, was wir uns in Nigeria ansehen sollen und dass wir auf jeden Fall versuchen sollen, bereits in Abuja Visa für Angola zu bekommen. Er nimmt uns ein wenig die Angst vor Nigeria und meint, das sei eigentlich ein tolles Land, wenn man nicht in den Süden und nicht in den Norden fährt.
Eine andere Schweizerin wartet auf ihren Flug nach Casablanca, der morgens um 4 Uhr startet. Ein anderer Deutscher erzählt, dass er Vodoo Klamotten verkauft und Alice erzählt von Vodoozeremonien, die hier abgehalten worden sind, wobei Ziegen und Hühner geopfert wurden.
Für den hiesigen Vodoomarkt wird jetzt Eintritt verlangt. Sigrid meint, dass sie ihn vor 20 Jahren gesehen hat und das reicht für den Rest des Lebens. (Es ist auch wirklich zu gruselig und abgeschnittene Gorillahände will auch ich nicht mehr sehen.)

Tag 81

17.12.11 Samstag
 

Wir kommen so richtig nicht aus dem Quark, was auch kein Wunder ist bei einer schwülen Hitze von 32 Grad.
Sigrid wäscht mal wieder ein paar Klamotten. Besonders meine T-Shirts sind innerhalb von 10 Minuten durchgeschwitzt.
Ich reinige mal wieder den Luftfilter und habe meine Freude an dem Turboschlauch, der wie üblich abrutscht. Auch den Dieselvorfilter baue ich auseinander und bin erstaunt, dass ich ihn wieder zusammenkriege, und er dicht ist und der Toyo sogar zuverlässig anspringt.
Wir beschließen zum Grand Marché zu fahren. Das ist eigentlich ein ganzes Stadtviertel Marktstände, die sich um ein mehrstöckiges Marktgebäude angesiedelt haben. Dort gibt es wirklich alles, außer einer 6er Nuss, die mir wirklich fehlt. Wir stellen das Auto auf einen bewachten Parkplatz und gehen zur Kathedrale, in der gerade geheiratet wird und alle Hochzeitsgäste im feinen Zwirn in den Bänken sitzen. Wir wollen nicht stören in unseren kurzen Hosen und schlabbrigen durchgeschwitzten T-Shirt und bleiben draußen.
Der Betrieb am Markt ist wie üblich unbeschreiblich. Selbst als Fußgänger hat man Mühe voran zu kommen. Natürlich sind sofort die selbsternannten Führer zur Stelle, die den Markt zeigen wollen und dich zielsicher in einen Touristenladen schleppen. Wir sprechen nur noch deutsch mit den Chewinggums, was sie verzweifeln lässt. Natürlich stehen sie daneben, als ich ein Stirnband kaufe und französisch verhandele. Und natürlich mischen sie sich ein. Da wir aber so tun, als wenn wir sie nicht verstehen, wir verstehen nur die Verkäuferin des Stirnbandes, geben sie grummelnd auf. Wir kaufen an einem Straßenstand für Weihnachten noch eine Flasche Whiskey für 2500 CFA, es war die bessere Sorte. Wahrscheinlich werden wir von dem Zeug blind. Dann finde ich in der Fressgasse meine geliebten Spießchen. Diesmal bestehen sie aus auf Holzspießchen aufgefädelte Hühnerhälse, Hühnerständer und Hühnerhaut. Leider ungenießbar. Bedauerlicherweise ist kein Bettler in der Nähe, dem ich die Köstlichkeit vermachen kann, so dass ich sie heimlich in der Gosse entsorge.
Leider kann man auf einem solchen Markt nicht hemmungslos rumfotografieren. Das wird nicht gerne gesehen und man wird ziemlich rüde angemuffelt. Das Fotografieren geht aus der Hüfte, die Qualität der Fotos ist nicht die beste.


Auch findet man kein lauschiges Plätzchen, wo man mal in Ruhe ein Bier trinken könnte.
Also stolpern wir völlig erschöpft zurück zum Auto und fahren ins Seemannsheim, um bei einem Panaché zu entspannen.
Abends sitzen wir zusammen am Stammtisch und erzählen von den guten alten Zeiten, als Martin noch 55 sitzige Reisebusse durch die algerische Sahara chauffiert hat, um sie in Togo zu verkaufen und Herbert 2 Jahre mit dem Rucksack um die Welt zog.

 

Tag 82

18.12.11 Sonntag

Wir hängen rum!
Eigentlich wollten wir nach Aneho fahren, ändern aber unseren Plan und fahren ins Seemannsheim, um Schwarzwälder Kirschtorte zu essen. Dort angekommen, gibt es nur noch Mangotorte und Schokoladenkuchen.
Wir schauen den Leuten im Swimmingpool zu und stellen fest, dass nur die wenigsten Schwarzen schwimmen können.
Bei Alice verbringen wir wieder einen netten Abend, alle Freunde am Stammtisch versprechen, auf der Suche nach einer 6er Nuss zu helfen.

 

 

Tag 83

19.12.11 Montag

Heute passiert etwas!
Wir wollen nach Togoville fahren.
Aber erst einmal scheuchen uns die Angestellten von Alice, die mit ihren Familien in Hütten mit auf dem Campement wohnen, von unserem Stellplatz, weil sie die Kokospalmen beschneiden wollen. Für uns gibt es Kokosmilch satt und frisches Kokosnussfleisch.
Enrico, der Enkel von Alice, wollte heute Morgen eine 6er Nuss herangeschafft haben. Stattdessen durchsuchen wir Alice´s gut sortierten Knarrenkasten. Das, was dain fehlt, ist die 6er Nuss.
Also auf nach Togoville, der alten Hauptstadt, dort, wo der König von Togo sein Land an die Deutschen verkaufte. Togoville liegt auf der anderen Seite des Togosees, der eigentlich eine große Lagune ist. Ich hoffe, irgendwo über den See zu kommen und fahre in Richtung Aneho. Es führt eine Eisenbahnbrücke drüber, die wir hier leider nicht befahren können, weshalb wir ganz bis Aneho fahren müssen und dann versuchen über Pisten am anderen Seeufer Togoville zu finden. Die Openstreetmap-Karten, die wir im PC haben, machen sich bezahlt (haben ja nichts gekostet). Wir fahren durch kleine Dörfer und sind erstaunt über die großartig angelegten Friedhöfe. Direkt nebenan stehen dann Voodoo-Opfersteine. Die stehen auch 10m neben der Kirche.

 


Togoville reißt uns nicht vom Hocker, nachdem wir es endlich gefunden haben.
Eine große Kirche gibt es dort, mit großen Buntglasfenstern. Eine Terrasse führt zum See, am See steht ein betonierter Altar, an dem Johannes Paul II seine Messe gehalten hat.
Während wir in der Kirche fotografieren kommt schon wieder einer, der mir bedeutet, ich solle aufhören und mit ihm kommen. Das alles wird uns zu blöde, ich habe auch keine Ahnung, was der will. Wir setzen uns ins Auto und lassen ihn stehen.
Am Pistenrand kaufen wir von einer barbusigen, brustlappigen Alten Bananen. Sie freut sich und muss uns betatschen.
Der See ist umrundet und wir kommen von Norden nach Lomé hinein. Wir werden das erste Mal von der Polizei kontrolliert. Der Polizist will wissen, was wir in dem Toyo transportieren und kann es nicht fassen, dass das ein Campingauto ist. Dann will er Kaffee haben, oder aber das Geld, um sich Kaffee zu kaufen. Es gibt weder das eine noch das andere, ich drücke ihm freundlich die Hand und fahre weg.
In Lomé müssen wir im Marox einfallen, weil uns der Durst übermannt, schließlich gibt es dort Bier vom Fass. Eine Deutschfranzösin schmückt das Restaurant für Weihnachten und lässt den Schmuck, den die schwarzen Angestellten anbringen wieder runter reißen, weil er ihr nicht gefällt. Fünf Stunden, so erzählt sie, habe sie zum Schmücken des Weihnachtsbaumes gebraucht. Das Teil ist 1,50m hoch, aus Plastik und „afrikanisch“.
Sie empfiehlt uns Dresdner Stollen zu kaufen, der gerade eingetroffen ist. Machen wir, so haben wir etwas Weihnachtliches und einen Ersatz für den Stollen, den mir Holger Beckmann nicht nach Lomé geschickt hat. (Ich habe einen Gutschein für einen jährlichen Weihnachtsstollen von Holger, nur was nützt der, wenn der Stollen nicht geliefert wird)
Im Marox haben wir Hackfleisch gekauft und wollen uns Spaghetti Bolognese kochen. Und was macht der verdammte Kocher: nichts! Ich baue den nächsten Generator fluchend ein und überlege, dass wenn alle dreißig Tage ein Generator hin ist, wir es noch nicht einmal bis Süd Afrika schaffen, um dort Ersatzteile zu kaufen. Sigrid kommt auf die Idee, dass die winzige Nadel, die die Flamme steuert, verbrennt und deshalb das Teil den Geist aufgibt. Sicher ist, bei jedem neuen Generator, den ich einbaue, funktioniert der Kocher schlechter.
Auch diesen Abend verbringen wir, nach unseren Spaghetti, in dem netten Kreis am Stammtisch, der Gesprächsstoff geht nicht aus. Und: die 6er Nuss ist da. Enrico hat sie beschafft.
Interessant ist, dass hier jeder aus dem Kreis, regelmäßig seine Malaria zu bekommen scheint und sich bei den ersten Anzeichen mit einem hiesigen Mittel behandelt, so dass die Malaria, zumindest hier die Schrecken verloren hat.

Tag 84

20.12.11 Dienstag

Sigrid hat über Nacht einen üblen Schnupfen bekommen, der sich am Vortage mit Halsschmerzen ankündigte. Sie röchelt die ganze Nacht und es geht ihr auch morgens nicht gut. Trotzdem, wir fahren heute ab. Noch einmal werden wir gelockt bei Alice zu bleiben, denn am Mittwoch sei wieder TamTam, aber wir fahren. Wir haben bei Alice eine tolle Zeit gehabt, doch bevor wir dort endgültig abschlaffen, fahren wir nach herzlichem Abschied los.
Über Aneho geht es zur Grenze, die sich wieder durch endlose LKW-Schlangen ankündigt. Auch hier werden wir zwischen eng geparkten LKW von der Straße gewunken und fahren einem Auto aus Ghana hinterher, der offensichtlich auch zur Grenze will. Die Polizei schleust uns allerdings wieder zwischen die LKWs, doch irgendwie gelangen wir an die Grenze. Hier ist es völlig chaotisch. Wir parken das Auto und machen uns auf die Suche nach Polizei und Zoll. Auf Togoseite klappt das ganz gut, wir bekommen unser Carnet des Passages an der richtigen Stelle abgestempelt. Die Pässe werden kontrolliert, die Ausreiseformulare werden ausgefüllt. Diesmal gebe ich unsere Telefonnummer von zu Hause an. Die sind ganz wild auf Telefonnummern, ohne die Angabe einer Telefonnummer geht gar nichts. Zum Ausreisestempel muss man in ein anderes Gebäude, das – erstaunlicherweise - beschildert ist. Hier kommt der Polizist auf den Gedanken, unsere Visa seien abgelaufen. Die Dollarzeichen bilden sich bereits in seinen Augen aus, als ich ihm den Pass umblättere und ihm das gültige Visum zeige. Er ist sichtlich enttäuscht.
Wieder in der LKW-Schlange dauert es endlos, bis wir durch den Schlagbaum nach Benin kommen. Hier gibt es auch nur eine Fahrspur, es muss abwechselnd der Verkehr durchgeschleust werden, was den einzigen Polizisten, der versucht das Chaos zu managen, zu Wutausbrüchen reizt. Er lässt uns anhalten, damit die Fahrzeuge aus Benin rauskommen, was ein wütendes Gehupe hinter uns auslöst, weil ich tatsächlich angehalten habe. Von bald jedem, der den Engpass passiert, bekommt der Polizist eine Münze. Ein einträgliches Geschäft.


Beningrenze: die Offiziellen haben beinahe die gleichen Uniformen, wie die Togolesen, deshalb war ich mir nicht ganz sicher, wo wir eigentlich sind, noch in Togo oder schon in Benin.
Erst einmal stoppt uns ein Uniformierter und scheucht uns mit dem Toyo hinter eine kaum sichtbare Linie, die auf dem Asphalt aufgemalt ist. Hier lassen wir den Toyo mitten auf der Straße stehen. Er will das so. Nun muss der Verkehr um den Toyo rumkurven, der die Straße ziemlich dicht macht. Nach einigen Anläufen- rechte Straßenseite Polizeistation ist verkehrt, linke Straßenseite Polizeistation ist auch verkehrt, als doch rechte Seite, aber anderes Gebäude- wird von einer dümmlich blickenden Polizistin mit unserer Hilfe, das Einreiseformular ausgefüllt. Am Schalter nebenan, stellen wir fest, wechseln verstohlen bei fast jedem Grenzgänger Geldscheine den Besitzer und verschwinden im Schreibtisch des Beamten. Bei uns nicht, es wird auch nicht nach Bestechungsgeld gefragt. Der Einreisestempel ist im Pass. Nun müssen wir sehen, wie wir den Toyo ins Land bekommen. Erste Station: Zoll auf der linken Seite. Verkehrt, Zoll auf der rechten Seite ist zuständig. Am Schalter zwei auf der rechten Seite, wird uns gesagt, der Chef de Brigade ist zuständig. Vor dessen Büro knubbeln sich die Menschenmassen. Ein Sekretär (?) schnappt sich das Carnet und will das Auto sehen. Das steht aber weit hinten irgendwo zwischen den LKWs. Wir tappen los, ich mache hinten die Tür auf, er guckt hinein, wir latschen in brütender Hitze zurück und kommen wieder an Schalter zwei. Dort soll ich ins Büro, was empörten Protest der vor dem Schalter Wartenden zur Folge hat. Ein klimatisiertes Büro. Sigrid steht mit Triefnase draußen in der Hitze. Der Chef des Büros schaut endlich irgendwann von seinen Büchern auf, erblickt das Carnet und schickt uns zum Zoll am Schlagbaum, die machen das dort mit der Stempelei.
Wir quälen uns zu Fuß durch den Verkehr zum Schlagbaum, die Straßenverkäufer, Chewingums, die versuchen CDs anzudrehen,kleben an uns. Am Schlagbaum wird das Carnet fachkundig beäugt und gesagt, ich solle erst mal das Auto herholen. Ich lasse Sigrid am Schlagbaum zurück, gehe zum Toyo und wurstele mich mit dem Auto irgendwie durch bis zum Schlagbaum. Den Toyo parke ich vor einem Moppedabstellplatz, was mir den Protest der Moppedfahrer einbringt. Ich verweise auf die Zollmenschen, die den Toyo sehen wollen. Sigrid geht es immer schlechter, sie steht bei der Zollbaracke und sieht elend aus.
Drinnen werden irgendwelche Listen von einem Nichtuniformierten einem Uniformierten diktiert. Alles schwitzt. Der Nichtunformierte tut so, als bearbeite er so ein Carnet täglich. Lässig blättert er das Teil durch und es wird diskutiert, für was so ein Carnet eigentlich gut sein soll. Dann findet einer eine Stelle, wo offensichtlich ein Stempel hin muss. Ich kann gerade noch verhindern, dass sie mir einen Ausreisestempel ins Carnet drücken. Es klappt. Der Einreisestempel ist an der richtigen Stelle. Jetzt wird der Abschnitt abgestempelt, der bei der Einreise beim Zoll verbleibt und wieder kann ich nur knapp verhindern, dass sie auch gleich das Ausreisedokument abstempeln. Das Einreiseformular reiße ich ihnen selber aus dem Carnet. Sie wissen nichts damit anzufangen und reichen es von Hand zu Hand, während ich das Carnet und Sigrid schnappe, in den Toyo springe und durch den geöffneten Schlagbaum verschwinde, bevor einer mitbekommt, dass Benin nicht dem Carnetabkommen beigetreten ist und es hier eigentlich nicht gilt.
Wir sind in Benin und damit haben wir eigentlich Neuland erreicht; denn die meisten anderen Staaten auf dieser Fahrt hatten wir schon früher bereist.
Wir kommen in Grand-Popo an die Auberge. N 6.27896 E 01.82957 Ein riesengroßes Gelände am herrlichen Strand gelegen mit Bungalows, die sich in einem Park verteilen, mit Sonnendächern am Strand, mit weißgedeckten Tischen im Restaurant und schwarzlivrierten Kellnern und einem Campingplatz an der äußeren Ecke, der von den hiesigen Fahrschulen als Übungsplatz genutzt wird..
Nachdem uns, wir glaubten es erst nicht, die Toiletten des Campings gezeigt wurden- wir müssen über die Zufahrtstraße, zu den Hütten des Personals gehen, dort ist die Gemeinschaftstoilette der drei oder vier runtergekommenen Häuser des Personals- werden wir überlegen, ob wir länger als eine Nacht hierbleiben. Auch der Preis ist exorbitant für diesen Stellplatz.

Tag 85

21.12.11 Mittwoch

Heute hat Norbert Heipertz Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch.

Wir brechen auf von der Auberge de Grand Popo. Der Campingservice ist doch zu mies für den Preis. Wir standen da letztendlich auf einem großen Parkplatz. Jeder der wollte, und das waren viele, konnten kommen um zu gucken, was denn die Weißen dort treiben. Einer steuerte zielsicher auf die geöffnete Toyotür, sah unseren Flaschenständer im Auto und verlangte Whisky. Er bekam einen Schluck Wasser.

Wir fahren zurück in Richtung Togo und kommen an den Plage Awale. Ein ebenso großes Gelände wie bei der Auberge, allerdings nicht ganz so weiträumig und vollständig abgegrenzt. Ein Teil ist den Campern vorbehalten, mit sauberen Toiletten und Duschen. N 6.26938 E 1.78770


Als wir dort das Gelände erkunden, trauen wir unseren Augen nicht. Die Lindenblütenhonigfarbene – Nouira- und ihren Freund Noe tummeln sich im Swimmingpool. Sie haben ihren C 15D Citroen noch nicht verkauft. Sie hatten keine Panne, haben eine Rundfahrt durch Ghana gemacht, haben ebenfalls im Chez Alice übernachtet, dort haben wir sie verpasst. Leider müssen sie mittags losfahren nach Cotounou, weil die Lindenblütenhonigfarbene am nächsten Tag zurück nach Brüssel fliegt.
Wir richten uns dort ein und ich gehe ins Meer. Sigrid schnieft und fiebert. Bei über 30 Grad ist das doch höchst ärgerlich.
Grand PoPo hat, so sagt man den schönsten Strand Westafrikas. Er ist endlos, von Horizont zu Horizont, feinster gelber Sand und – für Afrika- sauber. Die Brandung ist so stark, dass es richtig Spaß macht, allerdings sollten sich keine Leute ins Wasser trauen, die nicht ein wenig damit vertraut sind; denn es haut einem ganz schön die Beine weg. Während in der Auberge riesige Schilder darauf hinwiesen, dass keine Verantwortung übernommen wird, wenn hier jemand im Meer ersäuft, kommt hier sofort ein dünnes Männlein angerannt, erzählt er sei der Bademeister, und stellt sich neben Dich, wenn Du im Meer badest. Auch meine Versicherung, ich sei Mark Spitz (Wikipedia), veranlasst ihn nicht, sich zu verziehen.
Die Strandbar ist noch geschlossen, man schmückt für Weihnachten.
Wir entspannen nach dem anstrengenden Bad im Antlantik am Swimmingpool.
Wir steuern gerade zielsicher auf zwei Liegen zu, die am Pool stehen, als unter uns eine ziemlich böse Stimme ertönt, die uns auffordert aber sofort die Latschen auszuziehen hier am Poll. Wir blicken suchend in der Gegend umher und entdecken unter uns einen schwarzen Zwerg, mit rotem Kopftuch und wütendem Gesicht. Er,der Chef des Swimmingpools hatte sofort erkannt, dass wir es wagen seinen geheiligten Poolrand mit profanen Sandalen zu betreten. Sigrid geht zum Auto und holt ihre Badelatschen (Angst vor Fußpilz). Der Zwerg beäugt sie misstrauisch, lässt sie an den Pool, flippt aber fast aus, als sie die Latschen nicht sofort von den Füßen streift, als sie sich auf eine Liege legt. Danach sitzt er zwei Meter entfernt von uns entfernt und beäugt misstrauisch jede Bewegung, bis er eine Stange holt, die wenigstens drei Mal so groß ist, wie er, und beginnt mit der Bürste daran das Becken zu reinigen. Hierbei muss er laut und falsch singen. Die Situation ist zu grotesk. Wir auf den Liegen, ein singender Zwerg mit rotem Kopftuch, der mit einer Hochsprungstange im Becken stochert.
Wir beschließen, zu versuchen Brot zu kaufen fürs Frühstück.
Um Awale-Plage gibt es nichts, außer Friseure und Motorenölverkäufer. Am Straßenrand stehen Holztische, auf denen Flaschen, Ballons und Kanister stehen, aus denen man sein Mopped betanken kann oder Motorenöl kaufen kann. Die Konkurrenz ist riesig, es gibt kaum andere Stände.
In dem Moment, wo man den sicheren Hafen des Lodge-Geländes verlassen hat, sind die Moppedtaxis da, die versuchen einen auf das Mopped zu laden (drei Leute passen da bequem drauf)..
Wir gehen unter Lebensgefahr die Straße in Richtung GrandPoPo und gelangen zum Hotel und Restaurant „Obama Plage“ Vos Mets des Europeen et de Africaine.
Hier kehren wir ein. Die Musik ist unafrikanisch leise und es wird richtig gute westafrikanisch Reggaemusik gespielt. Ich trinke ein großes Bier, Sigrid-Schniefnase ein kleines. Kostet 1000CFA, die Hälfte von dem in unserem Campement. Die kleine Kellnerin ist gut drauf und kommt entsprechend dem Rhythmus der Musik angetänzelt. Die Gläser werden mit einem kleinen Schluck Bier gefüllt, ausgespült und der kleine Schluck wird weggekippt. Das macht sie nur bei alkoholischen Getränken, nicht bei Cola, ich vermute Voodoo-Opfer?
Zurück im Campement kommt, es ist bereits dunkel, ein G-Mercedes an. Hinaus purzeln Frau ziemlich dunkele Haut, Mann helle Haut und Hund. Wir ertappen uns dabei, dass wir zu White Watchers werden und neugieren, was die Neuankömmlinge denn da so treiben.
Am nächsten Tag erfahren wir, dass es Franzosen sind, und er nach Süd Afrika will und bereits irgendwann Ost Afrika gefahren ist und das dies ein nagelneuer G-Mercedes sei, mit drei Liter Hubraum und Benziner, der alles automatisch macht, aber eine Warnlampe angeht, wenn er zu langsam fährt, dies aber in Deutschland dokumentiert werde.(??!) Ich bin platt! Sigrid versteht nur Bahnhof und pflegt nach wie vor den Schnupfen und den dicken Kopf.

 

Tag 86

22.12.11 Donnerstag

 

Wir wollen die 80km nach Cotonou fahren, um in einem Supermarkt einzukaufen.
Auf der Fahrt dorthin kommen wir an den See Aheme. Wir fahren über eine kleine Brücke und sind erstaunt, dass im See kleine Inseln sind, die dicht mit Steinhäusern bebaut sind. Der See ist so seicht, dass die Leute durchs hüfthohe Wasser waten. In den Dörfern am Rande des Sees werden außer kleinen getrockneten Fischen nichts auf dem Markt angeboten.
Die Polizei hat hier eine Großkontrolle eingerichtet. Alle müssen anhalten. Die Bullen springen von Auto zu Auto und schwitzen. Ich auch, Sigrid schnieft. Sie wollen von mir nur wissen, wo wir denn hinwollen und als ich antworte, wir fahren zum Einkaufen nach Cotonou, meinen sie, dann kommt ihr ja wieder hier vorbei, und bis später. Alle anderen Verkehrsteilnehmer drücken den Polizisten verstohlen Scheine und Münzen in die Hand. Wir nicht. Verstehe einer Afrika.
Kurz hinter Ouidah in Come finden wir alles am Straßenrand, was wir haben wollten. Nasenspray, Taschentücher, Mückenrepellents, Eier, Spanischer Cognac für 2500CFA, alles was das Herz begehrt, so dass wir umkehren und in die historische Stadt Ouidah fahren. Hier haben die Portugiesen mal wieder ein Fort errichtet, das von allen Nationen, die am Sklavenhandel beteiligt waren, genutzt wurde, einschließlich Dänen, wie uns gesagt wurde. Vor dem Fort steht ein großer dicker Baum, aus dessen Stamm Figuren geschnitzt wurden. Der Baum sieht toll aus. Und schon macht jemand, der unter dem Baum sitzt Theater, weil ich ihn –den Baum- fotografieren will.



Als ich das Auto abstelle, ist auch schon ein Schnösel da, der sich anbietet, den Toyo zu bewachen. Darf er, der Preis für die Bewachung ist üblicherweise 100CFA. In dem Fort ist ein Museum eingerichtet, dass man nur mit Führer besichtigen darf. Der erklärt dann alte Fotografien und die Tonpfeifen der Holländer, die in einer Glasvitrine ausgestellt sind. Es sind auch einige Voodoo-Utensilien vorhanden und eine Art Gobelin mit Symbolen, die alle eine Bedeutung haben und die unser Führer uns gerne erklärt hätte. Das Fort ist lange nicht so interessant wie das in Elmira. Unser Führer möchte uns noch die anderen historischen Punkte der Stadt zeigen, aber wir entschuldigen uns mit Sigrids Triefnase.
Draußen sitzen mittlerweile 2 Schnösel, die beide die Hand aufhalten, weil sie auf das Auto aufgepasst haben. Ich drücke Schnösel Nummer 1 die 100 CFA in die Hand, was beide Schnösel zu sofortigen Protest animiert. Sie wollen 300 und zwar jeder. Ich versuche ihnen zu erklären, dass 100 der normale Preis ist, was sie natürlich nicht interessiert. Wir springen ins Auto, sie versuchen die Türen offen zu halten, aber wir können flüchten. Aus dem offenen Fenster brülle ich noch einige Verwünschungen, was natürlich ziemlich blöde und völlig zwecklos ist.

Auf dem Weg zurück nach Grand Popo geraten wir dann in eine Militärkontrolle. Dem armen Soldaten haut bei jedem Schritt seine Kalaschnikow gegen die Hüfte, er versucht sie festzuhalten, klappt aber nicht, weil er beide Hände braucht, um alle die Autos an den Straßenrand zu winken, die er besichtigen will. Und das sind alle Autos. Er ist völlig überfordert, kommt zum Toyo, murmelt, er wolle die „pieces“ sehen und ist beim nächsten Auto. Ich stelle mich erst mal wieder ganz dumm und entschuldige mich, als er wiederkommt, für mein mangelhaftes Französisch. Er will die „pieces“ sehen. Nun frage ich ihn, was denn „pieces“ sei. Er guckt wie ein Soldat. Jetzt erklärt er, dass er die Papiere sehen will und springt zum nächsten Auto, das ihm beinahe durch die Lappen gegangen ist. Ich gebe ihm, nachdem er ziemlich genervt wieder kommt, die internationale Zulassung und den internationalen Führerschein. Er fühlt sich verarscht, als er in den leeren Seiten blättert. Dann zeige ich ihm, dass es auf der letzten Seite etwas zu lesen gibt und schlage ihm die dazu passende Seite auf Französisch auf. Er ist begeistert, blättert noch ein wenig auf den kyrillischen Seiten und in dieser Zeit schlüpfen ihm etliche Autos unter der Kalaschnikow durch. Den internationalen Führerschein erspart er sich und lässt uns fahren.
Zurück gehen wir erst einmal ein Bier trinken im Obama Beach.

Sigrid stellt fest, dass das rechte Bremslicht am Toyo nicht funktioniert.
Ich schraube das Schlusslicht ab, kontrolliere die Birne, die ist in Ordnung und sie leuchtet. Setze ich sie in die Fassung leuchtet sie nicht, nehme ich sie aus der Fassung funktioniert sie. Ein Fall für den nächsten Tag.


 

Tag 87

23.12.11 Freitag


Die Franzosen packen ein. Sie verabschieden sich und wollen in den Norden, in den Park „W“ am Niger fahren. Dann soll Madame nach Hause fliegen und er fährt mit dem nagelneuen G-Mercedes weiter. Vielleicht treffen wir uns ja wieder.
Wir gehen zum Strand, ich gehe ins Meer, mein Aufpasser steht daneben.

Brot zu kaufen ist hier ein Problem. Wir haben bisher keine Bäckerei gefunden. Manchmal trifft man Frauen, die einen Brotkorb auf dem Kopf tragen, von denen man Brot kaufen kann. Sonst finden wir nur Brot an den Garküchen, die aber eigentlich fertige Speisen verkaufen und kein Brot.
Nachdem wir noch die letzten Kleinigkeiten im „Supermarkt“ in Grand Popo gekauft haben, u.a. Papayamarmelade, gehen wir im Obama Beach ein Bier trinken. Langsam werden wir dort zu Stammgästen. Die kleine Kellnerin wackelt wieder eifrig mit dem grand popo nach der Musik.
Zurück am Camp werden wir auf rhythmische Glockenschläge aufmerksam.
Am Strand haben sich Mann Frau, Kind und Kegel versammelt und zerren gemeinsam an einem Strick. Ein Taktgeber klopft dazu an eine kleine Glocke, es wird gesungen und auf einer Trillerpfeife rhythmisch gepfiffen. Viele haben Tücher mitgebracht, die sie über die Hände wickeln, um am Seil zu zerren. An diesem Seil wird ein Netz aus dem Meer geholt. Zwei Männer sind ins Wasser gesprungen und schwimmen hinter der Brandung am Netz. Das Seil wird nicht senkrecht gezogen, sondern etwas parallel zum Strand. Mit dem Gesang und der Taktglocke ist das schon beinahe Folklore, dient aber dem Gelderwerb des gesamten Dorfes. Nachdem nach einer Stunde ein gutes Stück Netz aus dem Wasser geholt ist, wir haben keinen Fisch im Netz entdeckt, gehen auf einmal alle nach Hause. Der Großteil des Netzes verbleibt im Wasser.

 



Ich mache mich an die Arbeit, um das Bremslicht zu reparieren und suche die Ersatzbirnen in unseren Kanisterboxen. In dem Kanister, wo sie sein sollen, sind sie nicht. Also muss ich den zweiten abbauen, was meine Laune nicht steigert. Im zweiten hat sich eine teure Papierdichtung für irgendein wichtiges Teil am Motor zu Knüselpapier verwandelt. Auch das steigert nicht meine Laune. Ich baue das Rücklicht wieder ab, setze eine neue Birne ein und es passiert das gleiche Spiel. Birne nicht in der Fassung der Abdeckung, leuchtet, in der Fassung, leuchtet nicht. Da wird wohl irgendwo das Kabel gebrochen sein. Das Problem kann und will ich hier nicht lösen. Im Dunkeln schraube ich alles zusammen und verstaue fluchend die Kanister. Ich bin gespannt wann es einem Polizisten auffällt, dass das Bremslicht nicht funktioniert, dabei fahren hier manche Autos völlig ohne Rücklichter, die sind abgefallen.
Abends gibt es bei uns den schon obligatorischen Tomatensalat und Truthahnfleisch mit Spaghetti aus der deutschen Reserve.

 

Tag 88

24.12.11 Samstag (Heiligabend)

Es ist Heiligabend und heiß. Die Sonne kommt nicht richtig durch den Dunst.
Zum Frühstück schneiden wir unseren Stollen an. Er schmeckt köstlich.
Wir lassen uns Zeit und gehen mittags ins Restaurant, um besser ins Internet zu kommen. Hier haben wir die bisher schlechteste Verbindung und es klappt gar nichts.
Am Restaurant ist doch tatsächlich eine Krippe aufgebaut.
Es treffen immer mehr Gäste ein, mit vielen Kindern. Wir melden uns zum Festtagsdinner an. Stolze 25000 CFA pro Person, aber es ist ja Weihnachten.
Den Patron, Typ alternder Dandy mit Rattenschwanz am schütteren Haupthaar, fragen wir, wo es denn am grand popo Brot zu kaufen gibt. Er erklärt uns, dass die nächste Bäckerei 15km entfernt ist, aber wenn wir todesmutig die Hauptstraße entlang gehen, kämen wir an eine Tankstelle und dort sitzt, wenn wir Glück haben, eine Frau, die Brot verkauft. Wir marschieren los und finden kurz hinter Obama-beach eine Süßigkeitenverkäuferin, die auch Brot verkauft. Ein Grund, auf dem Rückweg in der Sonne (geschätzte 65 Grad) im Obama einzukehren. Dort müssen wir die steißwackelnde Kellnerin aus dem tiefsten Mittagsschlaf wecken. Sie ist missmutig, wackelt nicht und schickt ihre mürrische Kollegin zu uns. Wir trinken jeder eine große Flasche Beninoise, das Bier, das hier gebraut wird und die Erinnerung an Biergeschmack wachhält.
Im Awale sind die Weihnachtsvorbereitungen in vollem Gange. Um den Swimmingpool werden Tische aufgebaut, alles wird geschmückt. Das muss den Poolzwerg zur Verzweiflung bringen. Da latschen alle mit Latschen an seinem Pool rum, keiner zieht die Socken aus.
Wir gehen noch einmal zur Strandbar, wo sich die Reichen und die Schönen versammelt haben und fotografieren den Sonnenuntergang über dem Atlantik am Heiligen Abend. Jetzt warten wir, dass es endlich etwas zu essen gibt. Erst einmal gibt es Stromausfall. Die weihnachtlichen Lichter erlöschen, nur Hasott mit den Stirnlampen leuchten wie der Stern von Bethlehem.

Um 21:00 Uhr hören wir Musik vom Swimmingpol, die Partie geht los. Mit hängendem Magen bekommen wir unseren Platz zugewiesen und einen Cocktail in einer Kokusnuss gebracht. Ein Mensch spielt an einem Keyboard Weihnachtslieder. Für uns gibt es leckere Gaumenschmeichler. Der Weihnachtsliederfritze hört auf und es kommt die Trommler- und Tänzergruppe und für uns Seranoschinken und Lachs. Die drei Trommler haben es drauf. Sie Trommeln Melodien auf ihren Instrumenten und die Tänzer tanzen und singen dazu. Das sind alles Leute aus dem Dorf, manchmal tanzen auch die Kellner und Kellnerinnen mit. Sie trommeln und tanzen über zwei Stunden ohne Pause.


Für uns gibt es je eine halbe Languste, zwei Riesenshrimpse und etliche kleine in einer leckeren Sauce. Für mich gibt es die doppelte Portion, weil Sigrid nach wie vor nichts isst, was aus dem Wasser kommt. Mir ist es recht. Runtergespült wird alles mit einem Rumpunsch. Dann kommt das Steak und zum Schluss Kuchen. Ein gelungenes Weihnachtsdinner. Damit wir uns des Nachts nicht heimlich mit dem Toyo davonmachen bekommen wir auch gleich nach Ende der Veranstaltung die Rechnung. 54500CFA! In Europa hätten wir mehr bezahlt.

 

Tag 89

25.12.11 Sonntag (Erster Weihnachtstag)

Heute hat Friedrich II von Hohenstaufen Geburtstag, ist allerdings schon ein Weile her.

Wir brechen nach dem Frühstück auf und sind erfreut, dass das Camping nur die Hälfte kostet, von dem, was wir erwartet haben. Wir wollen nach Abomey, eine historisch interessante Stadt. Hier haben die Könige von Dahome regiert.
Kurz hinter Aplahoue zischt es ganz entsetzlich am rechten hinteren Reifen. Er ist schlagartig platt.
Sofort sind Helfer da. Wir sind nicht traurig darüber; denn der Wagenheber passt nicht unter den Federspriegel. Wir hätten mit dem Hilift den Wagen anheben müssen, um den Wagenheber drunter zu bekommen. Die Jungens heben ihn an der Feder an, klauen Steine von der Baustelle, unterfüttern das Ganze, so dass jetzt der Wagenheber passt. Wir stehen daneben und gucken zu. Als sie den Ersatreifen montiert haben und den Platten an die Reserverradhalterung geschraubt haben, sehen wir, dass ein kreisrundes Loch von etwa 6mm Durchmesser in der Mitte der Lauffläche ausgestanzt ist. Das lässt nichts Gutes hoffen. Den 4 Helfern gebe ich 10000CFA, was die Ersparnis des Campings auffrisst.
Wir fahren nach Abomey und finden „Chez Monique“ ein im Reiseführer beschriebenes Hotel, wo man in einem Garten campieren kann.


N 7.19754 E 01.98035 Dieser Garten ist nicht zu beschreiben, den muss man erleben. An fast jedem Baum hängt eine Maske, riesengroße geschnitzte Figuren stehen herum, teilweise verwittern sie, teilweise sind sie nagelneu. Am faszinierendsten sind die verschiedenen Giraffenfiguren und die Frauenfiguren, die Kinder stillen oder Lasten auf dem Kopf tragen. Der Garten sieht aus wie aus einem Märchen. In einem Betonbecken werden noch drei etwa 1m lange Krokodile gehalten und in einer abgezäunten Ecke eine einsame Antilope (armes Viech).


Während wir an den Inseln im Wald vorbeigehen, sitzt vor einer dieser Sitzinseln ein Bündel buntes Stroh, aus dem eine Stimme, eine Glocke und Gegrunze erklingt. Das Strohbündel kommuniziert mit schwarzen Menschen, die dort essen. Während der Mann sich überhaupt nicht beeindrucken lässt und an seinem Hühnerknochen nagt, antwortet seine Partnerin und führt eine rege Unterhaltung mit dem Strohsack. Voodoo?


Ich versuche den Reifen mit meinem Reifenstopfzeug zu flicken. Allerdings erscheint mir das Loch sehr groß. Der Reifenstopfer lässt sich ohne Kraftaufwand einführen. Der Stopfen sitzt und ich pumpe den Reifen auf.
Nach 10 Minuten hat er keinen Druck verloren, ich habe Hoffnung, dass der Reifen hält. (Am nächsten Tag hat der Luftdruck etwa 2 cm von dem Stopfgummi wieder herausgedrückt, aber der Luftdruck stimmt noch)
Zwischendurch erscheinen Kinder aus dem Dorf, die etwas vorsingen und natürlich dafür etwas haben wollen. Das scheint hier Weihnachtsbrauch zu sein; denn wir sehen mehrere Kindergruppen, die so durch die Straßen ziehen.
Wir essen typisch beninesisch in einem vom Lonely Planet empfohlenem Restaurant , bei Pierre und Marguerite. Es gibt rotes Maismehl mit Huhn, schmeckt gut. Kurz nachdem wir dort sitzen fällt eine deutsche Touristengruppe ein, die mit einem Kleinbus herangekarrt wurden. Wie üblich besetzten sie ohne zu grüßen ihre Tische. Auf unser „fröhliche Weihnachten“ bekommen wir keine Antwort. Am Nebentisch sitzende Franzosen, die hier wohnen, wundern sich, wir uns auch. Auch hier erscheinen singende und tanzende Kinder, die ich den Landsleuten auf den Hals schicke. Die Kinder scheinen zufrieden mit der Ausbeute bei den Deutschen, wollen mir als Tippgeber aber nichts abgeben.
Als ich im Lokal dann noch ein Bier bestelle, brülle ich noch einmal ein „Fröhliches Weihnachten“ und siehe, ich erhalte eine Reaktion, nämlich Verwunderung darüber, dass hier einer rumbrüllt.
Wir gehen zum Toyo durch den Märchenwald, der im Dunkeln noch märchenhafter wirkt und schlafen bis zum afrikanischen Frühsport um 6:00 Uhr, denn dann wird der Wald gefegt.

Tag 90

26.12.11 Montag (Zweiter Weihnachtstag)

Der Märchenwald wird auch noch gefegt, nachdem die Feger es endlich geschafft haben uns aus dem Bett zu fegen. Nun wird aber ganz bewusst um unser Auto gefegt, damit unauffällig geguckt werden kann, was wir so treiben. Auch ein Führer taucht auf, der mit uns das Programm für den Tag besprechen will. Ich vertröste ihn auf später.
Wir packen den Toyo ein und suchen ein unterirdisches Dorf, das es hier geben soll. Dank der OSM-Karten, dort ist es als Wegpunkt „archäologische Ausgrabung“ verzeichnet, finden wir es kurz hinter Bohicon.
N 7.19754 E 2.08440
Der Eintritt kostet 2000CFA, 500 für´s Fotografieren. Wie immer gibt es einen Führer, der mitkommt und alles erklärt. Seltsamer Weise darf das Gelände nicht mit roter Kleidung betreten werden, so dass ich mein T-Shirt wechseln muss.
Bei Straßenarbeiten wurde ein Loch entdeckt, dass sich als unterirdisches Versteck für Soldaten aus dem 17ten Jahrhundert entpuppte. In dem Gelände gibt es noch mehrere unterirdische Räume, einen kann man besichtigen, leider war gerade der Strom ausgefallen, so dass es Sigrid vorzog, nicht in das dunkle Loch zu steigen, wo der Führer mir mit seinem Handy als Beleuchtung den kreisrunden Raum zeigt.

Es gibt auch Ausstellungsräume mit einigen wenigen Artefakten und einen schönen alten Baobab-Baum, der als Voodoo-Kultstätte genutzt wird und von einem Fikus (Würgefeige) erwürgt wird. Als Höhepunkt zeigt uns der Führer einen blühenden Schmetterlingsgarten bevölkert mit etwa 5 Schmetterlingen.
Wir fahren nach Abomey zurück und finden ein Schild, welches auf einen Königspalast und Mausoleum hinweist. Da fahren wir hin. Im Eingang des Königspalastes lagern vier Soldaten. Sie fragen, ob wir den Palast besichtigen wollen, und schon rennt einer mit schlackernder Kalaschnikow los um jemanden zu fragen. Er kommt wieder und führt uns in eine weiträumige Anlage mit verschiedenen Höfen und langgestreckten Gebäuden. Es geht zu einem relativ kleinen Raum mit glänzenden Fliesen. Drinnen sitzt der König umgeben von etlichen Weißen, die wohl als Touristengruppe eine Audienz haben. Wie begegnet man einem leibhaftigen König? Wir stehen ein wenig blöde im Raum und der Monarch begrüßt uns mit „guten Tag“. Er habe einen deutschen Freund, der ihm deutsch schreibe und er antworte französisch. Ich murmele etwas von „Majesté“ und bin froh, als wir uns nicht der Audienzrunde zugesellen müssen, sondern uns der Haushofmeister den Palast zeigt. Der Zeremonienhof ist gefegt, in der Ecke stehen Schrottautos. Die Empfangshalle der Prinzen und Prinzessinnen steht voll wuchtiger Polstersessel. Ein Sessel davon in unserem Wohnzimmer zu Hause und die Bude wäre voll.

An den Außenwänden hängen die Symbole der vergangenen Könige. Das erinnert ein wenig an Naive Kunst oder den Fimoknetereien meines kleinen Kindes vor 30 Jahren. Der Haushofmeister, ein gesitteter Mann in unserem Alter wird begleitet von einem Kalaschnikowträger, der allerdings nicht bedrohlich wirkt. Irgendwie sind wir froh, als die Besichtigung zu Ende ist; denn wir haben so gar keine Ahnung, wie wir uns verhalten sollen.


Zurück in Abomey fahren wir zum Museum, ein von der UN gefördertes Projekt. Auf der Fahrt dorthin kommen wir am Denkmal für die Deutschen vorbei. Da steht tatsächlich ein Gedenkstein, weil die Deutschen nach dem Sieg von Sedan Truppen aus Togo nach Dahomey gebracht haben, um dem König in Abomey vor den Franzosen zu schützen. Wie uns die Führerin in Museum erklärt, seien aber alle gestorben, so dass es zu richtigen Kampfhandlungen wohl nicht gekommen sei.

Dem König von Abomey hat´s auch nichts genützt, die Franzosen haben ihn immerhin mit vier seiner Frauen nach Martinique gebracht.
Das Museum darf man wie üblich nur mit Führer besuchen. Diesmal haben wir eine Führerin, die darauf achtet, dass ich jeden Satz, den sie sagt, sofort übersetze, damit Sigrid auch alles mitbekommt. Die bekommt von mir einen ziemlichen Blödsinn erzählt, weil ich weniger als die Hälfte verstehe, was die Tussi erzählt. Das Museum ist einer der 45 Königspaläste der Stadt, wohl der größte, in dem sich später auch noch die Franzosen eingenistet haben. Die Anlage besteht aus Höfen und verschiedenen Gebäuden und erinnert in seinem Aufbau an die verbotene Stadt in Peking. In den Gebäuden, die jedes Mal aufgeschlossen werden müssen und natürlich nach dem Besuch wieder verriegelt werden, stehen verschiedene Ausstellungsstücke. Auch die Bewaffnung der Amazonen, die gab es hier tatsächlich, ist dargestellt. Als Höhepunkt dürfen wir das Grab eines bedeutenden Königs besichtigen. Eine Rundhütte, mit Wellblech abgedeckt, die in der Mitte eines kleinen Hofes steht. Die Sandalen sind vor dem Hof auszuziehen. In der Grabeshütte steht ein Bettgestell. Darunter liegt in der Erde der König. Wenn ich die Museumstante richtig verstanden habe, sollen auch noch zwei Frauen da unten liegen. Umkränzt ist die Hütte von Schädeln der Opfertiere. Nach über einer Stunde ist die Besichtigung des Museums vorbei. Um den ersten Hof haben sich die Touristenläden angesiedelt und, das ist recht nett, Handwerker, wie Weber, Schmiede usw., die dort ihre Waren herstellen.
Genug der Historie, es reicht bei der Bullenhitze.
Wir fahren zurück in unseren Märchenwald, wo trotz der Unmenge der vorhandenen Skulpturen Künstler dabei sind, neue Figuren herzustellen. Ich finde die Figuren so toll, dass ich Sigrid überrede eine kleine typische Frauenfigur aus Ebenholz (?) zu kaufen. Wir hoffen sie heile bis nach Hause zu bringen. Abends gehen wir wieder zu Pierre und Marguerite essen. Es lohnt sich, weil es preiswert ist und wirklich gut.
Als wir wieder beim Toyo sind stellen wir fest, dass der Reservereifen, den ich gestopft hatte platt ist. Der Luftdruck hat es geschafft, den gesamten Stopfen wieder rauszudrücken. Verbindet sich die Klebe von dem Stopfen nicht mit dem Gummi des Reifens??



Tag 91

27.12.11 Dienstag

Der Hof wird gefegt und wir werden geweckt. Dieses Mal ist das gar nicht so schlecht, weil wir den Reifen flicken lassen wollen. Nach dem Frühstück finden wir einen Vulkanisateur. Ein kleines Kerlchen, eben mal 1,60m groß und der Patron, auch nicht größer.
‚Wir bauen die Kanisterhalterung ab und zeigen das Riesenloch im Reifen. Das Kerlchen meint, das kriegt er hin. Ich muss unser Werkzeug aus dem Toyo holen, denn Radschlüssel haben die nicht. Das Männlein, wir schätzen ihn auf höchstens 17 Jahre, schnappt sich das Rad und packt ihn unter eine selbst geschmiedete Einrichtung zur Ablösung des Reifens von der Felge. An dem Hebelende zappelt er in der Luft herum, bekommt aber den Reifen von der Felge gelöst. Rapzapp hat er den Reifen runter von der Felge und beginnt das Reifeninnere penibel mit einem Stahlsägeblatt aufzurauhen. Dazu klettert er fast in den Reifen.
Jetzt schneidet er einen Stopfen zurecht und rauht ein Gummistück eines alten Schlauches auf. Alles geschieht auf dem Boden.


Festgehalten wird mit Händen und Füßen. Stopfen und Flicken werden mit Vulkanisierflüssigkeit bestrichen und alles in den Reifen gepappt.
Dann kommt die Presse. Der Reifen wird mühsam, weil zu groß, in eine Presse mit Drehrad zum Zusammenpressen bugsiert, dann wird gepresst und in der Presszeit dem Männlein der Toyo gezeigt.
Reifen fertig! Im Inneren ist kaum zu sehen, dass daran geflickt wurde. Außen ist der Stopfen deutlich. Nach drei Tagen, hält der Reifen den Druck.
Wir fahren nach Parakou und da die Straße richtig gut ist, d.h. keine Schlaglochpiste, erreichen wir Parakou lange vor der Finsternis.
Sifgrid hat in dem uralten „Durch Afrika“ einen Campingplatz gefunden, den wir suchen. An dem obligatorischen polizeiposten fragen wir. Alle Polizisten rennen zusammen und diskutieren, wo das denn sein könnte, was wir suchen. Guter Trick, werde ich mir merken. Bevor die Polizisten was sagen, einfach irgendetwas fragen.
Wir finden das Hotel „Canaris“ (ausgerechnet Canaris). N 9.34736 E
2.61684 Camping auf dem engen Hof geht nicht, also nehmen wir ein Zimmer. Das „Canaris“ scheint auch auf besondere Gäste eingerichtet zu sein; denn auf dem Bettgestell liegen 8 Condome. Auf meine Frage an die hübsche Wirtin, ob das alles sei, was afrikanische Männer pro Nacht zustande kriegen, kichert sie wissend.
Zu essen gibt es dort nichts, als suchen wir ein Restaurant. Die ersten beiden servieren nur Fisch, fallen also aus, ebenso wir das Licht in der ganzen Stadt, was die weitere Suche beschwerlich macht.
Wir finden ein Restaurant in tiefer Finsternis. Am Nebentisch sitzt ein Gruppe Männer, die reichlich gebechert haben und reichlich laut sind. Ich bestelle Kouskous, das einzige, was ich verstanden habe bei dem Krach, den die Typen am Nebentisch machen und –Elektrizität ist wieder da, bei der lauten Musik. Nachdem wir unser Beninoise-Bier (immer Flaschen mit 0,6 Liter Inhalt) halb ausgetrunken haben, kommt die Kellnerin und teilt mit, dass die Köchin nicht gekommen ist, und es deshalb auch nichts zu essen gibt und das Licht geht wieder aus.
Wir überlegen, wir wir Futter bekommen, als das Lichtwiederkommt und auch die Köchin. Es gibt Kouskous mit Huhn (was denn auch sonst).
Im Hotelzimmer sehen wir die hochinteressante Rede des Finanzministers nach dem Kodex 72 der Verfassung von 1990.

 

Tag 92 !

28.12.11 Mittwoch

Frühstück gibt es im „Canaris“ nicht. Wir beschließen eine Cola zu trinken und unser Brot und unsere Marmelade aus dem Auto zu nehmen. Leider hat das Mädchen, das vom Hotel anwesend ist, keinen Schlüssel für die Kühltruhe, in der die Colas sind. Warmes Wasser, um einen Nescafe zu machen, gibt es auch nicht. Also laues Wasser, labbriges Brot und Marmelade zum Frühstück.
Wir fahren nach Nikki, wo wir über die Grenze nach Nigeria wollen. Es wird eine neue Straße gebaut. Dort, wo gearbeitet wird, steht immer auch ein chinesischer Aufpasser. Wir machen uns den Jux und suchen ihn zwischen den Arbeitern. Wir finden ihn immer, meistens unter einem chinesischen Strohhut mit der Thermoskanne voll heißen Wassers in der Hand.
Die Fahrerei in der Straßenbaustelle ist ziemlich mühsam und vor allem staubig. Die Straße wird ohne Rücksicht durch die Dörfer gebaut, wo die Häuser, die im Wege sind, abgerissen werden.


Trotzdem sind wir mittags in Nikki und beschließen nicht mehr über die Grenze zu fahren. Wir suchen das einzige Hotel „Belle Princess“. N 9.93275 E 3.20894 Ein Moppedfahrer mit seiner ihres Stammes entsprechend tätowierten Frau fährt vor uns her und bringt uns hin. Das Hotel besteht aus Rundhüttenbungalows und einem zweistöckigen Haus mit Zimmern. Davor ist ein großer Parkplatz, Teile der Gebäude sind Ruinen und müssen wohl auch dem Straßenbau weichen.
Dem Typen an der Rezeption zu erklären, dass wir zwischen den Bungalows campen wollen, stößt auf große Schwierigkeiten. Er will den doppelten Preis für das teuerste Zimmer haben. Dann kommt er auf die Idee, mit dem Patron zu telefonieren und wir einigen uns auf 3500CFA, wenn er ein Zimmer zum Duschen und für die Toilette aufschließt. Die Toilettenspülung ist nach 2 Mal Spülen kaputt. Der Wasserhahn tut´s gar nicht, dafür funktioniert die Dusche, aus der wir auch Wasser holen.
Wir gehen in die Stadt. Einmal Hauptstraße hoch, an den Marktständen vorbei, über den Markt, der sehr spärlich bestückt ist, und die andere Hauptstraße wieder runter. Wir kaufen labbriges Brot, Tomaten und Kartoffeln. Die anderen Gemüse und Früchte, die angeboten werden, kennen wir nicht und die Erklärungen, was man damit machen soll, sind uns zu unverständlich.
Wir kehren an der einzigen Trinkstube ein. Beninoise 0,6 Liter. Dann schleppen wir den Einkauf zurück ins Hotel, wo man im Innenhof riesige Lautsprecher aufgestellt hat, um damit die Region zu beschallen.
Wir beschließen, dem Krach erst noch einmal zu entfliehen und ein weiteres Beninoise in der Trinkstube zu trinken, wo nur das Gesumme von Milliarden Fliegen stört. Draußen braten ein paar Schnösel Fleisch. Ich habe lange widerstanden, doch dann hole ich eine Portion gegrilltes in maulgerechte Happen geschnittenes fettes Schaffleisch, es schmeckt köstlich. Am Toyo gibt es dafür dann nur noch Kartoffeln und Tomatensalat mit Thunfisch.
Ich Idiot habe den Toyo genau zwischen die Bungalows gestellt, die den Kneipengästen als Pissstelle dient.
Dort sind die Bungalows sind bewohnt. Unser Duschbungalow ist verschlossen. Sigrid zieht los und sucht den „Maitre d´hotel“, damit er einen neuen aufschließt, was er auch tut. Die Wasserspülung dieses Klos sprotzt das Wasser aus dem Anschlussrohr der Kloschüssel, so dass nur wenig Wasser den eigentlichen Zweck der Spülung in der Kloschüssel erfüllt, dafür aber nasse Füße bereitet. Und dann gibt es kein Wasser mehr. Der Idiot von Hotelfritze hat es abgestellt. Ich bin aber bereits um einen Bungalow geschlichen und habe festgestellt, dass irgendwo außen ein Absperrhahn ist, den ich im Dunkeln unter einem losen Stein finde, so dass wir duschen können.
Sigrid bereitet das Essen und während sie die Kartoffeln schält kackt ihr einer der unzähligen Flughunde, die neugierig ziemlich tief über uns hinweg fliegen, ins Kartoffelwasser. Sigrid beschließt die Ausrottung der Flughunde.
Während wir unser karges Mahl, ein wenig abseits der Pissstelle einnehmen, kommen immer mehr Leute uns zu begrüßen und zu fragen, woher und wohin. Einer will unbedingt über Benin mit uns diskutieren. Ich bedeute ihm, dass meine französischen Sprachkenntnisse nicht ausreichen, und ich viel zu wenig über Benin weiß, als dass ich über die politische Situation in Benin diskutieren kann und will. Er lässt sich nicht abwimmeln und kommt eine Stunde später wieder, um uns zu der immer noch und die ganze Nacht über dröhnenden Disko abzuholen. Er haut dann beleidigt ab, als wir nicht mitkommen.
Die Disco dröhnt, ich huste die ganze Nacht, der Muezzin schreit wie ein Ochsenfrosch pünktlich um 4 Uhr, der Hof wird ab 6 Uhr gefegt, die Nacht ist vorbei. (Wir sind in der Mitte Benins, da gibt es wieder „Allahu akbar“)

Tag 93

29.12.11 Donnerstag

 

Es steht der Grenzübergang nach Nigeria auf der Tagesordnung. Wurde ja auch schon langsam langweilig so ganz ohne aufregende Grenzübertritte.
Die Straße von Nikki zur Grenze wird auch neu gebaut. Die Schwarzen ackern, die Chinesen passen auf. Die Fahrerei auf einer afrikanischen Straße, die gebaut wird, ist besonders mühselig und staubig. Die Bäume sterben an den Pistenrändern ab, weil auf solchen Pisten so viel Staub aufgewirbelt wird, der sich auf die Blätter legt, dass die Pflanzen nicht mehr atmen können. Irgendwann stirbt dieser Kontinent an dem Staub, der durch die zahlreichen Motorfahrzeuge, die sich von Loch zu Loch in den Pisten quälen, aufgewirbelt wird. Dazu kommt der Qualm von dem Abbrennen des Buschs. Das Atmen fällt schwer hier und die Nasenschleimhäute gehen in die Knie und werden wund.
Wir erreichen den klitzekleinen Grenzübergang und werden beim Zoll herzlich empfangen. Ich erkläre mal wieder die Masche zum Carnetabstempeln, der Zollfritze macht alles so, wie ich ihm sage. Er ist zufrieden, ich bin zufrieden.
Bei der Polizei sind wir die ersten Kunden. Es müssen ein Tisch und Stühle für uns vor ein Sonnendach gestellt werden, damit wir die Formulare ausfüllen können. Nett gedacht, aber das dauert. Die Formulare müssen gesucht werden, das dauert auch. Endlich ist alles perfekt vorbereitet und wir können loslegen. Die Formulare werden durch ein dunkles Loch in der Wand in ein Zimmer gereicht, in dem jetzt der Polizist hockt, der vorher freundlich draußen bei uns stand. Hier drinnen im Büro ist er amtlich und prüft. Er stempelt die Ausreisestempel in die Pässe, der Schlagbaum wird geöffnet und nach zahlreichen Beteuerungen, wie schön es in Benin war, und dass wir mit Sicherheit wiederkommen und traurig sind, Benin verlassen zu müssen, sind wir draußen.
Nigeria unser Angstgegner begrüßt uns völlig locker. Der Polizist findet nur unser Visum nicht im Pass und ist, nachdem ich es ihm zeige, erstaunt, was das für ein tolles Visum ist, mit Hologrammen und Passbild usw. Dann muss der Chef geholt werden, weil doch irgendetwas nicht stimmt. Es wird diskutiert, wo wir hinwollen. Wir wollen erst einmal nach Abuja, der Hauptstadt, um einige Visa zu kaufen und dort wollen wir eine Woche bleiben. Da stempeln die uns doch tatsächlich ein Limit bis zum 4.1. 2012 in den Pass. Solange dürften wir in Abuja bleiben, in Nigeria allerdings bis zum Ablauf des Visums. Wir könnten das Visum in Abuja auf der „Immigration“ verlängern lassen (????) Der Stempel gibt keinen Hinweis darauf, dass er nur für Abuja gültig ist und wir wissen nicht, was dieses Zeitlimit für uns bedeutet.
Am Zoll sitzt eine einsame gelangweilte Dame, die sich unseres Carnets annimmt und brav dort stempelt, wo wir wollen. Auf die Frage, wo man denn hier Geld wechseln könne, telefoniert sie und schon stehen zwei Schnösel im Raum, mit denen sie den Kurs CFA in Naira für uns aushandelt. Sie schmeißt die Schnösel wieder raus und meint, der Schnösel-Kurs sei zu mies, aber sie könne uns die CFA zum selben Kurs wie die Schnösel wechseln. Wir stimmen zu; denn wir brauchen Naira. Sie zieht los, um das Geld von zu Hause zu holen, das sei gleich nebenan und richtig, kurz darauf ist sie wieder da. Sie gibt uns 32000 Naira für 100000 CFA. Ich bitte um einige kleine Scheine, daraufhin kramt sie mehrere Plastikbeutel voll mit Geldscheinen aus ihrem Schreibtisch hervor und wechselt unsere großen Scheine in kleine. Manchmal weiß sie nicht aus welchem Beutel sie die Knete zum Wechseln genommen hat und kommt ins Schleudern. Auf einmal fällt ihr ein, dass wir eine Devisenerklärung ausfüllen müssen. Tun wir und lassen sie bei ihr auf dem Schreibtisch liegen. Eigentlich muss man so ein Dokument gestempelt und unterschrieben ja mitnehmen und bei der Ausreise vorlegen.
Sigrid fällt auf, dass von Land zu Land das Interieur der offiziellen Gebäude an den Grenzen immer verkommener wird.
Wir sind in Nigeria, das uns mit einer Superaphaltstraße begrüßt.

Wir suchen den Abzweig nach Wawa, und dachten uns nichts Böses, als wir an einer Kreuzung vorbeifahren, an der eine Piste abzweigt; denn die Straße nach Wawa war in der Karte genauso eingezeichnet, wie unsere Superasphaltstraße. Die Piste ignorieren wir.
Wir kommen in eine kleine Stadt gebrummt und fahren langsam an einer Kreuzung vorbei, an der eine Piste nach links abgeht. Wir fahren vorbei und ein paar Leute beginnen wild zu winken und bedeuten uns, wir sollen die Piste entlangfahren. Wir fragen, ob es dort nach Wawa geht, was eifrig bejaht wird. Auf meine Frage, woher sie wüssten, dass wir nach Wawa wollen, bekomme ich zur Antwort, dass alle Weißen nach Wawa wollen. Orientierung leicht gemacht!
Wir fahren die Piste, die sich erst gut anfühlt und dann zum Horror wird. Tief ausgewaschene Fahrspuren, Löcher, in der der Toyo verschwindet, Geröllabschnitte. Es geht mal wieder mir 20 km/h durch Afrika. Und trotzdem kommen uns auch dort kleine PKWs entgegen, auf deren Dächern Menschen sitzen. Die sitzen auch auf den Autos, wenn innen noch Platz ist und lassen die Füße vor der Windschutzscheibe baumeln. Wie der Fahrer noch etwas sehen kann, weiß Allah.


Die Gegend wird wieder sehr afrikanisch, die Dörfer bestehen aus Rundhütten. Die Durchfahrt durch diese Dörfer erinnert an den Karnevalszug, nur dass hier nicht Kamelle geschrien wird, sondern Patumeeh, was „Weißer“ heißt.
In den Dörfern spannen sie manchmal Leinen mit bunten Flicken dran über die Pisten und lassen uns anhalten. Dann kommt ein Schnösel und will Geld. Bei uns fuchtelte einer mit Handschellen rum, war dabei aber freundlich und lacht und ist natürlich nicht zufrieden mit 100 Nairas etwa 5 Ct.
In einem solchen Dorf (Gratzero) liegen auf einmal Nagelbretter über der Piste und Typen mit Kalaschnikow kommen aus einer Hütte, an der irgendetwas wie „Paramilitärische Security“ gemalt ist. Nett und freundlich fragen sie nach dem Woher und Wohin und lassen uns fahren, bis zum nächsten Nagelbrett auf einer fast unbefahrbaren Piste in einem Rundhüttendorf, wo die Nigerianische Gesundheitsbehörde kontrolliert. Sie wollen die Impfpässe sehen und kontrollieren die Gelbfieberimpfung, sie wollen die Medikamente sehen, die wir dabei haben –ich zeige denen meinen Schilddrüsenhormone- und sie wollen wissen, was wir an Verpflegung dabei haben. Ich muss uns in ein großes Buch eintragen und es geht weiter zum nächsten Nagelbrett, wo ein Schnösel mit seiner Kalaschnikow uns erwartet. Was der will, weiß ich nicht, ich versuche ihm 100 Naira in die Hand zu drücken, die er entrüstet abweist, er sei nicht korrupt. Dann zeige ich ihm das Auto und er lässt uns fahren. Verstehe einer Afrika.
Nach wirklich aufragenden Abstiegen aus den Bergen mit Traversen, dass wir Angst haben, dass der Toyo umkippt, kommen wir auf eine Asphaltstraße und nach Kaiama. Dort hängt ein Plakat vor der Moschee, dass fordert, das islamische Emirat Kaiama auszurufen. Als wir noch an dem Sharia-Gerichtshof vorbeifahren, fühlen wir uns nicht so richtig wohl.
Die Asphaltstraße wird zum Alptraum. Es sind nur noch quadratmetergroße Asphaltstücke vorhanden. Ein Fahren darauf ist unmöglich. Neben der Straße wird auf einer schmalen Erdpiste gefahren, mit tiefsten Löcher und Rillen. Ab und an müssen Asphaltbruchstücke überquert werden. Es ist unglaublich staubig, weil relativ viele Autos und LKWs sich dort entlang quälen. Für 15 km brauchen wir 1 Stunde. Kein Gedanke daran noch Wawa zu erreichen. Wir suchen ein Buschcampingstellplatz neben der „Straße“. Hier existieren noch Spuren der alten Piste vor der Asphaltierung.
An einer Stelle, an der die Buschfeuer den Bewuchs soweit heruntergebrannt haben, dass wir mit dem Toyo durchbrechen können, verlassen wir die Holperstraße. Auf der alten Piste, die fast vollständig zugewachsen ist, finden wir einen Stellplatz, der uns allerdings kaum verbirgt und nur 20m neben der Holperstraße liegt. Wir werden nicht belästigt und verbringen die erste Nacht in Nigeria im Busch. N9.75536 E4.24047